Die Berlinale und die Party, das gehört zusammen wie Champagner und Kaviar. Oder für den Berliner: wie Pommes und Curry Wurst. Oder: wie die Berlinale und der Film. Ach ja, da war ja noch was. Tatsächlich ist vor allem am ersten Berlinale Wochenende das Angebot an Empfängen und Parties so zahlreich, dass einem die Zeit zum Filme gucken ganz schön knapp werden kann. Oder um es mit den Worten einer Freundin zu sagen, mit denen sie mich morgens um drei nach der Movie meets Media verabschiedete: „Wenn du wirklich um halb neun den kanadischen Wettbewerbsfilm schaffst, dann feier ich dich hart!“
Die blaue und die bunte Party
Für die richtig schicken Parties braucht man natürlich eine Einladung. Wenn man eine hat, dann ist man mitten drin, zwischen den Stars, den Sternchen, den Promis und den Entscheidungsfindern der Unterhaltungsindustrie. Manchmal geht es eher gediegen zu, manchmal steppt der Bär. Das beste Beispiel ist der traditionelle Empfang der ARD, die Blue Hour. Mit über 900 geladenen Gästen ist die Blue Hour eines der größten und glamourösesten Events der Berlinale, sie findet alljährlich am ersten Berlinale Freitag im Museum für Kommunikation statt. Gemäß dem Motto gibt es hier keinen roten, sondern einen blauen Teppich, und auf diesem tummelt sich viel deutsche Prominenz aus Film und Fernsehen.
Den Einmarsch über den blauen Teppich zu beobachten macht immer wieder Spaß. Wer kommt mit wem? Wer präsentiert sich wie? Dabei ist mir auch dieses Jahr wieder positiv aufgefallen, dass die Damen sich in ihrer Outfitwahl immer weniger dem klassischen Schönheitsdiktat beugen – und dass es sehr vielfältige Arten gibt, schick und elegant auszusehen. Turnschuhe auf dem roten Teppich sind (vor allem in Berlin) inzwischen keine Seltenheit mehr. Ich frage mich auch stets, wie man so einen Abend in überdimensional hohen Schuhen aushalten und dabei auch noch Spaß haben kann. Dass man als Frau heutzutage zumindest die Freiheit hat zu entscheiden worin man sich am wohlsten fühlt, das ist schon ein Schritt in die richtige Richtung. Umso schauriger, wie chauvinistisch und unwitzig sich manche Kollegen von der fotografierenden Zunft bei der Arbeit gebärden. Da wird Veronica Ferres mit den Worten „Bauch rein, Brust raus!“ fürs angeblich perfekte Foto angeleitet. Elena Uhlig fordert man ernsthaft auf „schmal“ zu stehen. Die Schauspielerin (aktuell im Kino mit „Der Junge muss an die frische Luft“) kontert zum Glück entspannt sympathisch – „kann ich nicht!“ Aber manchmal möchte man sich schon an den Kopf fassen.
Die ARD Blue Hour ist traditionell die Feier, bei der man den Freitag Abend beginnt. Mit einem Gläschen Moet in der Hand kann man wunderbar auf der Empore sitzen und dem in blaues Licht getauchten Treiben folgen. Hier geht es ganz offensichtlich, passend zum Ort, um Kommunikation. In entspannter Atmosphäre mit Champagner und gutem Essen werden Kontakte geknüpft und aufgefrischt und sich über vergangene und kommende Projekte ausgetauscht. Entdeckt haben wir im Getümmel dieses Jahr unter anderem Saskia Vester, Josephine Preuß, Sibel Kekili, Sabin Tambrea, Ulrich Matthes (frisch gebackener Chef der Deutschen Filmakademie), Christiane Paul, Clemens Schick, Filmproduzentin Regina Ziegler, Katja Flint und Christine Urspruch.
