Am letzten Augustwochenende kehrten The 1975 überraschend auf die großen Festivalbühnen ihrer Heimat England zurück und übernahmen überraschend und kurzfristig beim Zwillingsfestival Reading und Leeds die Headliner Slots von Rage Against The Machine, die aufgrund einer Verletzung von Frontmann Zack de la Rocha ihre gesamte Europatournee absagen mussten. Der Ersatz wurde im Vorfeld heiß diskutiert und nicht einhellig begeistert aufgenommen. Aber dank einer 100 minütigen Show, die einem einzigen Feuerwerk an Greatest Hits glich und der enormen Spielfreude der Band, die ihre Begeisterung darüber, endlich wieder auf der Bühne zu stehen nicht verbergen konnte (und auch gar nicht wollte), wurde es dann doch noch ein fulminantes Comeback.
Ihre allerersten Live Shows seit der Corona Pandemie hatten The 1975 eine Woche zuvor in Japan beim Summer Sonic Festival in Tokio und Osaka absolviert. Dort gab es erstmals die Live-Premiere eines unveröffentlichten Songs zu hören, der die Fangemeinde rasch in Verzückung brachte. „I’m In Love With You“ ist, ähnlich wie die Vorgänger-Single „Happiness“, ein selbst für The 1975 extrem unbeschwerter Song. Musikalisch ganz straighter, mitreißender Pop, textlich eine verspielte Ode daran wie schwer es sein kann, die eigenen Gefühle einfach auszusprechen.
Nun darf „I’m In Love With You“, dessen Herausgabe die Fans, wie einst schon bei der Single „If You’re Too Shy (Let Me Know)“, nach der Livepremiere vehement einforderten, als nächste Single das Licht der Welt erblicken. Mit dazu erscheint ein Video, in dem The 1975 an ihr Konzept anknüpfen, sich selbst zu zitieren und die daraus entstehenden Welten immer weiter zu spinnen. Es gibt darin ein Wiedersehen mit dem Clown-Pärchen aus dem „Change of Heart“ Video, viele kleine weitere Gimmicks und Querverweise (zum Beispiel der Name „Eileen“, der an eine der Wände gesprüht ist) und nicht zuletzt einen Gastauftritt von Phoebe Bridgers. Und The 1975 wären nicht The 1975, wenn das Ganze bei aller Fröhlichkeit nicht auch eine zweite, etwas dunklere Ebene hätte. Denn das Video (bei dem wieder einmal Samuel Bradley Regie führte) beschäftigt sich auch spielerisch mit den Masken, mit denen wir uns im Alltag hinter einer gewissen Oberflächlichkeit verstecken. Wenn sie fallen, kann es befreiend sein. Aber manchmal leider auch enttäuschend.
„Being Funny In A Foreign Language“, das fünfte Album von The 1975, erscheint am 14. Oktober 2022.
Foto © Samuel Bradley