Filme, die für eine breite Audience, von jung bis alt, geschneidert sind, tun sich oft schwer damit, den richtigen Ton zu treffen. Gerne sind sie zu komplex, zu bösartig, oder aber sie trauen ihren Zuschauer*innen nicht genügend zu und bestehen darauf, jedes Detail dreimal zu erklären.
“Wonka”, eine Literaturverfilmung von Paul King („Paddington“), die als Prequel zu Roald Dahls “Charlie und die Schokoladenfabrik” konzipiert ist, hingegen entführt uns in eine fabelhafte, fantastische Welt, ohne dass sie für das Kinderauge zurecht geschnitten und gestutzt wirkt. Der Spielfilm ist in jedem Fall kinderfreundlich, büßt dabei aber kein bisschen an Spannung und Humor ein.
“Wonka” erzählt die Geschichte des charismatischen, erfinderischen, idealistischen Willy Wonka (Timothée Chalamet), der als junger Mann von 25 Jahren nach London kommt, um dort seinen und den Traum seiner verstorbenen Mutter zu verwirklichen. Er möchte sein eigenes Schokoladengeschäft in der noblen Galleries Gourmet eröffnen, in welchem er seine selbst hergestellte Schokolade, versehen mit den besonderen Zutaten, verkaufen kann. Doch leider muss Willy Wonka erkennen, dass ihm die Großstadt sein Erspartes schneller aus den Taschen zieht, als er bis drei zählen kann. Um im eisigen Winterwetter die Nacht nicht auf der Straße verbringen zu müssen, mietet er ein Zimmer bei der dubiosen Mrs. Scrubbit (Olivia Colman) und ihrem bärenhaften Handlager Fickelgruber (Mathew Baynton). Mithilfe eines hinterlistigen Vertrages bürden sie Willy Wonka Unmengen an Schulden auf und verpflichten ihn zu fast dreißig Jahren Arbeit in der hauseigenen Wäscherei. Und auch die drei in der Galleries Gourmet bereits etablierten Chocolatiers sehen Konkurrenz überhaupt nicht gerne, besonders so talentierte wie den jungen Willy Wonka, und sind ihm alles andere als wohlgesonnen. Doch gemeinsam mit der Hilfe der anderen Arbeiter*innen in Mrs. Scrubbits Wäscherei, unter anderem des patenten, intelligenten Waisenmädchens Noodles (Calah Lane), schmiedet Willy Wonka den Plan, seine Schokolade auf den Straßen von London zu verkaufen, um ihre Schulden zu begleichen. Doch dafür müssen sie kreativ werden, denn nicht nur Mrs. Scrubbit und ihr Handlanger, sondern auch die anderen Chocolatiers und die Polizei sind ihnen auf den Fersen.
Timothée Chalamet spielt die Rolle des Willy Wonka mit einer absolut ansteckenden Begeisterungsfähigkeit und legt bei den Musical Nummern von wirklich hoher Qualität großes musikalisches Talent an den Tag. Jedes Mitglied des großartigen Casts spielt seine Rolle mit ganz viel Herz und Humor.
Zugegeben leidet der Film etwas unter dem weit verbreiteten Prequel-Syndrom. “Wonka” verliert ein wenig das aus den Augen, das einen an Tim Burtons “Charlie und die Schokoladenfabrik” von 2005 so fasziniert hat. Der Fokus liegt nicht mehr vorwiegend auf dem magischen Herstellungsprozess der Schokolade, es fehlt die zauberhafte Szenerie von Wonkas Schokoladenfabrik. Vielleicht hängt es aber auch damit zusammen, dass einem heutzutage Fantastisches und Fabelhaftes viel häufiger und in ganz anderen Relationen im Kino begegnet und Filmemacher*innen alle Register ziehen müssen, um ihr Publikum zu überraschen.
“Wonka” mag nicht überraschend sein, aber er hinterlässt ein gutes Gefühl, sowohl in seinen Figuren als auch in seiner Musik, auch in seiner Handlung ist er sehr gut angelegt und zu Ende gedacht. Er bevormundet Kinder nicht, indem er ihnen alles in mundgerechten Häppchen serviert, sondern es handelt sich hierbei um ein spannendes, ästhetisches Kinoerlebnis, das man, gerade in der Vorweihnachtszeit, auf jeden Fall mitnehmen sollte.
“Wonka” startet am 7. Dezember in den deutschen Kinos
Foto © Warner Bros. Pictures