Für ihren letzten Headline Gig kamen The Last Shadow Puppets aka Alex Turner und Miles Kane nach Berlin in die Columbiahalle, um die zahlreich erschienen Fans mit einer fulminanten Live-Show zu beglücken.
Es sind diese speziellen Konzerte, bei denen man glückselig mit einem versonnenen Grinsen aus der Halle taumelt. Beseelt von dem, was man gerade erlebt hat. Dieses Gefühl, tief im Inneren berührt worden zu sein, was oft nur Musik vermag. Ja das klingt kitschig – ist es vielleicht auch. Aber nur ein bisschen. Genauso wie die Songs der Last Shadow Puppets, die perfekt arrangiert mit ihrer klassischen Orchestrierung, über die Miles und Alex mit Inbrunst ihre Gitarren bearbeiten, immer ganz knapp am Kitsch vorbei schrammen. Gerade mal zwei Platten haben die beiden Freunde aus Sheffield zusammen aufgenommen. Bei ihrem gemeinsamen Erstlings-Werk „The Age Of The Understanding“ haben sie noch eine Tour nicht für nötig gehalten. Es war als Experiment unter Freunden gedacht und als Abwechslung von den eigentlichen Band-Projekten, den Arctic Monkeys und den The Rascals. Daraus ist eine ernstzunehmende Band geworden, Musiker die in wunderbare Symbiose miteinander funktionieren und dabei großartige Songs entstehen lassen.
Wie gut Alex und Miles miteinander harmonieren, zeigt sich vor allem auch live. Dort stehen Best Buddies, Alex verkündet es leidenschaftlich: „This friendship will last forever“. Sie haben Spaß an dem, was sie gemeinsam machen. Immer wieder grinsen sie sich verschwörerisch an, kommen sich am Mikro nahe, flüstern sich etwas zu und holen dabei das Beste aus sich und ihren Instrumenten raus. Diese Bro Love hat sogar im Netz schon ihren eigenen Hashtag: #Milex. Manchmal fühlt man sich an die Freundschaft von Pete Doherty und Carl Barat erinnert, auch hier haben sich zwei gesucht und gefunden, eine echte Männerfreundschaft in der Musik und im echten Leben. Manchmal grinst Miles seinen Kumpel Alex fast liebevoll an, zum Beispiel wenn dieser seine Augen schließt und bei „Dream Synopsis“ von ihrer Heimat Sheffield singt und von sich und Miles: „…we were bombing down Los Feliz, it was you and me and Miles Kane….“. Allerdings geht einem die Darbietung der Songs auch mehr als unter die Haut, wenn man sich so im Publikum umschaut, hat nicht nur Miles diesen versonnen Blick. Das Besondere bei diesem Song: Papa David Turner begleitet diesen Schmachtfetzen am Saxophon. Stolz verkündet Alex dies zu Beginn des Songs in ziemlich gutem Deutsch, was er offensichtlich von seiner Mutter, einer Deutschlehrerin, gelernt hat.
Alex Turner, der als begnadeter Word-Tüftler und lyrisches Genie unter den Britischen Songwritern gilt, hat eine unglaubliche, fast unverschämte Lässigkeit, wenn er über die Liebe und das Leben singt. Die Hüften werden geschwungen was das Zeug hält, dramatischen Gesten untermalen die Schönheit der Worte, die unterlegt mit durchaus harten Gitarrenriffs immer wieder ihren Schmalz verlieren. Das Wort „Dandy“ wird mit diesen beiden Musikern personifiziert. Dabei stehen sich die zwei in Sachen stilvolle Lässigkeit in nichts nach, obwohl Alex (der von Miles liebevoll Al genannt wird) immer als der dominantere der beiden Musiker gilt. Er schlendert ebenso lässig über die Bühne und übernimmt die eher punktierten Gesangspart wie bei „Bad Habits“, die exzellent zu seiner Stimme passen. Alex spielt seine Stimme dafür bei Songs wie „Sweet Dreams“ voll aus, schraubt sich in die Höhe, um dann wieder lasziv zu croonen. Kein Wunder, dass dieser Gesangsstil aus den 20ern, der durch Wärme und Intimität der Stimme besticht, anfangs stark sexuell konnotiert war. Eine wunderbare Ergänzung ist das kleine vier-köpfige Streicher-Orchester, das die Songs perfekt ergänzt und untermalt. Auch hier dient es der Schönheit nicht dem Kitsch. Dass das so ist, ist Owen Pallett zu verdanken, der neben seiner Solo-Arbeit und seiner Band Arcade Fire schon wie beim ersten Album der Last Shadow Puppets für die Orchestrierung verantwortlich war.
Als nach 15 Songs, bei denen man gar nicht weiß, welcher jetzt eigentlich der Beste ist, eine Pause vor der Zugabe kommt, raunt mir meine Begleitung zu: „Man wünscht sich, jeder Song wäre eine Endlos-Schleife und dieses Konzert würde nie zu Ende gehen“. In der Tat möchte man ewig in dieser Blase der Glückseligkeit bleiben. Das sehen wohl auch die meisten Fans so, die ziemlich aus dem Häuschen sind. Das oft so reservierte Berliner Publikum hat viel gegeben. Gesungen, gejubelt und wie es sich bei richtigen Rockstars gehört einiges auf die Bühne geworfen, sogar rote Rosen, eine davon fummelt sich Alex umständlich an die Gitarre und vergisst dabei fast zu singen, nachdem er sie zuvor als Mikro-Ersatz nutzt. Auch das entlockt Miles wieder ein liebevolles Lächeln.
Die erste Zugabe ist dann ihrer musikalischen Liebe David Bowie gewidmet. Nicht nur während des Konzerts fühlt man sich ab und zu an die Gitarren von „Sound and Vision“ erinnert. Mit „Moonage Daydream“ huldigen sie ihrem Idol auf eine Weise, die erkennen lässt, wie sehr sie Bowie verehren und seine Musik verstehen. Nicht immer geht so ein Cover gut. In diesem Fall wird es dem Original absolut gerecht. Man möchte es dann kaum wahrhaben, dass „Meeting Place“ der letzte Song ist. Aber auch die schönsten Momente gehen irgendwann vorbei. Dass es auch für die Band ein schöner Moment war, ist offensichtlich. Alex bedankt sich wieder auf Deutsch. Miles geht immer wieder zum Bühnenrand und jubelt dem Publikum zu. Mit jaulenden Gitarren, die in Rock ’n Roll-Manier auf der Bühne liegen bleiben, verabschiedet sich die Band. Man kann nur hoffen, dass es nicht wieder acht Jahre dauert, bis die beiden Freunde Zeit für die Last Shadow Puppets finden und da weiter machen, wo sie gestern aufgehört haben.
War dabei: Kate Rock
Fotos: Hella Wittenberg