Gehört: Tori Amos „Unrepentant Geraldines“

Mit ihrem 14. Album und viel Enthusiasmus kommt die US-amerikanische Sängerin und Pianistin Tori Amos auf Welttournee. Nach einer Vielzahl von klassisch inspirierten Werken kehrt die Musikerin mit ihrem neuesten Album „Unrepentant Geraldines“ wieder zur Pop- und Rockmusik zurück und knüpft damit an ihre frühen Platten und ihr Debütalbum „Little Earthquakes“ aus den 90er-Jahren an.
Zwischenzeitlich hat sich die Sängerin der Klassik-Welt gewidmet. unter anderem ein Weihnachtsalbum („Midwinter Grace“), ein Konzeptalbum („Night Of Hunters“) und eine etwas andere Greatest Hits-Sammlung („Gold Dust“) veröffentlicht. Dieser Reise setzt sie jetzt erst mal ein Ende und findet in kreativer Höchstform zu ihrem gewohnten Sound zurück.
Das Piano ist zwar immer noch der Mittelpunkt ihrer Musik aber das Album ist diesmal musikalisch eher schlicht gehalten. Anstatt orchestraler Instrumentalballaden wird das Piano nur mit ein wenig Orgel, Gitarre und manchmal auch elektronischen Klängen erweitert. Toris feenhafter und schöner Gesang ist natürlich geblieben und verleiht jedem Song einen individuellen Charme.
Thematisch strotzt sie nur so von kreativen Gedanken und widmet sich in ihren Songs dem heutigen Amerika, Beziehungskrisen, dem Altern, Religion und auch mit der Politik wird abgerechnet. Die Tracks „America“ und „Giant’s Rolling Pin“ verweisen auf die Spionage-Affäre. Die NSA sowie das FBI werden beim letzteren Track, welcher mit einer Ukulele untermalt ist, gezielt erwähnt.
Der erste Vorbote des Albums „Trouble’s Lament“ ist dagegen ein schöner Southern Blues Song im klassischen Johnny Cash Stil. Es gibt aber auch sehr persönliche Songs wie das sanfte „Wedding Day“ oder „Wild Way“ und „Weatherman“. Hier singt sie lieblich und harmonisch über das Gefühls-Chaos zwischen Freud und Leid. Moderne und dennoch zarte elektronische Beats ertönen dagegen in dem Trennungslied „16 Shades Of Blue“, indem sie als Geschichtenerzählern auftritt. Mit ihrer zarten und erfahrenen Stimme, lieblichen Klangfarben und gezielt eingesetzter Dynamik führt sie das Album in diesem Stil fort und zeigt, dass man mit wenig Mitteln ganz große Kunst erschaffen kann. Das Mutter-Tochter-Duett „Promise“ mit ihrer 13 Jahre alten Tochter Tash geht tief unter die Haut und genauso intensiv und zerbrechlich geht es mit dem Album weiter. Der Titel „Unrepentant Geraldines“ (reuelose Geraldines) verkörpert ihre feministische Weltansicht und verweist auf Frauen, die sich für ihre Taten und ihren Glauben nicht entschuldigen, auch wenn sie damit nicht den Normen der Gesellschaft entsprechen. Mit dem Pianospiel „Invisible Boy“ endet dann dieses Werk und erinnert nochmal an ihre erste Zeit vor rund 20 Jahren.
Dieses Album ist herausragend und wird sicherlich Tori Amos‘ treue Fans positiv überraschen. Sie erzählt mit jedem einzelnen Song eine andere tiefgründige Geschichte und ihre Leidenschaft für Songwriting und Poesie scheint wieder erweckt worden zu sein. Musikalisch minimalistisch zeigt sie beinahe spielerisch, was man mit Piano Pop so alles anstellen kann.

VÖ: 09.05.2014

Gehört von: Anne Schubert