Skott im Interview: Von Videogames zum Folk und wieder zurück

Die Newcomerin Skott kommt aus einem kleinen Dorf in Schweden. Sie liebt Videospiele und traditionelle Folkmusik, mit der sie groß geworden ist. Ihr Song „Porcelain“ ist Teil des „FIFA 17“ Soundtracks – damit wäre die Symbiose schon einmal perfekt. Gerade ist Skotts neue EP „Stay Off My Mind“ erschienen und wir haben die Gelegenheit genutzt, die junge Dame zu fragen, was sie in ihrer noch frischen Karriere schon alles erlebt hat und worauf wir uns in Zukunft von ihr freuen können.

Ich beobachte seit einer Weile was du so machst, du wirkst unglaublich umtriebig und aktiv.

Ja, ich glaube das bin ich. Ich bin noch relativ neu in der Branche und verkaufe keine großen Venues aus. Aber ich habe kleine Gruppen von Fans, die überall auf der Welt verteilt sind. Wenn ich auf Tour gehe, muss ich also kleine Shows an vielen verschiedenen Orten spielen. Das ist sehr cool. Es fasziniert mich immer noch, dass ich nach New York gehen kann und es gibt dort Leute, die mich kennen und zu meiner Show kommen. Das ist das coole am Internet und daran, wie es Musik unter die Leute bringt. In meiner Heimat Schweden geht es jetzt erst so langsam los. Dort habe ich noch nicht so viele Fans.

Das scheint aber ein bekanntes Phänomen zu sein. Ich habe schon oft von schwedischen Acts gehört, dass sie ihre Musik quasi hauptsächlich exportieren.

Das stimmt, es ist nicht ungewöhnlich.

Aber welche heimischen Acts sind denn dann in Schweden erfolgreich?

Ich glaube das sind mehr die großen, kommerziellen Acts. Zara Larsson zum Beispiel ist auch in Schweden sehr erfolgreich. Dann gibt es eine tolle junge Frau, Miriam Bryant, sie ist sehr erfolgreich in Schweden, dafür weniger außerhalb. Es ist lustig, wie unterschiedlich der Markt ist. Ich bin sehr froh, dass ich die Möglichkeit habe nach Deutschland zu kommen. Vor allem nach Berlin.

Aufgewachsen bist du ja eher ländlich.

Ja, ich bin in einem kleinen, sehr traditionellen Dorf aufgewachsen. Wir pflegen dort viele alte Traditionen. Dort in der Region ist zum Beispiel das Midsommar Fest geboren. In meiner Heimat ist es das größte Fest das wir feiern, größer als Weihnachten. Wir tragen unsere Trachten, jeder in unserem Dorf hat seine eigenen, besonderen Kostüme. Skott ist nicht nur mein Nachname, es ist auch der Name der Farm auf der ich aufgewachsen bin, sie befindet sich seit Generationen im Familienbesitz, soweit wir wissen über 400 Jahre. Es gibt ein Symbol für meine Familie und die Farm, auf der Farm werden zum Beispiel Gerätschaften damit gekennzeichnet. Ich trage es oft als Zeichnung auf der Haut. Ich liebe Körperkunst, auf meinen Pressebildern sieht man mich oft mit verschiedenen Zeichnungen. Es sind keine Tätowierungen, ich male sie immer wieder neu auf. Meine zwei Schwestern haben das Symbol richtig tätowiert. Ich zeichne es lieber und benutze es in meinem Artwork.

Und leben deine Eltern noch so richtig als Farmer?

Früher wurde die Farm bestellt, heute nicht mehr. Vor ungefähr 50 Jahren hat man mit dem Kartoffelanbau aufgehört. Meine Eltern überlegen aber tatsächlich, die Selbstversorgung wieder aufzunehmen. In vielen Blogs steht über mich ich wäre in einer Kommune aufgewachsen. Ganz so ist es nicht. Das Besondere für mich daran ist, dass es in meiner Heimat immer sehr um Folkmusik ging. Fast jeder dort spielt Geige oder Gitarre. Das hat eine lange Tradition. Wir gehen gemeinsam hinaus auf ein großes Feld oder in den Wald, trinken, essen, musizieren und tanzen gemeinsam. Die Leute tragen ihre traditionellen Trachten. Es ist wunderschön. Als ich dort aufgewachsen bin war es für mich völlig normal, erst heute realisiere ich, dass es wirklich etwas Besonderes ist und weiß es mehr zu schätzen.

Das ist auch ganz typisch, dass man die familiären Traditionen erst mit etwas Abstand zu schätzen weiß.

