Die Verlegung eines Konzertes, das ursprünglich am 14. März 2020 in Berlin stattfinden sollte, war mein erster persönlicher Kontakt mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona Pandemie. Es folgte die komplette Absage meiner zum damaligen Zeitpunkt geplanten Konzerte und Festivals des ganzen Jahres. Für Konzert- und Reisebegeisterte wie mich eine absolute Katastrophe! Wenn einem quasi von heute auf morgen die Hobbies „geraubt“ werden, die einen mehr oder weniger ausmachen, drückt das doch ganz schön aufs Gemüt. Mittlerweile haben wir gelernt uns zu arrangieren, trotzdem steigt die Sehnsucht nach Livemusik so langsam ins Unermessliche.
Einige meiner Lieblingskünstler, unter anderem auch Michael Schulte, begannen binnen kürzester Zeit mit dem Streamen von Akustik Konzerten auf Instagram und Facebook. Es dauerte nicht lange, bis im ganzen Bundesgebiet Autokinos aus dem Boden gestampft wurden und auch die ersten Live Performances im Autokino-Style bekanntgegeben wurden – egal ob Comedy oder Musik. Meine anfängliche Skepsis war schon relativ groß, aber da ich von Natur aus neugierig binm wollte ich das unbedingt ausprobieren. Dieses Autokino-Ding ist komplett neu für mich, denn der ursprüngliche Hype ist zeitlich eher der Generation meiner Eltern zuzuschreiben.
Wie der Zufall es wollte, wurde ein Autokino-Konzert von Michael Schulte in unmittelbarer Nähe zu meinem Wohnort bekanntgegeben. Wie schön die Vorfreude sein kann, wenn man nach einem Ticketkauf auch darauf bauen kann, dass die Durchführung tatsächlich stattfindet! Das hatte ich im letzten halben Jahr schon fast vergessen.
Am Sonntag den 7. Juni war es dann soweit. Noch schnell eine Freundin und zwei gekühlte Prosecco eingepackt und dann ging’s in Richtung Baden-Baden. Selten ist eine Queue so geordnet, „aktives Anstehen“ ist mit dem Auto halt nicht – es sei denn man fährt ‘nen Stockcar. Nach dem Einlass wurde man durch Platzwärter nach Größe/Höhe des Wagens platziert. Aus dem Auto durfte man nur mit dem mittlerweile obligatorischen „Mauldäschle“ (Mund-Nasenschutz) und auch nur wenn es sich nicht vermeiden ließ (Toilette). Abgesehen davon war das auch nicht nötig, da man sogar per App bei einem lokalen Cateringdienst Essen sowie Getränke bestellen und direkt bezahlen konnte. Anhand der Stellplatznummer wurden die „Care-Pakete“ dann geliefert. Das durchwachsene Wetter klärte etwas auf, sodass zumindest die Energie der Scheibenwischeranlage eingespart wurde.
Nachdem ein SWR3 Moderator nach Begrüßung und allgemeinen Hinweisen kurz in den Abend geführt hatte, übernahmen Michael Schulte und zwei Musiker seiner Band die Herrschaft über die Bühne. Mit dem Song „Collide“ wurde der etwas andere Konzertabend dann eröffnet. Die Stimmung war von Anfang an super! Da wurden Warnblinker angeschmissen, Lichthupen gegeben und auf Schultes Kommando die Autotüren zugeknallt. Aus den benachbarten Autos vernahm man auch teilweise inbrünstiges Mitsingen. Er spielte Songs aus den Alben „The Arising“, „Hold the Rhythm“ und natürlich aus dem aktuellen Album „Highs & Lows“. Seine neue Single zusammen mit „Sing mein Song“-Star Ilse DeLange, „Wrong Direction“, wurde ebenfalls zum Besten gegeben. Nach 14 Liedern sowie zwei Zugabesongs war dann leider Schluss.
Mein Fazit: Ein vollwertiges Konzert aus der Pre-Corona Zeit ersetzt es nicht. Es war doch etwas befremdlich bei (Lieblings-) Musik lediglich mit dem Fuß zu wippen und mit den Händen im Takt auf das Autodach zu klopfen. Aber: Es war Livemusik – die weder durch Streams und /oder Videos und Playlisten zu ersetzen ist. Von daher war dieser Abend reines Seelenfutter nach einer gefühlten Ewigkeit der Konzertlosigkeit. Ein großes Dankeschön an die Veranstalter, die das Ganze so reibungslos und komfortabel stemmen und auch an die Künstler, die mit dieser Art der Konzerte den Fans eine riesige Freude bereiten!
Autokinokonzert-Packliste:
- Mund-Nasen Bedeckung
- Getränke (auch Softdrinks, denn am Ende muss ja noch jemand fahren)
- Knabbereien/Süßigkeiten
- Warnwesten (mit denen man aus dem Fenster wedeln kann – sieht super aus)
- LED-Lichterketten zur Frontscheiben Deko
- Seifenblasen
- Knicklichter
Foto und Bericht: Mirjam Baur