„Das Wesen des Grafikdesigners ist sehr penibel“ – Interview mit Norman Palm

Am 2. Juli ist Norman Palms zweites Album „Shore to Shore“ bei City Slang erschienen. Hier könnt Ihr es komplett im Stream hören. Wir haben Norman getroffen und mit ihm über Musik, Grafikdesign, sein altes und sein neues Album gesprochen:

Dein zweites Album „Shore to Shore“ ist letzte Woche erschienen. Zu Deinem ersten Album „Sounds“ hast Du ein komplettes Buch herausgebracht. Ich habe gelesen dass Du visuelle Kommunikation studiert hast. Wie bist du zur Musik gekommen?

norman_palm2Ich habe schon immer Musik gemacht, auch als ich angefangen habe zu studieren. Ich habe früher in verschiedenen Bands gespielt. Während ich studiert habe, habe ich immer mehr Musik selber allein aufgenommen ohne die Bands, die ich damals hatte. Da hat sich das so angesammelt. Ich hatte einen Fundus an Songs, die nicht richtig in die Bands passten. Irgendwann habe ich dann meinen Abschluss gemacht, und als Abschlussprojekt habe ich das Buch gemacht, das zu den Songs entstanden war. Das Buch ist dann besser geworden als die Songs waren, deshalb musste ich die nochmal neu aufnehmen. Ich hab sie erst selber am Laptop aufgenommen und fand aber, ich müsste die Songs an das Niveau des Buches angleichen. Also bin ich ins Studio und hab sie nochmal neu aufgenommen.

Herausgebracht hast Du Dein erstes Album auch selber. War das nicht sehr kostspielig?

Das war teuer, ja, aber man muss dann halt in einer größeren Auflage denken und hoffen, dass man die los wird, dann ist es nicht mehr so teuer. Letztendlich kostet so ein Buch in der Produktion nicht viel mehr als eine CD. Dadurch, dass ich ganz gut bescheid wusste haben wir das ganz clever drucken lassen, also es war nicht so schlimm. Ich hatte ein Label mit zwei Freunden, mit dem haben wir das gemacht, dadurch hatten wir keine weiteren Kosten. Wir haben einfach nur die Platte gemacht und nichts anderes ausgegeben, deswegen glaube ich hat das funktioniert.

Heutzutage wird ja weniger Wert auf die Verpackung gelegt, da Musik hauptsächlich digital vertrieben wird. Ich finde es sehr schön, wenn man sich heutzutage noch so viel Mühe damit gibt.

Ich bin da etwas zweigeteilt. Wenn man sich wirklich Mühe gibt und das Sinn macht, finde ich es gut. Aber sonst bin ich ein Freund von iTunes, dann hat man nur noch die Musik. Das reicht in vielen Fällen auch, finde ich. Es sind ja nicht alle Cover gut. Vor allem haben nicht alle Cover was mit der Musik zu tun, stelle ich immer wieder fest. So jetzt haben wir die Musik, dann nehmen wir noch ein Bild dazu… den Schritt kann man auch überspringen, finde ich (lacht)

War das mit ein Grund, warum Du das Cover der zweiten Platte nicht mehr selbst gestaltet hast?

Ja. Ich fand es gut das anderen Leuten zu übergeben, das hat sich so entwickelt. ZweShoretoshorecoveri Freunde von mir sind Grafikerinnen in Paris, die haben ein Büro und machen superschöne Sachen. Bei denen habe ich das Cover so ähnlich wie es jetzt ist gesehen. Das passte irgendwie dazu. Ich wollte es nicht selber machen und dann war da schon etwas da. Es war aber auch ein bisschen ein Statement. Entweder hätte ich das Buch vom letzten Mal toppen müssen oder einen Film dazu machen, aber irgendwie habe ich mich die ganze Zeit auf die Musik konzentriert, und dann machte das Sinn, einfach nur die Platte zu machen.

Ich stelle immer wieder fest, dass Leute, die viel visuell arbeiten im Umgang mit Kunst oft sehr streng mit sich und ihrer Umwelt sind. Würdest Du sagen, dass das auf Dich auch zutrifft?

