1993 erschien mit „Everybody Else Is Doing It, So Why Can’t We?“ das erste Album der Cranberries. Im selben Jahr erblickte auch „Last Splash“, das Album, das den Weltruhm der amerikanischen Riot-Grrrl Band The Breeders begründete, das Licht der Welt. Sieben Jahre später wurde in der philippinischen Hafenstadt Iloilo City Bea Kristi geboren. Mit 17 veröffentlichte sie unter dem Namen beabadoobee ihre erste eigene Musik im Internet und wer ihr offizielles Debütalbum „Fake It Flowers“ hört, der ahnt sofort, wie das alles zusammen hängt. Als ihre unüberhörbaren musikalischen Vorbilder auf dem Höhepunkt ihres Schaffens waren, war Bea Kristi, geschweige denn beabadoobee, noch nicht einmal geboren.
Durch die Übermacht des Internets mag sich in der Musikbranche nicht alles zum Positiven entwickelt haben. Tatsache ist aber auch, dass Generationen von Musiker*innen heute damit aufwachsen, dass all jene Alben, für deren Erwerb wir damals in den Plattenladen gehen mussten, inzwischen nur noch einen Klick entfernt sind. Und so werden Genre und musikalische Jahrzehnte zu Zeit und Generationen übergreifenden Einflüssen, werden entstaubt, weiterentwickelt und dadurch einer neuen Ewigkeit zugeführt. Eine Künstlerin wie beabadoobee ist dafür das beste Beispiel. In einer Zeit, in der die Branche stets auf der Suche nach dem neuesten, innovativsten, Definitionen sprengenden Sound ist, ist ihr Debütalbum nahezu Soulfood. Man kann sich entspannt zurücklehnen und sich über dieses ehrliche, von Herzen kommende Songwriting freuen, von dem kein Gefiepse und Gefrickel ablenkt, das irgendwie jugendlich und erwachsen zugleich klingt und einen locker in die eigenen frühen Zwanziger zurück katapultiert.
Beeindruckend ist dabei auch die Quantität von Bea Kristis kreativem Output. In den letzten zwei Jahren veröffentlichte sie zahlreiche Singles und EPs (wie zuletzt 2019 ihre EP „Space Cadet“). Während es für eine junge Künstlerin völlig normal und akzeptabel wäre, ihr Debütalbum mit bereits auf ihren EPs veröffentlichten Songs aufzufüllen, finden sich auf „Fake It Flowers“ elf neue, eigens für das Album geschriebene Stücke. Während des Lockdowns verbrachte Bea gemeinsam mit ihrer Band und ihren Labelkollegen Matty Healy und George Daniel von The 1975 Zeit im Studio, woraus schon wieder neues Material entstanden ist, das von ihren zahlreichen Fans bereits heiß erwartet wird. Aber wenn der erste Song, den man je schrieben und veröffentlicht hat gleich viral geht (ihre erste selbst veröffentlichte Single „Coffee“ wurde dank eines Fanvideos zum Internet Hit und später im Rework mit dem kanadischen Rapper Powfu zum Tik Tok Phänomen), dann dürfte das zum einen für unleugbares Talent sprechen, zum anderen auch für einen produktiven Egoboost sorgen. Das dadurch gewonnene Selbstbewusstsein spiegelt sich auch heute in ihrem lauteren, energetischen Songwriting wieder. Manchmal blitzt die zurückhaltende Sensibilität ihrer frühen Songs noch durch, wie zum Beispiel in „How Was Your Day?“, eine der wenigen Balladen auf „Fake It Flowers“. Insgesamt steht das Album ganz im Zeichen des bereits als Einflüsse erwähnten Power Grunge.
Dank ihres selbstbewussten Auftretens verbindet beabadoobee ihren Status als positive Identifikationsfigur für die junge Generation mit dem Talent einer ernstzunehmenden Musikerin und stellt damit eine begeisternde Ausnahmeerscheinung dar. An der kann man sich auch erfreuen, wenn man so alt war wie Bea heute, als zum Beispiel Alanis Morissette 1995 ihr bahnbrechendes Debütalbum „Jagged Little Pill“ veröffentlicht. Die genießt ja 25 Jahre später immer noch ikonischen Status bei Menschen diverser Generationen. Scheint so, als müsste man sich um beabadoobee nicht allzu viele Sorgen machen.