„Monkey Man“ von Dev Patel: Gewalt ist nicht die Lösung

© 2024 Universal Pictures

Hanuman ist ein hinduistischer Gott in der Gestalt eines Affen. Wenn er durch die Luft fliegt, rauscht der Wind in den Bäumen. Hanuman hat zwar eine Stimme so laut wie Donner, kann Berge ausreißen und Wolken zerfetzen, eigentlich ist er aber von besonders gutmütiger Natur und sich seiner Kraft gar nicht bewusst. 

In Dev Patel’s neuem Film „Monkey Man“ erwartet man so einen Helden, stattdessen bekommt man einen armen Man aus den Slums, der, tief traumatisiert, seine ermordete Mutter rächen will. Dev Patel begann seine Karriere als Schauspieler mit „Slumdog Millionär“ und steht nun wieder als Protagonist vor der Kamera – diesmal allerdings in seinem eigenen Film. Das Drehbuch für sein Spielfilmdebut schrieb er mit Paul Angunawela und John Collee
In der fiktiven asiatischen Stadt Yatana versucht ein junger Mann, namens Kid sich mit illegalen Kämpfen durchzuschlagen. Er tritt dabei mit einer Affenmaske auf, das Gesicht des mutigen Gottes Hanuman, an den er sich aus den Geschichten seiner Mutter erinnert. Die Maske hilft ihm nur wenig; er wird regelmäßig zum blutigen Opfer seiner Gegner und gleichzeitig zum Gespött der Leute. Kid ist ein bemitleidenswerter Bursche, im Inneren zutiefst einsam und traumatisiert in einer Welt, die keine Gnade kennt. Seit er als Kind bei der Ermordung seiner Mutter zusehen musste, will er die verantwortlichen Offiziere tot sehen und so wird auch diese Geschichte zu einem Racheakt an der elitären Oberschicht. 

„Monkey Man“ spielt fast ausschließlich im Dunkeln der Nacht, in dreckigen Gassen und heruntergekommenen Gebäuden des Slums. In einigen Flashbacks reist Kid gedanklich zurück in seine Kindheit, die er mit seiner Mutter verbrachte. Es sind die einzigen Szenen, die gefüllt sind mit Licht und Farbe, im dichten Grün des Regenwaldes. Patel stellt diese Momente des vollkommenden Glücks szenisch in Kontrast mit der grausamen Welt, in der sich der nun-erwachsene Kid wiederfindet. 

Mit Mühe und Not schafft es Kid schließlich, sich beim Luxusclub der reichen Oberschicht als Küchenhilfe einzuschleusen. „In this city, the rich don’t see us as people”, „In dieser Stadt betrachten uns die Reichen nicht als Menschen“ – Immer wieder thematisiert Patel postkoloniale Machtstrukturen und sexualisierte Gewalt. Auf groteske Art werden dabei die Machtgefälle deutlich und welche Einflüsse sie auf das einzelne Schicksal haben. Nach einem gescheiterten Anschlag auf den Mörder seiner Mutter muss Kid schließlich fliehen – eine der spektakulärsten Verfolgungsszenen endet für ihn fast mit dem Tod, gerettet wird er von einem buddhistischen Mönch.
Es ist von Anfang an klar, dass Kid sich mit dem Affengott Hanuman identifiziert. Seine Geschichte ist der verzweifelte Versuch, diesem Vorbild zu entsprechen; ein Kampf gegen die Unterdrückung und die Suche nach innerer und äußerer Stärke. Sein Schicksal wendet sich, als er sich, von seinen Verletzungen erholt, in einem Kloster wiederfindet und mithilfe des Mönches den Weg zu sich selbst findet. 

Man möchte nun meinen, dass all die Gewalt an dieser Stelle ein Ende hat, denn sicherlich gibt es – neben Mord und Todschlag – auch vernünftigere Wege ein Trauma aufzuarbeiten. Der Film enttäuscht in diesem Punkt, da Kid sich plötzlich auf wundersame Weise in einen Super-Guru verwandelt und mit seiner neu-gewonnenen Stärke sein zweites Attentat plant. Es folgen dramatische Kampfszenen, in denen Kid fast überwältigt wird, jedoch stereotypisch im allerletzten Moment von seinen buddhistischen Freunden aus dem Kloster gerettet wird. 
Kids Verwandlung zum Kämpfer scheint nicht authentisch und auch die dargestellten religiösen Subkulturen werden inhaltlich nicht spezifiziert. Trotz der gut inszenierten Action-Szenen kommt das Ende viel zu schnell: Der Showdown findet statt im obersten Stock eines Penthouse-Apartments mit Blick über die Stadt. Es kommt zum heroischen Kampf – ein verzweifelter Waise gegen die Mächtigen der Welt.

„Monkey Man“ ist ein spektakulärer Actionfilm mit Tiefgang. So viel Anspannung und Emotion rauschen durch die Geschichte, ohne nur einen Moment zum Durchatmen. Patel überzeugt mit seiner Darstellung von sowohl Verletzlichkeit und Sensibilität, als auch überschwellendem Zorn; es sind alle Gefühle in einem Charakter vereint. Und trotzdem mangelt es dem Ende an Ernsthaftigkeit. Der Fokus liegt hier nicht mehr auf Kids Weg, sich selbst zu finden, vielmehr wird er als kämpferischer Held inszeniert, der er eigentlich nicht sein muss. Es geht um die Gewalt, und die Dramatik à la Hollywood, obwohl man manchmal einfach nur loslassen braucht, um Frieden mit sich selbst zu schließen. 

https://www.monkeyman.movie/watch-more/

„Monkey Man“ läuft ab dem 4. April 2024 in den deutschen Kinos.