Gesehen: “The Marvels” von Nia DaCosta

Für mich hat der Begriff “Marvel” in der Filmindustrie inzwischen einen ähnlichen Stellenwert, wie in der Literatur “Sherlock Holmes”, oder “Prince” in der Musikindustrie. Marvel ist seit nunmehr 15 Jahren fast schon omnipräsent, alleine dadurch, dass bis jetzt bereits 32 Filme erschienen sind, die sich einer eingeschworenen Fangemeinde erfreuen. Diesen November tönt erneut die charakteristische Melodie des Intros durch die Lautsprecher der deutschen Kinosäle und kündigt den Start von Marvels neuem Projekt mit dem passenden Namen “The Marvels” an.

“The Marvels” arbeitet fast ausschließlich mit Figuren, Artefakten und Welten, die bereits in vorigen Filmen vorgestellt wurden, wie zum Beispiel “Captain Marvel”, “Wanda Vision” oder “Mrs Marvel”, was uns die Freude bereitet, wieder einmal hervorragende Schauspieler*innen wie Brie Larson (Captain Marvel), Teyonah Parris (Monica Rambeau) oder Iman Vellani (Mrs. Marvel) auf der Leinwand zu sehen. Des Weiteren haben die bereits etablierten Figuren und die Szenerie, sowie aufgegriffene Handlungsstränge den Vorteil, dass wir direkt, ohne lange Vorreden, in die Geschichte geworfen werden. So lassen die ersten aktionreichen Kampfszenen nicht lange auf sich warten und die sonst so für Marvel typische Laufzeit von zweieinhalb Stunden wird auf angenehme 104 Minuten verkürzt.

Im Kern schließt der Film an die Geschehnisse des vorausgehenden “Captain Marvel” an, wo Carol Danvers, bekannt als Captain Marvel, die Obere Intelligenz, eine Art KI, der herrschsüchtigen Kree zerstört hat, um einen Krieg zu beenden. Nur leider hat diese Tat ungeahnte Folgen, die den Planet der Kree ins Chaos stürzen, und nun will das um ihr Überleben kämpfende Volk Rache üben. Plötzlich tauchen rätselhafte Wurmlöcher auf, die drohen, das Universum zu destabilisieren und das Raum-Zeit Kontinuum zu zerreißen. Als hätte Captain Marvel nicht schon genug Sorgen, sind ihre Kräfte plötzlich mit denen von ihrer Nichte, Captain Monica Rambeau und ihrem jungen Fan, Mrs. Marvel, verbunden. Die drei sind unweigerlich miteinander verknüpft und müssen nun mit der Hilfe von Nick Fury (Samuel Leroy Jackson) das Universum vor dem Zusammenbruch bewahren.

Selten musste die Welt von einem derart sympathischen und harmonischen Team gerettet werden. Auch wenn jede von ihnen ihre Hürden zu überwinden hat und bisher eher eine Einzelspielerin war, lernen sie gemeinsam zu arbeiten, ohne dass sie aneinander absichtlich in die Quere kommen oder jemand egozentrisch beginnt, eigene Interessen zu verfolgen, wie man es bisher aus den größtenteils männlich besetzten Superhelden Teams von Marvel kannte.

Zugegeben wird der Film relativ geradlinig erzählt. Es gibt nichts, woran der Zuschauer zu rätseln hat, keine schockierenden Wendungen. Die Dialoge und Handlungen sind relativ vorhersehbar und das Thema der unperfekten Heldin ist auch nicht gerade originell, aber die Figuren werden mit so viel Herzlichkeit und Humor porträtiert, dass sich darüber hinwegsehen lässt. Auch etabliert Marvel hier ein ausschließlich weibliches Team, ohne den Effekt wieder zu zerstören, indem es einem konsequent unter die Nase gerieben wird. Keine der drei Frauen wird in irgendeiner Weise auf die Beziehung zu einem Mann reduziert, ihre zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander sind so liebenswert und facettenreich, dass man eine romantische Beziehung auch nicht vermisst.

Es handelt sich hierbei vielleicht nicht um einen Superhelden-Film, der einem neue Welten eröffnet oder das Genre revolutioniert, wie es die ersten Marvel Filme getan haben, aber “The Marvels” vereint erfolgreich drei für sich schon interessante Charaktere, die ein dynamisches, humorvolles Team bilden, an dem man sich so schnell nicht satt sieht.

“The Marvels” startet am 8. November in den deutschen Kinos.