Eine gefühlte Ewigkeit (genauer gesagt zwei Jahre) nach „A Beautiful Lie“ liegt nun endlich das dritte Werk von 30 Seconds To Mars vor mir – zugegeben, ich bin ein großer Fan und da wären auch 6 Monate eine gefühlte Ewigkeit.
Im Kampf mit ihrer Plattenfirma musste die Band während der Aufnahmen ein Gerichtsverfahren um 30 Millionen Dollar durchstehen. Eine Folge davon war, dass sich Jared Leto, Shannon Leto und Tomo Miličević in ein Haus in L.A. für die Aufnahmen zu „This Is War“ zurückzogen, um sich dort völlig neu zu erfinden.
„This Is War“ ist am 4. Dezember erschienen und hebt sich in der Tat von den vorangegangenen Alben ab – nicht nur musikalisch, sondern auch was Faninteraktionen im Vorfeld der Veröffentlichung angehen. Zum einen wurden zunächst in L.A., dann in diversen Städten weltweit und schließlich online sogenannte „Summits“ abgehalten. Bei diesen Summits durften Fans nach Anleitung der Band Teile von Songs einsingen, die anschließend auf dem Album verwendet wurden. Diese wurden in manchen der Songs verarbeitet und geben dem Album ein Live-Gefühl, ohne ein Live-Album zu sein.
Die zweite Sache, die dieses Album neben der Musik besonders macht, ist das Cover. Es gibt 2000 verschiedende Cover, denn in jedem Cover befindet sich ein Bild von einem Fan. Fans konnten Bilder von sich einsenden, und die ersten 2000, die allen Kriterien entsprachen, wurden genommen. Wenn also jemand ein Cover in die Hände bekommen sollte auf dem ich zu sehen bin (siehe Foto), bitte mir Bescheid sagen, dem ersten, der sich meldet, kaufe ich es ab!
Musikalisch bewegen sich 30 Seconds To Mars immer noch im Alternative Rock Bereich, aber eben mit ein paar Besonderheiten. Da wären die Alderschreie am Anfang von „Kings and Queens“ (die aktuelle Single), die sie zuhause über ihrem Dach aufgenommen haben, oder die Gesänge der Gaden Shartse Mönche, einem buddhistischen Chor. Letzteren kann man im Song „L490“ hören, dem letzten und sehr atmosphärischen Song auf „This Is War“. Die Kraft, die von buddhistischen Chören ausgeht, ist unbeschreiblich.
Es gehen bei diesem Album rockige Stücke und sehr atmosphärische Songs Hand in Hand. Oft ist ein wenig elektronisches zu hören – nicht umsonst gab es beim letzten Konzert einen fünften Mann auf der Bühne, der für diverse Soundeffekte verantwortlich war. Neben der Elektronik wurden auch die Streicher der Havard Universtät eingesetzt.
Der Titeltrack „This Is War“ gibt sich melodisch schon beim ersten hören wie eine Kampfansage – gegen alles was sich einem in den Weg stellen könnte. Der schnelle treibende Beat des Schlagzeugs, kombiniert mit den Gitarren, dem bis ins Schreien übergehende Gesang von Jared Leto und dem „Fanchor“ ergibt ein Bild der Revolution, des Kampfes und des Neubeginns.
Gefolgt wird dieser Song von dem ruhigsten, aber für mich liebsten Track des Albums „100 Suns“. Bei diesem Song wird Jareds Gesang erst nur durch eine Akustik Gitarre unterstützt, später steigt der Fanchor mit ein. Es liegt dadurch der Fokus auf dem Text, der einen Neuanfang beschreibt. Wenn man alles vergessen muss, alles an das man vorher geglaubt hat, nur um sich selber zu finden.
Allerdings gibt es auch ein paar Songs, die mich nicht direkt gepackt haben und auch nach mehrmaligen hören irgendwie untergehen. Sie hören sich auf den ersten Eindruck hin an wie x-beliebiger Mainstream Rock – nichts weltbewegend Neues. Man muss schon genauer hinhören, um die Finessen herauszufinden und die Texte zu verstehen (oder sie in irgendwelchen Foren suchen). Ab und zu hätte man den Fanchor auch weglassen können – er wirkt streckenweise einfach etwas zu viel.
Wenn ich mir etwas wünschen würde, dann wären es Songtexte im Booklet. Ok, das haben 30 Seconds To Mars noch nie gemacht. Das Booklet kriegt zwar durch die persönlichen Bilder diverse Pluspunkte, aber ansonsten ist es doch eher enttäuschend. Ich kann nicht genau sagen, woran es liegt, aber ich empfinde es als etwas lieblos gestaltet. Das jeweilige Fanfoto liegt als einzelnes Blatt bei, für Menschen, die nicht gerne Fremde sehen, gibt es noch das Frontcover (den Tiger). Eine gute Alternative in Anbetracht der Qualität mancher eingereichten Fanfotos. Die Idee ist großartig, die Ausführung leider nur mittelmäßig.
Produziert wurde das Album übrigens hauptsächlich von Flood, der schon mit Bands wie Depeche Mode, U2, Nine Inch Nails und den Smashing Pumpkins zusammengearbeitet hat.
Vielleicht waren die Erwartungen, die die Band durch ihr Auftreten im Vorfeld in mir geweckt hat einfach zu hoch und wurden deshalb nicht erfüllt. Aber es ist ein durchweg gutes Album mit ein paar Highlights und vielleicht noch ein paar Highlights mehr, wenn ich „This Is War“ etwas öfters gehört habe.
Verändert haben sie sich, und ihrem alten Image sind sie definitiv entwachsen oder um es mit den Worten von 30 Seconds To Mars zu sagen:
Time to escape the clutches of a name
No this is not a game
It’s just a new beginning…
„This Is War“ ist am 4. Dezember bei EMI Music als CD und Download erschienen.
www.30secondstomars.de, www.myspace.com/30secondstomars, www.twitter.com/30secondstomars
Homepage der Gaden Shartse Mönche: https://www.gadenshartsecf.org
Cover (c) EMI Music
Dörtes Portrait (c) Dörte Heilewelt
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