Die japanische Girlband CHAI sorgte letztes Jahr erstmals mit ihrem bereits 2017 erschienenen Debütalbum „PINK“ für Aufsehen außerhalb der Landesgrenzen ihrer Heimat. Pitchfork trafen die vier jungen Damen im Rahmen ihrer ersten New York Liveshow zum Interview und sorgten damit für einen kleinen, aber feinen Buzz. Und wenn man sich das Debüt „PINK“ anhört, dann drängt sich einem tatsächlich Gefühl auf, dass CHAI zu den spannendsten Bands gehören, die das Business aktuell zu bieten hat. CHAI fordern zum Tanz auf, sie machen Spaß und sie haben eine Message.
CHAI sind Pop, Punk, Electro, Krawall und „kawaii“. Aber gerade den japanischen Ausdruck für „niedlich“ haben Mana, Kana, Yuki und Yuna sich zum Ziel gemacht neu zu definieren, weshalb sie das Konzept ihrer Band auch als „Neo-Kawaii“ bezeichnen. Das Thema der Selbstakzeptanz zieht sich durch viele von CHAIs Texten und Videoclips hindurch. So gibt es zum Beispiel einen Song zum Thema Körperbehaarung, und die Single „N.E.O.“ ist eine Hymne an die Individualität und kämpft mit viel Power gegen die in Japan nach wie vor herrschenden Meinung an dass kleine Augen, flache Nasen und kurze Beine kein erstrebenswertes Schönheitsideal wären (den fulminanten Videoclip hat übrigens der japanische Regisseur Makoto Nagahisa realisiert, den wir während der Berlinale zum Interview getroffen haben).
Am 15. März 2019 werden CHAI ihr zweites Album „PUNK“ auf ihrem Londoner Label Heavenly Recordings veröffentlichen. Im Video zur Single „Choose Go!“ geht es wieder um Positivismus und um das Brechen mit gängigen Geschlechterklischees und sozialen Rollen. Hier werden die Cheerleader selbst als Baseball-Spielerinnen aktiv, während Football-Spielerinnen Hunde ausführen und Baby(puppen) pflegen. Wichtig ist, dass man sich wohl fühlt mit dem was man tut und nicht einfach stur den von der Gesellschaft angeblich vorgezeichneten Wegen folgt. Dass man sein Leben selbst in die Hand nimmt – „Choose Go!“ eben.
Der zweite bereits veröffentlichte Song „Fashionista“ wäre nicht von CHAI, wenn er nicht auch diesen Begriff auf den Kopf stellen würde. Dazu sagt die Band selbst:
“Even if you don’t dress or do your makeup like how society expects you too, you’re still a ‚Fashionista‘ by expressing yourself how you want to. You decide what you want to wear, how you want to look, what you don’t want to wear, and that is what makes you a Fashionista!”
Das klingt jetzt vielleicht nach ganz schön viel Message, das eigentlich Großartige an CHAI ist aber vor allem, dass sie furchtbar viel Spaß machen. Die Damen schreiben einfach extrem gute Popsongs, die so druckvoll und temporeich produziert sind, dass man sich ihrer Energie nur schwer entziehen kann. Gleichzeitig ist „PINK“ ein sehr abwechslungsreiches, melodiöses Album, das nicht nur in ein und demselben Tempo daher donnert. Das zweite Werk „PUNK“ verspricht dem im nichts nachzustehen.
Mit ihren Live-Shows haben CHAI sich auch bereits einen Namen gemacht, dank bunten Kostümen und Synchrontänzen. Im Frühsommer kann man sie auch endlich in Europa erleben, denn CHAI werden beim Primavera Sound Festival auftreten, zu dessen diesjährigem Konzept sie absolut perfekt passen. Wenn CHAI niedlich sind, dann nur im allerbesten Sinne.