Wolf Alice steht der kleine Club besser als die große Halle. Klar, das sagt man wohl oft über Bands, die gute Bands sind. Die Charisma haben. Die was mit einem machen. In Stadien müsste man sich viel genauer auf den Funken konzentrieren. Und beim ganzen Gefühleteilen könnte auch noch einiges verloren gehen. Dass den Briten und ihren Fans beim winterlichen Berlinbesuch die nebenan liegende Columbiahalle erspart bleibt, ist also mehr als erfreulich. Aber so richtig passt das Columbia Theater auch nicht. Zu viel Freiraum erstreckt sich zwischen dem Quartett und dem Rest. Nur insbesondere Ellie Roswell ist nun mal keine Person, die gerne Frontalunterricht gibt. Sie will mitten in ein Gedränge hinein, will mit den Leuten singen, um so das greifbarer zu machen, was man wohl bei einem Konzert von ihnen nur grob als Wahnsinnsaura festmachen kann.
Die ersten Reihen sind von links nach rechts vollgepackt mit Textsicheren, die die Takte nicht nur mit den Füßen, sondern mit dem gesamten Körper wiederhallen lassen. Und die Takte funktionieren live fantastisch. Tanzbare Melancholie war nie schöner. Wie zur Bestätigung fliegen mitten in „Don’t Delete The Kisses“ langstielige, blutrote Rosen auf die Bühne. Sie schaffen gerade so den langen Weg bis vor die Füße von Roswell. Diese greift sich sogleich den an Valentinstag erinnernden Strauß, dreht sich von allen weg, beginnt zu weinen und verlässt dann die Stage. Der Rest des Songs muss mit der geballten musikalischen Power des Publikums zu Ende gebracht werden. Das gibt jetzt wirklich alles, um so die mit einem Mal so fragil wirkende Sängerin wieder zurück ins Rampenlicht zu lotsen. Doch schon für das nächste Stück steht sie wieder am Mikrofon, wischt sich noch einmal über die Wange und bringt für noch knapp eine Stunde lang alle Richtungen von Emotionen in das Konzert ein, von dem man später gar nicht sagen kann, was es alles mit einem gemacht hat. Außer eben, dass es etwas Gutes war.
Bericht und Fotos: Hella Wittenberg