Oh ja, absolut. Damals habe ich eher dagegen rebelliert und mich lieber mit elektronischer Musik befasst. So weit wie möglich weg von der organischen Folkmusik. Aber am Ende ist das alles auch gar nicht so weit weg. Ich liebe Videospiele Soundtracks. Du würdest nicht glauben, wie Folk inspiriert diese Musik ist! Die Arrangements sind Computersounds, aber die Melodien sind viel klassischer als man denkt. Nur die Verpackung ist eine andere. Dafür habe ich angefangen mich zu interessieren als ich noch sehr jung war. Es ist ähnlich wie mit Filmsoundtracks, eine ganz besondere Kunst, wie man die Musik integriert und sie benutzt um auszudrücken, was gerade passiert. Eine zeitlang war das mein großer Traum, Songs für Videospiele zu schreiben. Ich habe heute hunderte von Songs, die ich in diesem Midi-Sound produziert habe. Als Teenager war das mein Hobby. Ich hatte auch Freunde, die damals sehr einfache Videospiele selbst programmiert haben, dazu konnte ich dann die Musik machen. Mit 15 habe ich von einem Nachbar ein Klavier bekommen und angefangen es mir selbst beizubringen. Damit ging es natürlich einher dass ich gelernt habe meine Stimme zu nutzen. Wenn man Geige spielt singt man nicht unbedingt dazu. Auf diese Weise habe ich gelernt, organische Songs zu schreiben und mich der klassischen Popmusik anzunähern.

Interessant, dass das dein ursprünglicher Ansatz war. Denn wenn man deine Musik heute hört wird deutlich, dass du akustische und elektronische Elemente sehr organisch verbindest.

Ja, so sehe ich das auch! Mir war das lange gar nicht so klar. Einer meiner Songs ist heute in einem FIFA Game zu hören. Mein Traum ist also wahr geworden, ein großer Meilenstein für mich.

Wie bist du dann dazu gekommen, deine Songs wirklich hinaus in die Welt zu schicken?

In Schweden gibt es eine ganz besondere Musikschule, weit oben im Norden, sehr isoliert. Die Philosophie dieser Schule ist, dass sie jedes Jahr eine Klasse von ungefähr 18 Schülern aufnehmen. Jeder von ihnen kriegt ein Studio und alles was sie den ganzen Tag tun ist Songs schreiben, aufnehmen und produzieren. Sie bringen dir nicht bei wie du es machen sollst, der einzige Unterricht den man hat sind Theoriestunden, darüber wie Plattenlabels und das Musikbusiness funktionieren. Das Geld, das sie an Lehrern sparen investieren sie darin, wichtige Leute aus der Musikindustrie einzufliegen und Künstler, die vorbei kommen und sagen, sie suchen einen bestimmten Song. Das war alles sehr real, sehr greifbar, wir haben 24 Stunden am Tag gearbeitet. Was ist motivierender für Studenten als das reale Leben kennenzulernen und nicht nur Hausaufgaben zu machen? Man lernt dort sehr viel voneinander, mit vielen meiner Freunde aus dieser Zeit arbeite ich heute immer noch. Als ich mich beworben habe, habe ich mich für einen 50/50 Studiengang eingeschrieben, Producing und Songwriting. Irgendwann habe ich mich fürs Songwriting entschieden, weil ich darin viel stärker bin. Ich habe gelernt, mir gute Produzenten zu suchen, die das besser können als ich. Ich bin aber immer im Raum wenn produziert wird.

Ich denke es ist eine große Qualität, seine eigenen Stärken erkennen zu können und auch zu lernen, Dinge abzugeben an Menschen, die dort wiederum ihre Stärken haben.

Absolut. Am Anfang will man alles selber machen. Aber man muss auch clever sein wenn es darum geht, seine Zeit einzuteilen. Die Dinge bewegen sich heutzutage immer schneller. Ich habe nicht alle Zeit der Welt, meine Songs zu schreiben. Ich muss wissen, wo ich am meisten gebraucht werde und wo ich mir Hilfe holen muss. Damit ich die Zeit habe, mich auf das zu konzentrieren, was ich am besten kann.

Das ist wirklich ein sehr überzeugendes Schulkonzept, von dem du da erzählst.

Ja, das ist es. Ich verdanke dieser Schule wirklich viel. Ich kam aus einem winzigen Dorf, hatte keinerlei Kontakte. Man muss Leute kennen, es ist ein toughes Business. Diese Schule hat es mir sehr leicht gemacht, Kontakte zu knüpfen und mich gleichzeitig auf das zu konzentrieren, was ich wirklich kann.

Seit wann bist du mit der Ausbildung fertig?

Seit ungefähr drei Jahren.

Das ist noch nicht besonders lange her. In der Zeit ist viel passiert!

Ja, ich bin sehr zufrieden damit, wie es bisher gelaufen ist.

Und was sind deine Pläne für die Zukunft?

Ich hoffe, dass ich 2018 mein erstes Album herausbringen kann. Es dauert alles ein bisschen, weil ich sehr beschäftigt mit Reisen und Auftritten bin.

Ich frage mich immer, wie man es schafft bei so einem Pensum die Energie aufrecht zu halten.

Es ist eine Herausforderung. Ich habe in letzter Zeit wirklich viele Shows gespielt, unter anderem im Vorprogramm von Mø. Die Balance zu finden ist sehr schwierig. Songs zu schreiben, im Studio zu sein, das ist meine Leidenschaft. Ich muss immer sehen, dass ich die Ruhe dafür finde. Und gleichzeitig ist es unglaublich befriedigend auf der Bühne zu stehen und zu performen. Irgendwann werde ich hoffentlich lernen, Songs auf Tour zu schreiben, das fällt mir noch schwer. Aber all das ist wunderbar. Ich liebe einfach, was ich tue!

Interview: Gabi Rudolph

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