Cold War Kids im Interview

Cold War Kids sind aktuell mit ihrem neuen Album „Dear Miss Lonelyhearts“ auf Europatour und waren so nett, sich vor ihrem Hamburg Konzert mit mir zu einem kleinen Gespräch zu treffen. Sänger Nathan Willet und Bassist Matt Maust standen mir hierbei Rede und Antwort.

Ich habe gehört, dass Euch die Kritik zum letzten Album etwas enttäuscht hat. Wie beeinflusst Euch Kritik grundsätzlich als Menschen, oder auch als Band?

Nathan: Gute Frage. Ich denke im Laufe der Jahre lernt man damit umzugehen.Ich glaube man lernt einfach, das nicht so wichtig zu nehmen. Ja ich weiß auch nicht so recht. Das ist so eine große Frage…

Ich habe gehört, dass ihr Euch vor den Aufnahmen zum neuen Album zusammen gesetzt und eure alten Alben gehört habt, stimmt das?

Nathan:  Nein, das stimmt nicht. (Beide lachen)

Ich fand das auch sehr lustig, sich zusammen setzten und die alten Sachen analysieren…

Matt: Wir haben eine Menge Musik anderer Bands gehört und ein bisschen Brainstorming gemacht. Je nachdem worauf wir da gerade so abfuhren, aber nicht unsere eigene Musik.

Im vergangenen Jahr hattet ihr einen Besetzungswechsel an der Gitarre. Hat Jonnie Russells Weggang und Dann Galluccis (Anm. Ex- Modest Mouse) Hinzukommen die Band in irgendeiner Weise verändert?

Nathan: Ja, ich glaube jeder Mitgliedwechsel hat unausweichlich Einfluss auf den Charakter einer Band. Die Beiden haben unterschiedliche Stile wie sie spielen. Ich glaube, Johnnie hatte einen sehr ausgeprägten Style und Dann ist weniger ein „right hand rhythm guy“.  Ich könnte da jetzt noch weiter ins Detail gehen, aber ich denke das beeinflusst uns auf vielen verschiedenen Ebenen. Es war aber auch ein sehr leichter Übergang, da wir Dann seit Jahren kennen und er schon irgendwie zur Familie gehörte.

Matt: Einer der großen Unterschiede war, dass Dann ja auch das Album produziert hat. Das war das erste Album, das wir sozusagen zu Hause gemacht haben, für das wir nicht ins Studio gegangen sind. Es ist sehr intern und intim geworden.

Habt ihr denn vorher schon mit ihm zusammen gespielt?

Matt: Ja wir haben hier und da mal zusammen gejammt, aber nicht zusammen gespielt wie man es in einer Band tut.

Euer Sound hat sich mit den Jahren gewandelt. Wir würdet ihr euren eigenen Sound beschreiben und welchem Genre fühlt ihr euch am nächsten?

Nathan: Ich glaube, da war immer etwas sehr bluesiges und soulvolles, gospelmäßiges und auch postpunkiges in dem was wir machen.  All diese Dinge laufen da mit. In all diesen Genres gibt es so viele verschiedene Möglichkeiten. Bei diesem Album ist der Sound etwas scharfkantiger und mit mehr Synthesizern. Ich glaube, das ist eine natürlich Evolution, von wo wir kommen ist der Sound rauher.

Also werdet ihr vermutlich nicht zu sehr von aktuellen Trends beeinflusst und kümmert euch nicht drum, was gerade im Radio läuft? Oder denkt ihr manchmal ‚hey das klingt cool, das sollten wir für uns auch mal ausprobieren‘?

Matt: Ich glaube wir sind so Typen, die alles mitnehmen. Ich mag viel Popmusik (Nathan nickt zustimmend). Nicht alles, aber ich mag Lady Gaga.

Nathan: Wir sind definitiv keine dieser Indiebands, die Mainstream Musik verachten. Wir alle mögen die Musik von Kanye über Rihanna bis Beyonce. Ja das liebe ich (lacht).

Ok, das passt gut zur nächsten Frage. Was hört ihr momentan für Musik?

Matt: Ich stehe in letzter Zeit sehr auf The Kills und ich mag Nick Cave, das ist einer meiner Lieblinge.

Nathan: Ich liebe das neue Album von den Yeah Yeah Yeahs. Das ist super, wahrscheinlich mein liebstes ihrer vier Alben.

