Gehört: Prinz Pi „Kompass ohne Norden“

Mit „Kompass ohne Norden“ veröffentlicht Prinz Pi am 12. April 2013 sein mittlerweile 15. Soloalbum und damit bereits das fünfte, das auf seinem eigenen Label „Keine Liebe Records“ erscheint. Ja, man muss wirklich sagen, dass der Herr Kautz mit seinen 33 Jahren schon ziemlich fleißig war und mit Sicherheit wird es nicht bei 15 Alben bleiben! Er selbst bezeichnet „Kompass ohne Norden“ eher als „Abschluss seines ersten Lebensdrittels“. Es ist wohl sein komplexestes und persönlichstes Album. Detailgetreu erzählt er Geschichten aus seiner Schul- und Unizeit und der Zeit des Erwachsenwerdens. Seine Erzählungen verpackt er so geschickt, dass man sich als Hörer mit nahezu jedem der Titel identifizieren kann. Wer kennt es nicht, als Kind bzw. Jugendlicher immer auf einen bestimmten Punkt in seinem Leben gewartet zu haben, der jedoch nie kam. Mit „Fähnchen im Wind“ startet genau diese Reise ins Ungewisse. Da hilft auch kein Kompass, selbst wenn man ihn, wie Prinz Pi es in seinem Titelstück besingt, von Bob Dylan überreicht bekommen hat, aber dieser ohne Norden ist und keine genaue Richtung anzeigt!

Die Orientierungs- und Ziellosigkeit, welche in der heutigen Gesellschaft vorherrschen, sind ebenso behandelte Themen wie der stetige Jugendwahn und  die sich immer weiter ausbreitende Oberflächlichkeit. Dieses Thema wird vor allem in den Titeln „Moderne Zeiten“ und „Asoziale Kontakte“ auf den Punkt gebracht. Hier beklagt Kautz vor allem den sich immer weiter ausbreitenden Einfluss der sozialen Medien und den Verlust von persönlichen Kontakten. Mit ausgeklügelten Zeilen wie „unsere smarten Handys machten aus Beziehungen Chats, Textmessages und Touchscreen-Berührungen“,  kritisiert er die überwiegende Unpersönlichkeit und Anonymität, die sich bereits in mehreren Generationen breit gemacht haben. All diese Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album, lediglich der Titel „Glück“ tanzt ein wenig aus der Reihe. Es handelt sich hierbei um eine Lobeshymne an die große Liebe. Da Prinz Pi jedoch den bekannten Kitsch aus anderen Liebesliedern komplett weglässt, fügt es sich wieder perfekt in das ganze Konzept des Albums ein. Bei seinem einzigen Feature „100X“ rappt er zusammen mit Casper (welcher dem Titel nicht zuletzt durch seine raue Stimme das gewisse Etwas verleiht) über die Bedeutung von Musik in der Jugend.

Prinz Pi ist mit Sicherheit keiner dieser Berliner Gangsta-Rapper, und das muss er auch nicht sein! Er hat sich schon immer von anderen deutschen Rappern abgehoben, nicht zuletzt durch sein rhetorisches Geschick. Auch wenn auf diesem Album die bekannten, doppeldeutigen Reime ein wenig zu kurz kommen. Friedrich Kautz ist älter und erwachsener geworden, und das steht ihm gut. Nicht nur inhaltlich sonder auch musikalisch hat „Kompass ohne Norden“ einiges zu bieten. Mit selbstgebauten Geräten hat er versucht die einzelnen Musikrichtungen aus seiner Kindheit und Jugend zusammen zu bringen und daraus seinen eigenen, vollkommen Sound zu kreieren. Hut ab, das ist ihm gelungen!

Alles in allem ist „Kompass ohne Norden“ ein komplett stimmiges, wenn auch sehr melancholisches Album. Es macht Lust auf mehr. Zunächst freuen wir uns jedoch erst einmal auf die im Oktober startende Tour von Herrn Kautz.

Gehört von: Stefanie Seidel


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