Gehört: Oehl „100% Hoffnung“

„100% Hoffnung“. Dazu bewegt die neue EP des Wiener-Isländischen Duos Oehl, die genau diesen Namen trägt. Nach der letzten EP „Im Spiegel“, die aus Coverversionen ihres Debütalbums „Über Nacht“ besteht, bringen Ari Oehl und Hjörtur Hjörleiffson nun fünf neue Songs und einen Bonustrack heraus. 

Die EP ist, wie auch andere Künstler*innen mittlerweile den Schwerpunkt legen, eine politsche Platte mit gehaltvollen Texten. Es geht um Kapitalismuskritik, Privilegien, Konsum. Noch nie zuvor haben die beiden die Karten so offen auf den Tisch gelegt. Die Welt scheint zukunftslos und jede*r Einzelne muss dagegenhalten. Dafür finden Oehl deutliche Worte und vertonen das auf ihre mystisch rhythmische Art, die sich zwar wie gewohnt romantisch vertraut anhört, aber bei genauem Hinhören weiß man: die Welt ist im Eimer. Das Konzeptalbum ist ein musikalischer Kommentar zur heutigen Gesellschaft, aber auch ein grundlegendes Sichtbarmachen. 

Der Track „Arbeit“, der übrigens am Tag der Arbeit herauskam, findet die passenden Worte aller Arbeitnehmer*innen. Mit „Wir hauen und wir beißen auf Granit“ besingen Oehl die Leistungsgesellschaft und kommen zu dem Entschluss, dass übermäßiger Konsum permanent gegen Entschleunigung ankämpft. In „300.000“ erzählen sie die Geschichte einer jungen Familie, die Betroffene des Commerzialbank Skandals sind. „Es ist nur Geld“ singt Sänger Ari zynisch, aber sanft, und er spricht seinen Trost für das Schicksal vieler Menschen aus.  Dazu haben Oehl ein Musikvideo veröffentlicht, das an Originalschauplätzen im Burgenland gedreht wurde. Gezeigt werden gezielt keine „Opfer“, sondern eben Menschen, und das weckt Empathie. 

Auch die B-Seite der EP macht Schicksale greifbar. Über einen Aufruf hat das Duo Audiodateien von Zuhörer*innen gesammelt, die musikalisch mit Klängen unterlegt wurden. Eine zwanzigminütiges Hörbuch, in dem Sorgen und Gedanken formuliert werden, die viele Fragen aufwerfen, aber auch ein Zeichen dafür sind, dass es noch nicht zu spät ist, die Zukunft zu erhalten. Denn wir müssen hier schließlich „drin leben. Oder – wer weiß – überleben“, so Ari Oehl. 

Das Duo Oehl schafft es, Zeitgeschichte bewegend darzustellen. Und der Appell an das Gute zu glauben, macht deutlich, dass es eben noch nicht zu spät ist. Die EP ist eine poetische Mischung aus politischer Kunst und „100% Hoffnung“, denn „wenn wir selbst nicht daran glauben, wie soll es dann besser werden?“