Habt ihr konkrete Pläne wie es musikalisch bei euch weitergehen wird, was ihr als nächstes gerne machen möchtet?

Nathan: Wir haben gerade erst angefangen darüber zu sprechen. Stilistisch werden wir wohl weiter in die Richtung gehen, die wir mit „Mine Is Yours“ eingeschlagen haben. Da haben wir diesen neuen Sound gefunden. Wir werden auch weiterhin alle Instrumente in unserem Studio voll ausschöpfen. Wie The Kills und die Yeah Yeah Yeahs, die einen sehr modernen Sound mit zeitlosen Aspekten und so einem 60er/70er Vintage-Recording-Gefühl verbinden.

Also ist es wirklich das erste Mal, dass ihr euer eigenes Studio besitzt. Fühlt sich das anderes an?

Matt: Nicht wirklich. Wir haben den Raum schon eine ganze Weile und haben da geprobt und so, nur bisher nichts gemacht, was zu einer Aufnahme geführt hätte. Es fühlt sich eher aufregender an als vor ein paar Jahren. Es ist spannend einen Platz zu haben, an dem wir aufnehmen und einfach spielen können.

Ist es irgendwie intimer, heimischer?

Matt: Ja, das Miracle Mile Video wurde dort gedreht. Wir haben auch eine ganze Liveshow mit ein paar Freunden dort gedreht wo wir gespielt, gegessen und getrunken haben. Wir sitzen gerade noch am Schnitt.


Ist das mit dem Filmen dein Ding, Matt? Du machst ja auch das ganze Artwork.

Matt: Ja, ich habe schon viel Regie bei den Videos geführt, aber ich habe noch kein Video allein gemacht. In den früheren Tagen der Bandgeschichte, so 2006/2007 habe ich ein paar Roadvideos und so gemacht.

Wir fühlt ihr euch denn so mit eurem neuen Album? Wie sind die Reaktionen vom Publikum und von Kritikern?

Matt: Das Album ist ja gerade erst rausgekommen, vor knapp einem Monat. Bisher war alles gut. Aber wir sind da ja noch am Anfang des Spiels, wir haben da noch einen weiten Weg vor uns, was das Touren angeht.
Nathan: Ja, ganz viel touren.

Ok, also seid ihr das ganze Jahr unterwegs?

Matt: Ja dieses Jahr.
Nathan: Nach „Mine Is Yours“ haben wir weniger getourt, was unterschiedliche Gründe hatte. Viele Leute sehen das neue Album also wie so ein kleines Comeback. Das ist wirklich gut, seit 8 Jahren eine Band zu sein und Leute zu haben, die sich darauf freuen, wie man sich weiterentwickelt, und dass man zurück kommt und so.

Zu euren Anfängen wart ihr ein kleiner Hype auf Blogs. Hatte das irgendwelche Auswirkungen auf euch, habt ihr vielleicht einen besonders großen Druck verspürt?

Nathan: Naja, immer wenn man im Rampenlicht steht hat man einen gewissen Anspruch an sich selbst, sein Bestes zu geben.

Matt: Ja, ich glaube nicht, dass wir jemals an einem Punkt waren an dem wir dachten: ‚Dieser ganze Druck‘… (er verstellt seine Stimme angestrengt) als ob wir verrückt werden würden. Ich glaube, das war ein guter Druck. Aber wir standen nicht unter Stress.

Wie sieht das denn heutzutage aus, macht das Label euch Stress oder setzt ihr euch selbst unter Druck, von wegen das neue Album muss größer, besser werden‘ oder so?

Nathan: Ich finde das schwierig zu sagen, wir wollen einfach unser bestes geben. Von Beginn an waren wir zum Glück ganz gut darin uns Labels zu suchen, mit denen wir eine vernünftige Beziehung hatten und deren Unterstützung nicht von Albumverkäufen oder ähnlichem abhing. Wir konnten als Band also ganz natürlich wachsen. Ich glaube, der Grund warum die Leute uns von Beginn an mochten ist, dass wir das Gefühl vermitteln, dass wir die Dinge selbst machen. Und das haben wir auch, vom Artwork über die Videos bis hin zur Musik und zum Recording. Dieses Gefühl, dass alles aus einer Gruppe kommt. Wir müssen das einfach beibehalten und so weiter wachsen.

Du sagtest ihr seid eine Band, die viel selbst macht. Wäre ein eigenes Label da vielleicht ein nächster Schritt?