Das Wesen des Grafikdesigners an sich ist schon sehr penibel (lacht). Man wird in dem Studium sehr visuell gebildet und sieht Sachen dann anders als Leute, die dieses Wissen nicht haben. Für die ist das Buchcover der Deckel vom Buch und das reicht dann auch. Ich sehe das und denke: was ist das für ein Bild, warum, was soll das, und warum steht die Schrift da? Ich bin im Grafikdesign wohl auch so, aber in der Musik nicht. Deswegen muss ich wahrscheinlich beides machen, weil ich mich sonst selbst nerven würde.

Die Songs auf dem ersten Album waren akustischer als die auf „Shore to Shore“. Das neue Album hat sehr viele Details, viele kleine Frickeleien. Wenn man es über Kopfhörer hört entdeckt man ständig etwas Neues.

Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir sehr lang dran gearbeitet haben und sehr experimentell. Auch wenn es jetzt keine Experimental-Platte ist. Wir haben super viel ausprobiert, wie kann man die Songs arrangieren, welche Instrumente kann man benutzen. Ich habe es in einem Studio aufgenommen wo sehr viel da ist, es gibt sehr viele Instrumente dort,  elektronische Instrumente aber alte, analoge Synthesizer aus den Siebzigern haben die da zum Beispiel. Ich bin da reingeplatzt mit meiner Gitarre, ich besitze auch nur dieses eine Instrument. Dann haben wir das alles so zusammengebaut.

Und wie kommst Du auf all die Ideen, die in Deiner Musik stecken? Wie findest Du Deine Songs?

Ich schreibe eigentlich immer erstmal an der Gitarre. Meistens fällt mir irgendwas melodieartiges so ein, dann spiele ich das auf der Gitarre und dazu kommt dann der Text. Der ist eigentlich nie vorher da. Ich mache es oft so, dass ich den Song auf der Gitarre spiele und irgendwas dazu singe, das aufnehme und dazu dann den Text schreibe. Oft ist es so, dass ich irgendwas dazu singe, und dann finde ich schon mal hier etwas gut und da etwas nicht gut. Dann bleiben auch Fetzen über, die ich völlig unüberlegt rein gesungen habe, denen ich dann Sinn dazu gebe. Aber ich nehme ziemlich schnell auf. Bei diesem Album habe ich mehr als beim letzten am Computer weitergearbeitet. Heutzutage sind ja alle Instrumente schon im Computer drin. Ich hab da nicht so viel Anspruch, mach das relativ rau und locker, hau irgendwelche Instrumente rein. Ich hab ein Keyboard, das ich an den Computer anschließen kann, damit kann man eigentlich alles spielen.

Wie lang habt ihr insgesamt an dem Album gearbeitet?

Bisschen schwer zu sagen. Wir waren immer zwei, drei Wochen im Studio, dann haben wir Pause gemacht und uns später wieder ran gesetzt. Wir haben uns die Sachen viel angehört, uns hingesetzt und gesagt okay, wir machen jetzt so eine Art Meeting und sagen das finden wir gut und das nicht. Ich habe das Album mit Janne Lounatvuori aus Finnland aufgenommen. Mit dem spiele ich schon länger live zusammen, und er hat die Platte produziert. Mit dem hab ich mich immer besprochen, was jetzt irgendwie gut ist und was nicht. Dann habe wir wieder neu angefangen, also nicht ganz neu, aber vieles wieder rausgeschmissen und anderes ausprobiert.

Habt Ihr Euch dadurch dass ihr bereits live zusammen gearbeitet habt auch leichter getan die neuen Songs live umzusetzen?

norman_palm1Die Songs vom neuen Album haben wir jetzt das erste Mal live zusammen gespielt (Anm.: beim Record Release Konzert im Festsaal Kreuzberg am 30.Juni). Wir haben ein paar Tage erst mal geplant, da wir relativ nah am Album bleiben wollten, gucken welche Instrumente brauchen wir, weil man kann sich da ja nicht alles hinstellen. Ein bisschen logistische Planung wer macht wann was. Dann haben wir zwei Wochen geprobt. Ein bisschen projektartig war das Ganze.

Und wie geht es jetzt weiter?

Öhm… weiß ich nicht (lacht). Im September geh ich auf Tour, das weiß ich. Im Herbst kommt die Platte in verschiedenen anderen Ländern raus, dann werde ich auch dort auf Tour gehen.

Dann wünschen ich Dir viel Erfolg. Und vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Gabi Rudolph

Fotos (c) Johanna Ruebel

„Shore to Shore“ Cover: Ahonen & Lamberg

www.myspace.com/normanpalm