Gehört: Babyshambles „Sequel To The Prequel“

Freude, schöner Götterfunken! Ich habe vor Wochen schon die Europalette Konfetti, Schampus und Wunderkerzen geordert – Peter Doherty hat den Weg ins Studio gefunden und mit seinen Babyshambles ein wundervolles, nigelnagelneues Album aufgenommen- „Sequel To The Prequel“ erschien am 30. August. Erfrischende Zusatzinfo: Im Vorfeld gab es keine Skandale um abgebrochene Drogenentzüge, koksende Freundinnen, Haftstrafen, Diebstahl, Bandauflösung et cetera. Keine Sorge, Peter Doherty ist immer noch der unberechenbare Freigeist der er immer war, er ist lediglich vor dem Mikroskop der britischen Musikpresse geflohen und fristet seinen Bohemian Lifestyle mittlerweile in Paris. Mir ist die Ambivalenz dieser Nachricht durchaus bewusst. Es geht nicht darum seinen Lebensstil zu glorifizieren, aber man darf auch nicht vergessen, dass der Künstler Peter Doherty nur mit dem Menschen Peter Doherty existiert. So traurig diese Erkenntnis sein mag.
„Sequel to the Prequel“ ist ein schönes, typisches Babyshambles-Album geworden. Der Opener „Fireman“ kracht so herrlich wie einst „Pipedown“ oder „Killamangiro“. Der kurze 1,40-Brecher könnte sogar als Libertines-Stück durchgehen, ist aber definitiv die Punkausnahme auf „Sequel To The Prequel“. „Maybelline“ wäre auf „Shotter’s Nation“ ebenso denkbar wie „Seven Shades“. Rotzige Gitarrenriffs, eingängige Refrains, eine Prise Rock’n’Roll-Vintage – eben die typische Babyshambles-Leichtigkeit hinter der sich schlaue, manchmal böse Worte verstecken.
Spätestens seit „Pentonville“ wissen wir: Peter Doherty hat eine Schwäche für Reggae. Kein Grund für Zynismus– die Idee Punk und Reggae zu kombinieren hatte bereits eine andere Band vor einigen Jahren, der ein oder andere erinnert sich möglicherweise: The Clash. „Dr.No“ ist ein völlig lässiges, ziemlich raffiniertes Stück und könnte eine Reminiszenz an einen gewissen Sting-Song über Englisch Eigenheiten in einer großen amerikanischen Stadt sein (zwinker).
„Nothing Comes To Nothing“ kündigt an, was den Hörer auf diesem Babyshambles-Album erwartet: Die eindeutige Signature Dohertys mit (ich bringe es kaum über die Lippen) relativ viel Folk- und Country-Einflüssen. Ja richtig gehört: Country und Folk. Bei so ziemlich jeder anderen Band wäre ich nun hochgradig beleidigt, den Babyshambles steht diese Variante. Egal ob „New Pair“, „Picture Me In A Hospital“ oder „Fall From Grace“ – eine gewisse Country Blues-Tendenz lässt sich nicht abstreiten. Mich reißt diese Entwicklung jetzt nicht vor Begeisterung vom Hocker, aber sie war relativ absehbar. Auch die Babyshambles altern und entwickeln sich weiter. Peter Doherty ist mittlerweile 34 Jahre alt und es ist unglücklicherweise ziemlich logisch, dass er nicht mehr dieselben Songs schreibt, die er mit Anfang 20 geschrieben hat. Seine Texte sind immer noch so großartig wie einst – die düstere Ballade „Minefield“, der letzte Song auf der neuen Platte, zerreißt einem beinahe das Herz. Mitgröhl-tauglich sind die Babyshambles dennoch geblieben, die eindeutige Indie-Hymne auf „Sequel to the Prequel“: „Farmer’s Daughter“.
Alles in allem ist „Sequel To The Prequel“ eine hervorragende Platte. Von mir gibt es lediglich einen halben Punkt Abzug für die Country-/ Folk-Tendenzen und es ist mir einen Hauch zu glatt produziert. Mir persönlich fehlt auf der Platte das Chaos, die Kneipenatmosphäre und der Schnodder, für den Doherty eigentlich Pate steht. Ich vermute stark, dass er das auf der Tour wieder wettmachen wird.

Ist heute pingelig: Julia Floß

VÖ: 30. August 2013