Nathan: Das ist schon möglich. Wir haben über viele verschiedene Dinge gesprochen und sind uns noch nicht sicher, was wir als nächstes machen werden.

Was mögt ihr lieber, touren oder aufnehmen?

Matt: Ich mochte touren eigentlich immer lieber, aber ich glaube, inzwischen finde ich aufnehmen besser. Ich bin jetzt 33 und habe mein 26 jähriges Ich in den vergangenen Woche mit meinem heutigen verglichen.  Ich finde touren immer noch gut, aber ich glaube aufnehmen gefällt mir besser.

Kannst Du sagen, wie das kommt? Ist das Touren zu stressig?

Matt: Nein, nicht wegen dem Stress. Ich werde älter und wenn man aufnimmt hat man mehr diese sofortige Bestätigung. Man sitzt da den ganzen Tag und hört sich das Aufgenommene noch einmal an. Diese sofortige Bestätigung gibt es auf Tour natürlich auch, wenn man die Fans trifft, die einen unterstützen, das ist schon wahnsinnig.  Aber ja, für mich ändert sich das gerade ein wenig.

Nathan: Ja bei mir ist das eigentlich genauso. Ich habe gelernt es mehr zu genießen, wenn ich zu Hause bin. Es ist hart wieder an ein Leben zu Hause anzuknüpfen, wenn man so lange unterwegs war oder immer am Aufnehmen ist. Ich meine, wir alle lieben es in Los Angeles zu leben, wir haben dort viele Freunde und ich glaube, wir können dort die ganzen Anstrengungen der Arbeit und den Erfolg der Band erst richtig genießen.  Zu Hause zu sein, Songs zu schreiben und nicht von einer Stadt in die Nächste zu hetzten ist schon schön.  Es ist schon hart, ein klares Bild davon zu bekommen, was man machen möchte, wenn man so viel unterwegs ist.

Matt: Beim Touren kann es auch sehr einsam werden. Ich neige auf jeden Fall dazu mich auf Tour einsamer zu fühlen als zu Hause. 

Ihr habt gerade erwähnt, dass ihr Songs schreibt wenn ihr zu Hause seid. Wenn ihr auf Tour seid schreibt ihr also nicht?

Nathan: Wir haben auf Tour auch schon so einiges geschrieben, das ändert sich immer mal. Wir jammen beim Soundcheck auch schon mal so ein bisschen rum und manchmal behalte ich auch kleine Stücke, die vielleicht die Strophe in einem Song werden könnten. Das ist wie gesagt ganz unterschiedlich, manchmal hat man auf Tour auch das Verlangen etwas zu erschaffen und kreativ zu werden, manchmal eben aber auch nicht. Auf dieser Europa Tour arbeiten wir gerade auf jeden Fall nicht an neuen Sachen (lacht). Wir versuchen eher die Tour zu genießen und ein  bisschen zu entspannen.

Die Musikbranche ist ja ziemlich hart. Habt ihr abschließend einen Tipp für junge Bands, wie man in diesem Haifischbecken überlebt?

Matt: Mein Rat ist, was auch immer ihr macht, es muss euch Spaß machen. Das ist wichtiger als die geschäftliche Seite. Was auch immer das Label sagt, man muss selbst noch Spaß an der Sache haben, also was auch immer kommt, habt eine gute Zeit, seid kreativ und freut euch darüber kreativ zu sein.Das ist das Wichtigste, würde ich sagen.

Das Konzert im Grünspan war im Anschluss wie eine kleine Zeitreise. Die Cold War Kids haben sehr viele ihrer alten Songs gespielt und mal wieder bewiesen, dass sie eine wirklich tolle Liveband sind, und dass Nathan Willets Stimme auch live einfach unglaublich ist. Eine tolle Band, die ich von Beginn an verfolgt habe und die sich erfreulicherweise als sehr sympathisch herausgestellt hat.
Zum Ende des Interviews zauberte Matt noch eine kleine braune Papiertüte aus seiner Manteltasche mit den Worten, dass dies ein paar Postkarten mit Artwork und anderen Illustrationen von ihm sein. Wenn ich wolle könne ich diese behalten oder wegschicken oder so. Eine wirklich süße Geste und ein schönes Andenken an dieses nette Interview mit den wundervollen Cold War Kids!

Interview: Samira Szago


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