Finn Askew veröffentlicht Debüt-EP „Peach“

So langsam muss ich mich wohl daran gewöhnen, dass die hoffnungsvollen, zum Teil bereits einflussreichen Musiker*innen von heute theoretisch meine Kinder sein könnten. Billie Eilish sowieso, aber auch Künstler*innen wie Boy Pablo, beabadoobee oder Dopha sind maximal in ihren frühen Zwanzigern und können schon eine beeindruckende Diskographie vorweisen. Olivia Rodrigo zum Beispiel, die gerade mit ihrer Erfolgssingle „drivers licence“ das Feld von hinten aufräumt, ist gerade mal 17 Jahre alt. Das Internet macht es schon seit einigen Jahren möglich, dass gerade mal an der Schwelle zur Adoleszenz stehende Musiker*innen ihre Werke ohne große Vermarktungswege direkt unters Volk bringen können.

Die Kehrseite der Medaille ist natürlich der daraus resultierende Druck, den Künstler*innen oft empfinden, so früh wie möglich so viel wie möglich geleistet zu haben. Ich persönlich gucke immer mit so großer Begeisterung auf die Jugend, dass ich mir darüber ehrlich gesagt kaum Gedanken gemacht habe, bis ich mich einmal mit Musikerin Donna Missal unterhalten habe. Sie stellte mir sehr eindrücklich dar, dass es sich bereits wie ein Wettlauf gegen die Zeit anfühlt, wenn man mit Anfang 30 noch nicht den ganz großen Durchbruch geschafft hat. Dennoch ist es ohne Frage äußerst beeindruckend, wieviel großartige Musik aktuell von sehr jungen, spannenden Persönlichkeiten kommt.

Typisch für die jüngste Generation sogenannter Bedroom Pop Artists ist auch die stilistische Bandbreite, die viele von ihnen innerhalb ihres eigenen Schaffens an den Tag legen. Man hört hier immer wieder die enorme Menge von Einflüssen heraus, die von dem nahezu uneingeschränkten Zugriff auf die gesamte Musikhistorie herrührt, den Spotify und co heutzutage ermöglichen. Das neueste Paradebeispiel hierfür ist der britische Musiker Finn Askew, der heute seine erste EP „Peach“ veröffentlicht hat. In den sechs Songs zitiert der gerade mal 19-jährige eine Vielzahl von Einflüssen, die sich mit Sicherheit in seinen Playlisten wiederfinden und so genre- wie generationsübergreifend sind: Frank Ocean und Kanye West meint man da herauszuhören, genauso wie Sonic Youth und Nirvana. Autotune und Gitarren residieren hier einträchtig nebeneinander. Als größte Inspirationsquelle diente ihm aber, laut eigenen Angaben, ganz altmodisch die Plattensammlung seiner Eltern.

Finn Askew stammt nicht wie die meisten seiner Peers aus London, Manchester oder Bristol, sondern aus einer idyllischen englischen Kleinstadt, in der es keine Subkultur und keine Musikszene gibt. Schon früh wuchs in ihm der Wunsch, die Umgebung seiner Jugend eines Tages als Musiker zu verlassen. Was das angeht, scheint er mit seiner EP den idealen Grundstein gelegt zu haben. Wie er selbst sagt:

“I wanted to create an EP that showed how creative I really am. I’m a kid from a small countryside town where there is no music scene at all but I’ve had so many musical influences from my mad diverse music taste. I wanted this EP to really capture me as an artist and what I can do. I can’t be put into one genre and that’s the beauty of it.”

Mit seiner klanglichen Vielfalt steigt Finn Askew mutig in die Fußstapfen von Acts wie The 1975, die sich beharrlich weigern, sich auf ein bestimmtes Genre festzulegen und damit wahlweise Begeisterung, Irritation oder beides hervorrufen. Dazu kommt seine leichte Rotzbengel-Attitüde und , die man besonders in seinen Musikvideos mit DIY- und britischem Kleinstadt-Charme bewundern kann. Für seinen Clip zur Single „Roses“ regnete es deshalb auch nicht nur rote Rosen, sondern inzwischen über 12 Millionen Views auf YouTube. Mutig, kreativ und talentiert ist er auf jeden Fall, weshalb man überzeugt sein darf, dieses Jahr noch viel von ihm hören zu werden.