Mando Diao im Interview: „Skip the fillers!“

Etwas mehr als zwei Jahre nach ihrem letzten Album „Good Times“ melden sich die schwedischen Indie-Rocker Mando Diao mit einem buchstäblichen Knall zurück. „BANG“ heißt das neue Album und ist ein besonders wichtiges für die Band. Nach dem Ausscheiden von Gustaf Norén, der Neufindung mit „Good Times“ und der Experimentierfreudigkeit der letzten Werke hat die Band sich endgültig neu sortiert und sich das Ziel gesetzt, sich bei der Arbeit an „BANG“ auf das Wesentliche zu konzentrieren. Auf Einfachheit und nicht zuletzt – auf die Gitarre! Warum sie nach wie vor so ein besonders wichtiges Instrument ist, warum der Bass ihr (laut Bassist Carl-Johan) aber in nichts nachsteht, das haben Björn und Carl-Johan mir im Interview erzählt.

Ich habe gelesen der Grund dafür, dass ihr auf diesem Album wieder mehr Fokus auf die Gitarren gelegt habt war, damit ihr wieder mehr Spaß auf der Bühne habt, vor allem bei großen Festival Shows.

Björn: Wir lieben Gitarrenriffs. Man fühlt sich einfach sexy, wenn man Gitarre spielt (lacht). Tut man, wirklich! Es ist ein Vibe, dem man schwer widerstehen kann. 

Carl-Johan: Das Album wird live ein richtiger Crowd-Pleaser werden. Zwei der Songs haben wir ein Jahr lang schon live gespielt, sie funktionieren sehr gut. 

Dem Albumtitel werdet ihr auf jeden Fall gerecht. Ein Banger nach dem anderen, ganz nach dem Motto „all killer, no filler“.

Carl-Johan: All killer, no filler, sehr gut. Das war auf jeden Fall unser Motto. Ich hasse Filler.

Björn: Wir hatten aber definitiv immer welche in der Vergangenheit.

Wirklich? Würdest du das so sagen?

Björn: Leider, ja. Ich würde sagen unser schwedisches Album war das einzige, auf dem es keine Filler gab. 

Carl-Johan: Die einzigen Filler, die wir heute benutzen sind die gegen unsere Falten (Gelächter). 

Björn: Fuck Botox!

Carl-Johan: Filler sind viel besser. Botox betäubt so stark. 

Björn: Jetzt aber ernsthaft. Wir wollten ein Party-Album machen. Ein ganz einfaches. Steinzeit-einfach. Zwei Steine, ein Fels, ein Hammer. 

Carl-Johan: Was könnte cooler sein als einen Song zu schreiben wie zum Beispiel „Smells Like Teen Spirit“. Jeder verdammte Gitarrenlehrer in jedem verdammten Kaff auf der ganzen Welt bringt es dir bei. Erst „Smoke On The Water“, dann „Smells Like Teen Spirit“. Ein Gitarrenriff schreiben, das so einfach und gleichzeitig so überzeugend ist dass die ganze Welt es kennt, da will man hin. 

Björn: Wir haben bei diesem Album auf jeden Fall die Einfachheit gesucht.

Euer letztes Album „Good Times“ war ja schon ein sehr energetisches Album. Beim Hören kann man fast vergessen, dass es nicht so Gitarren-lastig ist. Wenn man dann aber „Bang“ hört wird einem doch schnell klar, wo der Unterschied liegt.

Björn: Eigentlich haben wir jetzt das Album gemacht, das wir letztes Mal schon machen wollten. Während „Good Times“ haben wir uns fast in einer Identitätskrise befunden. Nach der Trennung von Gustaf… wir hatten keine Vision, wir haben einfach Songs aufgenommen, um ein Album fertig zu kriegen. Ich denke es sind ein paar gute Songs auf dem Album, aber es ist nicht mein Lieblingsalbum.

Carl-Johan: Es ist immer noch ein ziemlich gutes Album. 

Aber wahrscheinlich habt ihr gerade das gebraucht, um euch neu zu sortieren.

Björn: Genau das meine ich. Wir haben das letzte Album gebraucht. Jetzt hatten wir eine stärkere Vision.

Und irgendwie ist es dann ja auch schnell gegangen. Ihr habt mit der Arbeit an „Bang“ unmittelbar nach der Tour angefangen.

Björn: Das Touren hat uns sehr inspiriert. Wir hatten zwischendrin Jahre, in denen wir nicht so viel getourt haben. Als Gustaf die Band verlassen hat, haben wir wieder angefangen viel zu touren. Es ist dadurch ein sehr live-freundliches Album geworden. 

Hat sich das auch in den Aufnahmen wieder gespiegelt? Habt ihr viel live am Stück aufgenommen?

Björn: Das ist tatsächlich lustig. Wir sagen immer, dass wir das machen. Aber eigentlich, wenn man so zurückblickt, haben wir es eher wenig gemacht. Auf diesem Album aber tatsächlich zum größten Teil. 

Man sagt ja, dass Rockmusik gerade nicht besonders in Mode ist…

Björn: Ist sie auch nicht. Sie ist aber auch nie wirklich aus der Mode. 

