Love & Peace. Ein Film wie eine Aromatherapie für die ganze Familie. Oder auch: wie ein Hippie zu der Erkenntnis gelangt, dass sein fortwährendes Vertrauen in das Gute im Menschen in der heutigen Zeit ziemlich daneben ist, aber dafür umso mehr amüsante Momente beim befremdlich dreinschauenden Betrachter herbeiführen kann.
Zuerst verkauft der gutgläubige Mitdreißiger Ned (Paul Rudd, „Dinner für Spinner“) einem Polizisten Drogen und als er aus dem Gefängnis wegen guter Führung endlich entlassen wird, denkt er, dass das Schlimmste überstanden ist. Doch da wusste er noch nicht, dass seine Freundin Janet (Kathryn Hahn, „Stiefbrüder“) einen neuen Mann an ihrer Seite hat und nun auch den Biobauernhof sowie den geliebten Golden Retriever Willie Nelson ihr Eigen nennt. Am Tiefpunkt angekommen kehrt er zunächst zur Mutter (Shirley Knight, „Der Kaufhaus Cop“) in sein Kinderbett zurück, wo er aber schnell merkt, dass es nicht das Richtige für ihn sein kann. So zieht er zuerst zu seiner ältesten Schwester Liz (Emily Mortimer, „Lars und die Frauen“), die aber genügend eigene Probleme mit ihrem Ehemann Dylan (Steve Coogan, „Die etwas anderen Cops“), dem extrovertierten Dokumentarfilmer, und den Kindern hat. So geht es für ihn weiter zu Miranda (Elizabeth Banks, „The Hunger Games – Die Tribute von Panem“), Schwester Numero 2, die ihn aber aus karrieretechnischen Gründen schnellstmöglich zur dritten Schwester im Bunde abgibt. Doch auch bei Natalie (Zooey Deschanel, „(500) Days of Summer“) richtet er mit seiner locker ehrlichen Art genug Chaos an, um all seine Geschwister gegen sich zu aufzubringen. Und von der Erfüllung seines Wunsches nach ein bisschen Zweisamkeit mit Willie Nelson scheint er weiter entfernt als je zuvor.
Ned ist ein Lebenskünstler, den es so in unserer Zeit kaum noch gibt. Zwar möchten seine Schwestern einen freien, alternativen Lebensstil frönen, was bei Liz allein bei der Namensgebung ihrer Kinder deutlich wird (River und Echo) und bei Natalies spiritueller Schwitztherapie auf die Spitze getrieben wird. Nur Ned versucht nicht mit aller Macht individuell zu sein, sondern einfach nur aufrichtig sein Ding durchzuziehen. Die Darbietung von Paul Rudd mit Rauschebart und abgegrabbelten Shorts a là ‚der Dude’ in „The Big Lebowski“ ist deshalb umso mehr zu schätzen und auch eine seiner stärksten überhaupt. Regisseur und Drehbuchautor Jesse Peretz („Dein Ex – Mein Albtraum“) meint dazu ganz passend:
„Ich bin ein großer Fan von Paul, weil er sowohl Komödien als auch Dramen spielen kann und vor allem auch beides zugleich.“
Das Drehbuch von Jesse Peretz, seiner Schwester Evgenia Peretz und ihrem Mann, dem Dokumentarfilmer David Schisgall, besticht dabei aber auch durch ein gutes Auge. Evgenia Peretz ist zum Beispiel seit mehr als zehn Jahren bei Vanity Fair als Redakteurin tätig und kennt sich mit den drei vorgestellten Frauentypen bestens aus. So verliert sich auch nie eine Figur in der Oberflächlichkeit und kann in den anderthalb Stunden letztlich sogar noch nachvollziehbare Sympathiepunkte abgreifen. Und wenn auch zum Ende hin eher die sonnige Wunschvorstellung überhand nimmt, so ist es doch eine sanftmütige Familienkomödie, die darüber hinaus mit einem zwinkernden Auge über den Hippie-Begriff der Jetztzeit aufzuklären weiß.
Kinostart: 17. Mai 2012
Gesehen von: Hella Wittenberg