Die dreiköpfige Band aus Wales veröffentlichte Ende Februar ihr Debütalbum „The Big Roar“. Im Rahmen ihres Konzerts im Berliner Comet Club am 2. März erzählten Ritzy Bryan und Rhydian Dafydd von spannendem Tourleben, von kleinen Momenten, die das Album so besonders machen und auch von ihrer Liebe zur Musik. Die Besucher ihres Konzerts konnten sich von der Leidenschaft und gleichzeitigen Kompromisslosigkeit der Band überzeugen. Mit solch einer überzeugenden Live-Show werden The Joy Formidable bald schon große Hallen füllen können!
Ihr seid heute erst in Berlin angekommen?
Ritzy: Ja, gestern haben wir noch in Wien gespielt. Das war eine ganz schön lange Fahrt bis Berlin und dazu noch ein echtes Abenteuer pünktlich anzukommen. Aber letztlich lief alles sehr gut. Es ist schön wieder hier zu sein, zu feiern und das Album promoten zu können. Ich freue mich sehr auf die Show!
Das Touren hat euch zu so vielen unterschiedlichen Orten gebracht. Wo hat es euch denn besonders gefallen?
Rhydian: Da gibt es so viele Orte, die es uns wirklich angetan haben!
Ritzy: Das ist sehr schwierig zu sagen, weil man bei all dem Touren immer nur eine äußerst eingeschränkte Sicht auf die einzelnen Orte bekommt. Außer man hat natürlich die Möglichkeit, öfter in dieselben Orte zu reisen. Es ist schade, dass wir uns auf Tour meist nur einen kleinen Überblick von einer Stadt oder einem Land verschaffen können.
Rhydian: Jeder Ort wird besonders durch die Leute und gute Venues. Wirklich besonders ist es auch, wenn man manche Leute immer wieder auf den Konzerten sieht. Aber es ist für uns auch schön, immer wieder neue Leute kennenlernen und immer weiter in der Welt herumzukommen. Das ist die Schönheit des Tourens! Denn selbst wenn man an bereits bekannte Orte zurück kommt, ist es doch jedes Mal anders. Wir genießen jeden Tag so wie er kommt!
Was fasziniert euch neben dem Leben auf Tour noch am Musik machen?
Ritzy: Diese Notwendigkeit zu fühlen, dass man einfach kreativ sein muss. Ein unglaubliches Gefühl! Rhydian und ich haben schon immer den Drang verspürt zu schreiben. Bevor wir uns kannten, machten wir also schon unsere eigene Musik. Es ist so einer großer Teil von dem, was wir sind. Die Band bringt dies zu Tage und lässt es lebendig bleiben. Wir haben als Band eine sehr gute Dynamik, weil wir uns auf kreativer Ebene extrem stark fühlen. Wir stecken all unsere Hingabe in die Band!
Rhydian: Ich denke es gibt viele Aspekte, die uns am Musik machen faszinieren. Wir sind eine Band, die sowohl gut ist im Touren als auch im Musik aufnehmen. Wir können uns in beiden Disziplinen komplett verlieren. Die Chemie stimmt einfach! Aber da ist noch so viel mehr… Die Videos, die wir machen, das Artwork… Es gibt so viele Sachen! Aber ich glaube es ist wirklich fundamental, dass wir immer kreativ sind. Denn wir möchten uns als Künstler weiterentwickeln.
Ritzy: Ein Teil dieser Band zu sein, kann richtig obsessiv machen. Es ist so intensiv, da wir auch über alles die Kontrolle haben möchten. Es gibt kein Detail, das uns nicht bewusst ist – ob auf dem Album oder live. Das kann ganz schön an den Nerven zehren.
Rhydian: Das ist einfach ein Lebensstil ohne Kompromisse! Wir benötigen Musik, um uns auszudrücken. Sie ist extrem wichtig, um unsere Gefühle zu formulieren. Dieses Medium ist dazu besser geeignet als alles andere, weil wir eben keine Politiker sind, die die Welt um sich herum exakt mit Worten beschreiben können.
Rhydian, du bist für die Designs der Band und damit auch das Coverartwork verantwortlich. Verwendest du bei solch einem Design dieselbe Inspiration, die du auch für Songs benutzt?
Rhydian: Nicht notwendigerweise. Die Bedeutung springt dem Betrachter nicht immer direkt entgegen. Ich war noch nie ein Fan von Artworks, die nur eine simple Präsentation der Texte darstellen. Vielmehr ist doch interessant, was solch ein Artwork auslösen kann und welche Fragen man sich dazu selbst stellt. Wir jammen oft gemeinsam, bringen Träume und Symbole mit ein. Ich bin in der Band derjenige, der das Visuelle dann letztlich ausführt.
Ritzy: Unsere Texte sind wie Bilder.
Rhydian: Aber die Inspirationen für die Songs und für Designs kommen schon von sehr unterschiedlichen Orten. Das Artwork für „The Big Roar“ hat japanische Einflüsse, da wir eine Weile in Japan waren. Doch betrachtet man die Songs auf dem Album genauer, berühren sie dieses Thema nur wenig. Deshalb ist es manchmal einfach schön, das Gesamtbild mit einem Artwork zu vervollständigen.
