Reingehört in das neue Album von SORRY GILBERTO.
Ein See im Abendlicht. Darauf schwimmt ein kleines Paddelboot, auf dem zwei Menschen sitzen. Das Foto könnte aus einem alten Familienalbum gefallen sein. Jedenfalls erinnert es an Vergangenes. Es ist aber kein altes Urlaubsfoto, sondern das Cover des neu erschienenen Albums von SORRY GILBERTO, doch lassen sie das Erinnern auf angenehme Weise zu.
SORRY GILBERTO besteht aus den beiden Berlinern Anne von Keller und Jakob Dobers. It Was The Longest Day And We Didn´t Know How To End It heißt ihr neues Album, das im September erschien ist. Der Titel lässt schon vermuten, dass es sich bei den Liedern ausschließlich um englische Titel handelt, doch sind die Texte so klar und simpel, dass man selbst mit einfachem Schulenglisch so gut wie alles gleich auf Anhieb versteht. Diese Einfachheit der Texte nimmt den Liedern ein wenig die Schwere und das genau an der richtigen Stelle. Mit ihren sanften Stimmen, die einer einfachen Melodie folgen, entwickeln sie eine nette Naivität. Man könnte fast melancholisch werden, denn beim Hören rennen die eigenen Kindheitserinnerungen unaufhaltsam auf einen zu. Melancholie mit einer Prise Ironie. In „The Masterpiece“ gibt es dafür ein schönes Beispiel: „Today I saw a masterpiece, but I didn’t pay the price. (…) I didn´t like the thing itself, but I like the memory of it.“
Wenn der Schwerpunkt hauptsächlich auf den Texten liegt, wird manchmal die Musikalität in den Schatten gestellt, was zur Folge hat, dass jedes Lied gleich klingt. Das ist hier Gott sei Dank nicht der Fall. Jeder Song hat eine andere Farbe und auch mitten in den Liedern sind SORRY GILBERTO für eine Überraschung gut. „Dear Akademy“ wirkt mit Tambourinbegleitung wie ein Minnesangstück aus der Neuzeit, in das plötzlich eine Bassgitarre und das Casiokeyboard einsetzen. Man weiß manchmal gar nicht, wie sie zu zweit so eine Bandbreite an Instrumenten und deren Kombinationsmöglichkeiten einsetzen und dazu auch noch singen können. Anne spielt Keyboard, Bassgitarre, Flöte, Glockenspiel und Xylophon. Jakob begleitet seine weiche und tiefe Stimme meist mit einer Akustikgitarre oder Ukulele. Zusammen strahlen sie Ruhe und eine seltene Ausgewogenheit aus. Er kann nicht ohne sie und sie kann nicht ohne ihn. Eben so, wie eine Familie sein sollte. Beim nächsten Stöbern in alten Fotoalben sollte man dazu diese Platte laufen lassen. Nicht nur wegen den Kindheitserinnerungen, sondern um zu begreifen, was vergangen und was zeitlos ist.
Sorry Gilberto bleibt hoffentlich zeitlos.
Reingehört: Ronny Ristok