Carl-Johan: Davon redet man seit den späten Sechzigern. Dass der Rock’n‘ Roll tot ist. Als die Beatles damals versucht haben einen Plattenvertrag zu kriegen hat man ihnen schon gesagt, dass man keine Gitarren-Bands mehr unter Vertrag nimmt, weil das ganze Rock’n‘ Roll Ding bald vorbei ist. Dann kam die Flower Power Bewegung in den Sechzigern, in den Achtzigern Electronic und Hip Hop. Es gab immer Bewegungen, die die Rockmusik bedroht haben. Aber sie kommt immer wieder zurück. Beziehungsweise, sie ist nie weg. 

Björn: Die Gitarre ist einfach ein gutes Instrument. Man wird sie nicht so ohne weiteres los. Schau uns an, wir sind immer noch da! (intoniert ein Riff auf einer unsichtbaren Gitarre)

Meine Tochter ist 14, sie interessiert sich nicht besonders für Gitarrenmusik. Man denkt dann schnell, hach die jungen Leute interessieren sich überhaupt nicht mehr dafür. Aber dann erinnere ich mich daran, dass ich in dem Alter auch noch keine Rockmusik gehört habe.

Björn: Ich auch nicht. Die Gitarre kommt meist erst später. Ich habe Michael Jackson gehört. Und Snow. Der Rapper, ihr erinnert euch? Das war meine erste Platte.

Carl-Johan: Wenn man die Gitarre mit dem Schlagzeug oder den Keyboards vergleicht, ist sie definitiv das sexieste Instrument.

Bass kann aber auch sehr sexy sein…

Carl-Johan: Oh ja, das ist natürlich die Königsdisziplin. Deshalb habe ich es gar nicht erst erwähnt (Gelächter). Der Bassist ist auch immer der Geheimnisvolle in der Band. Der Sänger und der Gitarrist, die sind immer ganz vorne und rufen: seht mich an! Seht mich an! Und dann ist da dieser Typ im Hintergrund, mit der noch viel größeren Gitarre… er liest Gedichte bevor er ins Bett geht. Eigentlich wollen alle heimlich nur ihn. 

Björn: Das ist so, weil es schnell peinlich wird, wenn man versucht mit dem Bass anzugeben.

Carl-Johan: Du meinst Bass-Soli? Das ist definitiv der Moment, wo jeder an die Bar geht. Sogar beim Jazz.

Was würdet ihr also sagen habt ihr insgesamt aus der Arbeit an diesem Album mitgenommen, was nach all den Jahren des Musikmachens neu für euch war? Oder man könnte auch sagen, worüber habt ihr etwas Neues gelernt?

Carl-Johan: Einfachheit. Und Albumlänge. Das sind für mich die zwei Dinge, auf die ich es herunter brechen würde. Wir haben noch nie ein kurzes Album gemacht. „Kill your darlings“, das haben wir diesmal auf eine gute Weise gelernt. Und noch mehr Einfachheit als je zuvor. Außerdem haben wir mehr denn je gelernt, unsere Egos beiseite zu stellen. Wir waren nie besonders egoistische Musiker, aber wir haben gelernt, uns noch mehr in den Dienst des Songs zu stellen. 

Björn: Wir sind eine stärkere Einheit. Außerdem haben wir uns mehr auf unsere Gefühle verlassen. Typen die zusammen sitzen und etwas machen, das wird schnell nerdig. Wenn wir in der Vergangenheit Musik gemacht haben, konnten wir uns stundenlang darüber unterhalten, wie genau wir das Schlagzeug aufnehmen oder welchen Kompressor wir benutzen. Es wird schnell sehr technisch. Man muss lernen sich auf das zu konzentrieren was wichtig ist. Und das ist das, was im Herzen passiert, das was man fühlt. Ich finde, das ist uns diesmal gut gelungen.

Habt ihr denn viele Songs aufgenommen? Weil ihr sagt Albumlänge wäre ein Thema für euch gewesen.

Carl-Johan: Nicht sehr viele, aber wir haben noch ein paar mehr. Früher haben wir gerne mal 50 Songs aufgenommen. Diesmal waren es vielleicht 15. In ein paar Jahren veröffentlichen wir wahrscheinlich nur noch EPs (Gelächter). Wir können einfach nicht mehr so viele Songs schreiben. Aber jetzt mal im Ernst, es gibt keinen Grund, lange Alben rauszubringen. Niemand hat so viel Aufmerksamkeit übrig. 

Björn: Skip the fillers! 

Mando Diao live:

22.11.2019 Hamburg, Sporthalle
23.11.2019 Wiesbaden, Schlachthof (ausverkauft)
24.11.2019 Wien, Arena (ausverkauft)
26.11.2019 Zürich, X-Tra
28.11.2019 Dresden, Alter Schlachthof
29.11.2019 München, Tonhalle (ausverkauft)
30.11.2019 Köln, Palladium
01.12.2019 Berlin, Columbiahalle

Foto © Viktor Flumé

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