Retro Stefson sind eine dieser Bands, ohne die das Leben schlicht und ergreifend ein klein wenig langweiliger wäre. Die siebenköpfige Kombo aus Island wirft mit opulenten Outfits in schrägen Farben und Sounds zwischen Electro, Pop, Afro, Freejazz und Metal-Gitarren nur so um sich. Kein Wunder, dass dieser Mix seinen Weg aus dem hohen Norden schnell in den Rest der Welt gefunden hat. In Deutschland passierte das vor ziemlich genau zwei Jahren mit einem regelrechten Knall, Retro Stefson wurden für ihr zweites Album „Kimbabwe“ von Universal unter Vertrag genommen und im Eiltempo durch die Promomaschinerie des Landes gewirbelt. Es folgte ein Umzug nach Berlin, zahlreiche Konzerte, Festivalauftritte, das volle Programm.
Inzwischen ist es etwas ruhiger um Frontmann Unnsteinn und seine Bandkollegen geworden. Das neue selbstbetitelte Album ist auf dem eigenen Label Les Freres Stefson letztes Jahr bereits in Island erschienen, erreichte dort Gold Status und hat im März dieses Jahres im Vertrieb von Roughtrade nun endlich auch den Weg in unsere Läden gefunden. Und schon das Cover (es gibt sechs verschiedene Variationen) verspricht eine Fortsetzung der Retro-Stefsonschen Sinnesexplosion. Dieses Versprechen wird gehalten, wenn auch der Sound der zehn Songs insgesamt etwas zahmer geraten ist und sich mehr an tanzbaren Clubsounds orientiert. Dafür kommt auf „Retro Stefson“ zum Ausdruck, dass die Band nicht nur ein Händchen für freakige Arrangements, sondern auch ein Gespür für gute, eingängige Melodien hat. Und es gibt sie auch auf diesem Album, die Songs, bei denen die Band kräftig am Genretopf rüttelt („Miss Nobody“), wofür man schließlich einst angefangen hat sie zu lieben.
Aktuell sind Retro Stefson auf Tour durch die Clubs der Republik. Werden alle Bandmitglieder Platz auf der Bühne finden? Wird es wieder Vortänzer in knappen Höschen und Polonaise durchs Publikum geben? Hingehen, rausfinden! Da führt kein Weg dran vorbei.
Gehört von: Gabi Rudolph