Am 13.07.1985 18:41 (GMT) sollten 72.000 Besucher im Wembley Stadion und 1,9 Milliarden TV-Zuschauer Zeuge einer der besten Live Performances aller Zeiten werden. John Deacon, Brian May, Freddie Mercury und Roger Taylor, gemeinsam bekannt als Queen lieferten ein 21minütiges musikalisches Feuerwerk und brachten Schwung in das, bis dahin eher träge verlaufende, Live Aid Konzert. Die Band und insbesondere Freddie Mercury gaben 120% und zogen die Zuschauer in ihren Bann. Sir Elton John, der im weiteren Verlauf der Veranstaltung ebenfalls auftreten sollte, beschimpfte die Band im freundschaftlichen Neid als Bastarde, die die Show geklaut hätten.
Selbst heute, fast 50 Jahre nach ihrer Gründung, und über 25 Jahre nach dem Tod von Freddie Mercury, können Queen über Generationen hinweg immer noch Fans auf der ganzen Welt begeistern. Doch wie wurde der Sohn einer Flüchtlingsfamilie gemeinsam mit einer Band voller Außenseiter zu einem der schillerndsten und exzentrischsten Stars der Musikgeschichte?
Diese Frage soll die Filmbiografie „Bohemian Rhapsody“ von Regisseur Bryan Singer beantworten. Sie zeigt den Aufstieg der Band, von der Gründung im Jahre 1970 bis zu jenem legendären Live Aid Auftritt. Der Cast ist nahezu perfekt ausgewählt, insbesondere Gwilym Lee als Brian May und Ben Hardy als Roger Taylor wirken fast wie jüngere Klone der Bandmitglieder. Aber auch die Darstellung von John Deacon (Joe Mazzello), Mary Austin (Lucy Boynton) und Allen Leech (Paul Prenter) zeugt von einer Perfektion, die seines gleichen sucht. Die größte Herausforderung dürfte allerdings Rami Maleks Rolle gewesen sein: Die glaubhafte Verkörperung von Freddie Mercury. Man kann nur mutmaßen wie viele Stunden Malek geprobt und studiert haben muss, denn die Bewegungsabläufe, Choreographie und vielschichtige Persönlichkeit sind wahrhaft der Rockikone würdig und lassen keinen Spielraum nach oben. Abgerundet wird die Banddarstellung durch originale Tonaufnahmen sowie Sound-Alikes.
Der atmosphärische Feinschliff dürfte auch Brian May und Roger Taylor zu verdanken sein. Die Bandmitglieder fungierten als Produzenten und unterstützten an allen Fronten. Sie unterstützen auch die Schauspieler mit Tipps und gaben die eine oder andere Musiknachhilfe. So entstand ein solch authentisches Queen Erlebnis, bei dem ich während einer Konzertszene vergessen konnte, dass es sich hierbei um einen Film handelte.
Doch auch trotz der Beratung durch die Bandmitglieder nimmt es der Film nicht so genau mit Fakten und chronologisch korrekten Abläufen. Ich vermute, dass aufgrund der begrenzten Spielfilmlänge und dem notwendigen Unterhaltungswert zeitliche Abläufe optimiert und Gegebenheiten interessanter dargestellt wurden. EMI Executive Ray Forster zum Beispiel, gespielt durch Mike Myers, ist keine reelle Person. Der Charakter ist vielmehr eine überzeichnete Zusammenfassung mehrerer Persönlichkeiten aus dem Musikgeschäft. So konnten unkompliziert mehrere Begebenheiten in ein Gespräch zusammengeführt, bzw. auf eine Person projiziert werden. Aber auch wesentlichere Fakten wie die Bandgründung oder das AIDS Outing gegenüber der Band widersprechen Brian Mays Biografie.
Allgemein musste es ein schweres Unterfangen gewesen sein, eine solch komplexe Band in 134 Minuten vollständig auszuzeichnen. An manchen Stellen des Films empfand ich die Erzählung gehetzt und unentspannt. Ob das Filmende im Jahr 1985 und nicht nach Freddies Tod 1991 durch die Spiellänge vorgegeben wurde, kann man nur mutmaßen. Ich persönlich finde es allerdings schade, dass der schwierigere und dramatischere Teil der Bandgeschichte daher im Film unerzählt bleibt.
Dennoch ist „Bohemian Rhapsody“ eines meiner größten Filmhighlights in diesem Jahr und sollte für jeden Queen- oder Musikfan ein Kino-Pflichtbesuch sein.
Starttermin: 01.11.2018
Gesehen von: Thorsten Müller