Das erste Mal habe ich Sxip Shirey bei einem Kill Hannah Konzert erlebt – als Begleitung von Amanda Palmer – und war begeistert. Er hatte einen Koffer dabei, in dem sich allerhand (kuriose) Instrumente befanden. Das hat mich so fasziniert, dass ich ihn anschließend gesucht und schließlich auch gefunden habe. Bald ist der Wahl New Yorker für einige Zeit in Berlin – Grund genug, sein aktuelles Album “Sonic New York” hier vorzustellen.
Dieses Album entspricht keinem Musikstil im üblichen Sinne, sondern ist eine Hommage an eine Stadt. Das Album hört sich an wie sich New York City für mich anfühlt. Es ist vielfältig, experimentell und überraschend. Den Anfang bildet “15 Punk Rockers Pounding a Piano Into Junk” – ohne Musik und nur im Duett mit einer Frau gesprochen, nicht gesungen. Es ist ein wenig wie ein rhythmisch vorgetragenes Gedicht. Ansonsten werden bei den Songs allerlei Instrumente benutzt: Glocken, merkwürdige Tröten, Pfeifen, Mundharmonika, Megaphone inkl. deren Sirene, Beatbox und wer weiß was sonst noch.
“Grammercy Park” ist ein Song, der auch aus dem Score eines alten Filmes stammen könnte. Die Melodie trägt einen in ihrer Leichtigkeit davon. Es ist der kleine Park, der einen auf magische Weise von der sonst so hektischen Stadt abschirmt. Eine kleine Insel des Wohlfühlens. Eben genauso, wie der Gramercy Park und die Gegend um den Park in New York beschrieben wird. Gefolgt wird der Song von “You Can Ring My Bell”, der von einer Frau mit einer wunderbar warmen Stimme gesungen wird und einer der schönsten, souligen Songs ist, die ich seit langem gehört habe. Er hört sich wie aus einer anderen Zeit an. Und noch weiter zurück geht „Ghosts of the Gowanus Canal“ – hauptsächlich mit Glocken gespielt und der ideale Soundtrack für einen gruseligen Geisterfilm. Es passt zu der urbanen Legende vom Gowanus Canal. Dieser Kanal soll angeblich der Mafia als „Müllhalde“ gedient haben. Es ist unglaublich, wie Sxip Shirey Orte und Geschehen in Musik hüllen kann, so dass man auch ohne einen New York Führer und Wikipedia sich vorstellen kann, worum es geht und wie es dort aussieht.
Der „Brooklyn Bridge Song“ ist einer meiner beiden absoluten Lieblingssongs aus Sonic New York. Er ist wunderschön – eine Wohlfühl- und dabei trotzdem irgendwie sehnsüchtige Melodie. Er handelt davon, die eine Nacht auf dem Dach einen Hochhauses verbringen und sich auf einmal zuhause zu fühlen. Es gibt zu diesem Song auch ein schönes Video:
Gesungen wird er von Aimee Vurl und Sxip Shirey, der im übrigen eine Stimme zum Dahinschmelzen hat. Und wer sich dann noch fragt, wie sich ein Sonntag nach einer solchen Nacht in der Stadt anfühlt, die niemals schläft, der hört einfach weiter. „Sunday Dub“ weckt uns dann sehr langsam wieder auf, Der Song ist eben genau so, wie Sonntage sein sollen: sehr relaxed.
„Mehenatta“ zeigt einen großen indischen Einfluss. Als ich das letzte Mal in New York war und in Queens von der Wohnung zur U-Bahn lief, wäre das die passende Musik gewesen. Es waren sehr viele Inder dort ansässig und abends schallte ihre Musik durch die Straßen. Natürlich gibt es auch Rap auf diesem Album – was wäre New York ohne diese Art von Musik?
Das Album in Worte zu fassen, fällt mir selbst nach mehrmaligen hören schwer. Es ist einfach mehr wie ein großer Haufen Gefühle, ein New York Führer in musikalischer Form. Ich besitze (leider) nur die Downloadversion, aber schon das Cover, kreiert von Evan Rosen, lässt ein großartiges Artwork erahnen. Es zeigt zwei der vielen Brücken in New York City – neben der Brooklyn Bridge scheint noch die andere Verbindung zwischen Manhatten und Brooklyn gezeigt zu werden – die Manhattan Bridge. Es wirkt, als ob New York City aus zwei Städten besteht, die sich spiegeln und doch nicht gleich sind.
Wie es aussieht tritt Sxip Shirey am 23. September mit Féloche in Berlin auf – wir halten Euch auf dem Laufenden. Als einen kleinen Eindruck von Sxip Shirey, seiner Musik und allem zu geben ist hier das Video zu “I Live In New York City” – meinem zweiten persönlichem Lieblingssong auf diesem Album:
Gehört von: Dörte Heilewelt