Djo live in Berlin: Wer zum Teufel ist Steve Harrington?

An einem warmen Dienstagabend tummeln sich am Hermannplatz wie immer allerlei Menschen. Als ich mich auf den Weg zum Djo Konzert im Huxleys Neue Welt mache, springt mir jedoch plötzlich ein Gesicht ins Auge: Ist das etwa Djo höchstpersönlich? Ein paar Schritte näher und ich muss grinsen: jemand hatte das Gesicht des Musikers ausgeschnitten und trug es nun als Maske am Hinterkopf. Ich wusste sofort, hier bin ich richtig. 

Nach der Veröffentlichung seines dritten Albums „The Crux“ Anfang April bringt Djo dieses Jahr im Rahmen seiner ersten globalen Tour seine Musik nun nach Berlin. Vielen mag der amerikanische Sänger, Multiinstrumentalist und Produzent, dessen echter Name Joe Keery ist, als Steve Harrington aus „Stranger Things“ bekannt sein. So scheint es auch im Publikum Fans seines Charakters zu geben, was an den mehreren „Steve“-Rufen deutlich wird. Selbst ein Fan der Serie, beschäftigte mich vor Konzertbeginn eine Frage ganz besonders: Wird die Show stark genug sein, um die Steve-Harrington-Assoziation zu durchbrechen?  

Als Vorband hat Djo die aus Chicago stammende Band Post Animal mit dabei, bei der er bis 2019 selber als Gitarrist und Sänger mitwirkte. Mit einer Mischung aus Rock-, Country- und Funksongs lockert Post Animal die vornehmlich junge weibliche Crowd im ausverkauften Huxley’s auf. Frisch eingegroovt und kreischend begrüßen die Fans kurz darauf Djo für anderthalb Stunden feinster Indie-Musik. 

Von dem peppigen „Basic Being Basic“ über das Beatles-esque „Charlie’s Garden“ bis zum stimmungsvollen „Chateau (Feel Alright)“ ist für jeden Indie-Fan etwas dabei. Gemeinsam mit seiner 6-köpfigen Band entwickelt Djo einen vielseitigen Sound irgendwo zwischen Talking Heads, LCD Soundsystem und Tame Impala, retro und modern zugleich. Und es macht Djo umso sympathischer, dass er sich selbst nicht zu ernst nimmt: Er zieht selbstironisch Grimassen, als er sich auf der Gitarre vertut, singt teilweise nonchalant und sprechgesangsartig und spielt exzentrisch mit seiner Stimme auf Songs wie „Back On You“ oder „Gap Tooth Smile“. 

Und dann ist da natürlich „End of Beginning“, der nostalgische Indie-Synth-Song, mit dem Djo 2024 einen viralen Hit auf TikTok landete. Die Hommage an sein Leben in Chicago mit Anfang Zwanzig hat mittlerweile mehr als 1,5 Milliarden Streams auf Spotify und ist für viele Fans im Publikum der Höhepunkt des Abends. Mitten im tosenden Applaus wird klar: Jetzt sind Publikum und Band aber so richtig warm. 

Für die Zugabe zieht Djo noch einmal ganz andere Seiten auf und holt Opener Post Animal auf die Bühne. Und dann gibt es zehn Minuten Headbanger-Rock ’n‘ Roll. Mit diesem Boom verlassen die zwölf Musiker die Bühne. Von Steve Harrington wird da wohl noch kaum die Rede sein. 

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