Die aktuelle Eurovision (Pre-)Season ist seit Wochen in vollem Gange. Mit dem „Super Saturday“, an dem in sieben Ländern die Vertreter:innen für den Eurovision Song Contest 2023 in Liverpool gekürt wurden, stehen nun bereits 15 der insgesamt 37 Beiträge fest. Und die Spannung auf die ESC-Woche im Mai steigt.
Nachdem Deutschland in den letzten zehn Jahren bis auf den großartigen vierten Platz von Michael Schulte 2018 (wir waren live dabei) meist sehr weit bis ganz hinten im Classement zu finden war, schickt sich der NDR dieses Jahr an, einiges besser zu machen. Insgesamt neun Acts kämpfen am 3. März 2023 im deutschen Vorentscheid „Unser Lied für Liverpool“ um das Ticket zum ESC 2023.
Gewonnen hat im vergangenen Jahr nach einjähriger Corona-Zwangspause die ukrainische Band Kalush Orchestra. Da eine Austragung des Song Contests in der Ukraine verständlicherweise aufgrund der Kriegssituation keine Option ist, trägt die britische BBC den ESC dieses Jahr gemeinsam mit den ukrainischen Kolleg:innen in Liverpool aus. Vor einigen Tagen wurde das sehr passende Motto bekannt gegeben: „United By Music„.
Wer Deutschland bei dem europäischen Musikwettbewerb 2023 vertritt, entscheidet sich nun Anfang März. Acht der neun Teilnehmer:innen wurden aus 548 Bewerbungen von der ESC-Redaktion sowie einem Team aus nationalen und internationalen Experten ausgewählt. Über den neunten Kandidaten konnten die User auf TikTok abstimmen. Herausgekommen ist eine bunter, diverser, genreumspannender Potpourri, eine Tatsache, von der man in den letzten Jahren nur träumen konnte. Von Pop-Punk und einer getragenen Flamencoballade bis hin zu Metal und Folk Pop, ja sogar ein Ballermann Song, dieses Mal steht eine Vielfalt zur Auswahl.
Nachfolgend meine ganz persönlichen „2 Cents“ zu allen Beiträgen, die bei „Unser Lied für Liverpool“ auf der Bühne stehen. Wie auch beim großen ESC vergebe ich jeweils von 12 (Höchstpunktzahl) bis 1 Punkte an die Songs.
Will Church – „Hold On“
Der Singer-Songwriter tritt an mit einer gefühlvoll gesungenen Ballade, die sich im Laufe des Songs immer weiter steigert. Ein Song, den ich mir sehr gerne anhöre und der hängen bleibt. Ein guter Start für den diesjährigen Vorentscheid. 7/12
Patty Gurdy – „Melodies Of Hope“
Patty Gurdy hat ihren Nachnamen dem Instrument entlehnt, mit welchem sie sich selbst auf der Bühne oftmals begleitet, der Hurdy Gurdy, auf Deutsch der Drehleier. So auch bei ihrem ESC-Song „Melodies Of Hope“. Der Song klingt zu 100% nach ESC und gehört auf die große Bühne. Mein absoluter Favorit. 12/12
TRONG – „Dare To Be Different“
Seit TRONG 2015 „Vietnam Idol“ gewonnen hat, verbringt er die meiste Zeit des Jahres dort. Sein poppiger Song mit vietnamesischem Einfluss regt zum Tanzen an. „Dare To Be Different“ wird zudem von einer wahnsinnig ansprechenden Gruppen-Tanzchoreographie getragen. 10/12
Lonely Spring – „Misfit“
Punk-Pop is back. Die Jungs von Lonely Spring bringen das Emo-Gefühl der frühen 2000er mit ihrem Song „Misfit“ auf die ESC Bühne beim deutschen Vorentscheid. Da wippen ich gerne mit und singen lauthals: „Life sucks!“ 06/12
Anica Russo – „Once Upon A Dream“
In dramaturgischer Lana Del Rey Manier singt die talentierte Sängerin ihren sehr international klingenden Song. Bei ruhigem Start dreht der Song im Chorus so richtig auf. Ohne Zweifel eine gute Nummwe, mit dem ich aus irgendeinem Grund aber nicht richtig connecte. 06/12
Lord Of The Lost – „Blood & Glitter“
Die Dark Rock Metalband Lord Of The Lost sind in ihrem Genre keine Unbekannten. Bewährt als Support Act für Iron Maiden und mit einem Nummer 1 Album im Gepäck schickt sich die Combo nun an, mit dem eingängigen Metalsong „Blood & Glitter“ ein wenig Glam und laute Töne in die deutschen Wohnzimmer zu bringen. Und das funktioniert aus meiner Sicht erstaunlich gut. 10/12
Frida Gold – „Alle Frauen in mir sind müde“
Auch Frida Gold ist eine Band, die seit vielen Jahren fester Bestandteil der deutschen Musikszene ist. Ihre akustische, Flamenco-esque Vorentscheid-Ballade „Alle Frauen in mir sind müde“ ist eine Ode an alle Frauen und die Kraft, mit der sie sich immer wieder gegen Ungerechtigkeiten auflehnen. Eine wichtige und eindrückliche Botschaft, die Sängerin Alina mit ihrer dunklen Stimme in die Welt hinaus trägt. Ein toller Song, der zum Nachdenken anregt. 8/12
René Miller – „Concrete Heart“
„Concrete Heart“ ist für mich ein guter Song, dem aber das Besondere fehlt. Im Radio würde ich nicht wegskippen und beim Chorus, dem Highlight des Songs, vielleicht sogar lauter aufdrehen, im diesjährigen Teilnehmerfeld liegt „Concrete Heart“ für mich allerdings nur im Mittelfeld. 6/12
Ikke Hüftgold: „Lied mit gutem Text“ (TikTok Wildcard Gewinner)
Verstehe wer wolle, weshalb Ikke Hüftgold das TikTok Voting haushoch gewonnen hat. Er weiß jedenfalls, seine Fanbase zu mobilisieren. Der Song ist ein typischer Ballermann Hit, und „Lied mit gutem Text“ füllt das Genre wohl gut aus, leider kann ich persönlich damit gar nichts anfangen. 1/12
Offizieller Schnelldurchlauf der neun Kandidaten für „Unser Lied für Liverpool„:
Am 3. März 2023 läuft die Show „Unser Lied für Liverpool“ live aus Köln ab 22:20 Uhr auf ONE, auf eurovision.de und in der ARD Mediathek. Wie bereits in der Vergangenheit, wird Barbara Schöneberger durch die Show führen. Das Ergebnis wird zu 50% durch internationale Jurys und zu 50% durch Televoting ermittelt. Ich jedenfalls freue mich wie schon seit langem nicht mehr auf einen deutschen Vorentscheid und bin extrem gespannt, wer sich das Ticket nach Liverpool sichern wird.