Wer im Anschluss noch das Tanzbein schwingen möchte, bewegt sich weiter zur BUNTE Party. Dort ist die Atmosphäre clubbiger, enger und entsprechend schwitziger. Anhand prominenter Gesichter und Outfits kann man nachvollziehen, dass so mancher genauso wie wir den Weg von der Blue Hour hierher findet. Es wird gefeiert, bis in den frühen Morgenstunden der Champagner ausgeht. Dass hier der Charme einer Promiparty auf den einer Schulfete trifft, liegt vor allem an Lars Eidinger. Der legt dieses Jahr einen regelrechten DJ-Marathon hin – inzwischen ist es tatsächlich schwierig eine Berlinale Party zu finden, auf der er nicht auflegt. Es funktioniert aber auch einfach gut. Wenn alles querbeet von Nena bis Kanye West durch die Boxen schallt, fliegen schon mal die Designer Pumps in die Ecke. Und darüber, wie der Lars das eigentlich durchhält, wird dieses Jahr wahrscheinlich mehr geredet als über den zuletzt gesehenen Wettbewerbsfilm.
Und wie hält Lars Eidinger das durch?
Man sollte es aber, bei allem Spaß, nicht übertreiben, denn am nächsten Tag geht es direkt weiter. Samstag Abend lädt die Berliner Film- und New-Media-Förderung, das Medienboard, zu seinem Empfang ins Ritz Carlton Hotel. Hier wird viel geredet, vor allem über die Arbeit. Es gibt wieder leckeres Essen (ein Brot Buffet! Selten so viele Sorten Brot harmonisch beieinander liegen sehen) und Getränke ohne Ende. Der Party-Funke will jedoch nicht so ganz zünden. Ob vielleicht doch viele noch vom Vorabend müde sind? Oder hat so manchem Fatih Akins „Der goldene Handschuh“ die Laune verhagelt? Ihren Teil hat gewiss die stickige Luft in den Räumlichkeiten des Ritz Carlton beigetragen. Und wo ist eigentlich Lars Eidinger? Das wird’s wohl gewesen sein.
Aber hier geht es ja auch um Filmförderung, deswegen ist es völlig legitim, dass der Networking-Gedanke im Vordergrund steht. Wir nützen diesen Abend für viele nette Gespräche und Treffen mit Freunden. Eines der immer wieder aufgegriffenen Themen ist die Ratlosigkeit über Lone Scherfigs misslungenen Eröffnungsfilm „The Kindness of Strangers“ – darüber kommt man gefühlt mit jedem ins Gespräch. Im Party-Gewühl entdeckt haben wir unter anderem Karoline Herfurt, Hannah Herzsprung, Fahri Yardim, Heike Makatsch, Katharina Thalbach, Uwe Ochsenknecht und Anna Brüggemann.
Wer am nächsten Tag noch aufrecht steht (und so langsam wieder Lars Eidinger Entzugserscheinungen hat), der ist am Sonntag Abend bestens bei der Movie meets Media im Hotel Adlon Kempinski aufgehoben. Und falls das so klingen sollte, als würde es sich langsam ein bisschen wiederholen… tut es. Im Prinzip ändern sich hauptsächlich die Outfits, die meisten Gesichter kommen einem langsam bekannt vor. Umso euphorischer feiert man jede neue Begegnung. Und jede neue Getränke-Kreation! Was das freundliche Bar Personal an diesem Abend anbietet hat reichlich wenig mit Moscow Mule zu tun, aber es ist verdammt lecker und macht erstaunlich wenig Kopfschmerzen. Da die Movie meets Media fürs erste das Ende meines Party Marathons sein soll, bleibe ich auch, bis als Rausschmeißer „Purple Rain“ erklingt – und schaffe es sogar, nicht heulend auf der Tanzfläche zusammen zu brechen.
Zwei Geheimnisse will ich zum Schluss noch lüften. Nein, ich habe den kanadischen Wettbewerbsfilm um 8.30 Uhr am Montag Morgen nicht geschafft und bin deshalb nicht hart gefeiert worden. Und ich habe Lars Eidinger gefragt, was er eigentlich zu sich nimmt, um sein Pensum durchzuhalten. „Gar nix, das ist das Geheimnis“, hat er mir zwinkernd verraten. Jetzt wisst ihr’s.
Fotos ARD Blue Hour: Michaela Marmulla
Fotos Medienboard Empfang: Sebastian Gabsch
Beitragsfoto: Emilie Rudolph