Euer Album „The Big Roar“ erschien am 25. Februar. Aber so richtig kann man es nicht als euer Debüt bezeichnen.
Ritzy: Sicher, wir haben schon EPs veröffentlicht, auf die wir auch sehr stolz sind. Aber im traditionellen Sinne haben wir vor „The Big Roar“ noch nichts veröffentlicht. Das waren eher spontane Schnellschüsse. Insbesondere der japanische Release! Wir wollten unseren Fans die Möglichkeit geben, etwas für sich zu erwerben. So konnten wir schon früh die Songs, auf die wir stolz waren, mit anderen teilen. Naja, wir hatten zu der Zeit gerade mal acht Songs geschrieben… Deswegen haben wir beschlossen, noch einen Überblick all unserer Arbeit in voller Albumlänge zu veröffentlichen.
Rhydian: Denn acht Songs fühlen sich für uns nicht wie ein echtes Album an!
Ritzy: Ja, man kann sich darüber streiten. Die Leute denken: ist es oder ist es nicht? Aber für uns zeigen acht Songs nicht die volle Bandbreite unserer Band. Wir brachten sie sehr früh in unserer Bandgeschichte heraus, alles gute Songs, aber erst „The Big Roar“ deckt das volle Spektrum von uns als Band und unserer Energie ab. Das davor war so etwas wie ein kleiner Vorgeschmack! Trotzdem mussten auch die älteren Songs mit auf das Album. Sie sind relevant, sie agieren mit den anderen Songs zusammen. Sie mussten einfach da sein! Außerdem sind wir für viele Menschen noch immer eine sehr neue Band. Diese Menschen kannten uns noch nicht, als wir unsere EPs noch selbst verteilt haben und Pakete mit unserer Musik für Fans versendet haben. Es gab unsere Musik nicht in irgendwelchen Läden, es gab sie nirgends.
Als Opener habt ihr den Song „The Everchanging Spectrum Of A Lie“ gewählt, der in seiner Länge von über sieben Minuten für den Anfang ganz schön überwältigend ist. Was habt ihr euch dabei bloß gedacht?!
Rhydian: Das ist genau die Reaktion, die wir haben wollten! Wir wollten schon mit diesem Song genau das zelebrieren, worum es in dem Album ging. Es ist ein wichtiger Song für uns. Man muss in das Hören investieren. Es war gewissermaßen ein Statement der Intensität und es sollte in jedem Fall etwas dreist sein. Also was würde da besser passen als solch ein Song, um den Ton für das Album festzusetzen?
Ein Lacher leitet den zweiten Song „The Magnifying Glass“ ein. Wer ist dafür verantwortlich und geschah das spontan?
Ritzy: Es gibt so einige Sachen auf diesem Album zu entdecken, da wir das Album in unserem Schlafzimmer aufgenommen haben. So gibt es viele kleine Momente, die wir eingefangen haben. Dabei handelte es sich aber um einen sehr natürlichen Prozess. Das Lachen war also kein Fake und es kam übrigens von unserem Drummer Matt. Uns war es wichtig, diese Augenblicke festzuhalten und dadurch dem Album Persönlichkeit und Charakter zu geben.
Rhydian: Es gewährt dadurch umso mehr einen Einblick in unsere Welt, zeigt unsere Identität und wird dadurch wahrhaftiger. Alles, was so im Studio umherschwirrt, wollten wir mit einbringen.
Ritzy: Man kann zum Beispiel auch Katzengeräusche hören, weil wir das Album in einem Haus mit über acht Katzen gemixt haben! Es gibt also so einiges zu entdecken, aber ich möchte nicht schon alles enthüllen. Mal schauen, ob jemand so verrückt ist und sich das Album so lange anhört, bis er die kleinsten Details heraushört. (lacht)
Nur noch eine letzte kurze Frage: Wie werdet ihr einen Ohrwurm los?
Ritzy (lacht): Das ist lustig, weil wir das Wort noch für etwas anderes benutzen… Manchmal sind wir ziemlich laut im Proberaum und die Jungs benutzen dann Ohropax, aber ich natürlich nicht! Ich brauche so etwas nicht und außerdem glaube ich, dass das taub macht. Aber ich bin dann immer ganz fasziniert, wenn die Jungs den Kopf so zur Seite legen und irgendwas fällt dann raus… Überraschung! (lacht) Aber nun zurück zu deiner Frage…
Rhydian: Das ist eine schwere Frage! Ich meine, das ist einfach eine Obsession, die einen dazu bringt, dass man nicht mal mehr schlafen kann…
Ritzy: Man kann an nichts anderes mehr denken, man kann nicht stillstehen, bis man den Ohrwurm irgendwie los wird. Aber wie das geht, wissen wir nicht. Vielleicht hilft ja Valium und Rotwein! Aber das ist wohl auch unwahrscheinlich…
Rhydian: Wir haben einfach keine Heilung!
Interview und Fotos: Hella Wittenberg