Live gesehen: Wouter Hamel

Ich erinnere mich noch an mein erstes Wouter Hamel Konzert. Sein erstes internationales Album „Nobody’s Tune“ war noch nicht lange auf dem Markt und konnte mich beim Reinhören nicht ganz mitreißen. Auch den nur in seiner niederländischen Heimat erschienenen Alben schien etwas zu fehlen. Als er dann für einen Auftritt in meine Heimat kam, war ich im Vorfeld auch eher zurückhaltend. Doch an diesem Abend wurde für mich das Wort Musik neu definiert und mir wurde klar, dass die auf den Alben steril wirkenden Songs für die Bühne geschrieben wurden.
Wouter und seine Band, die bis auf den Pianisten auch heute in gleicher Besetzung besteht, schienen perfekt aufeinander abgestimmt zu sein und in zahlreichen folgenden Auftritten konnte ich immer wieder nur bewundern, wie jedes Mal die Songs leicht variiert wurden und immer wieder frischen Wind in seine Auftritte brachten. Bei der letzten niederländischen Theater-Tour brachte Wouter Hamel mit einer Wohnzimmerkulisse ein heimisches Feeling in den Saal.
Im Mai soll in Deutschland sein viertes Studioalbum „Pompadour“ erscheinen und bereits jetzt tourt er mit den neuen Songs in einer Theater-Tour durch die Niederlande. Die Neugierde genährt mit dem Wissen, dass sich Wouters Musikstil immer mehr aus dem ursprünglichen Jazz-Pop in Richtung Indie-Pop entwickelt, ergriff ich am vergangenen Donnerstag die Gelegenheit, mir im Stadttheater in Heerlen ein Bild vom neuen Wouter Hamel zu machen.
Gespielt wurden neben neuen Songs wie „Live a Little“, „The Lights“, „Never Trust a Man“ und „Pompadour“ bekannte Titel wie „Nobody’s Tune“, „Breezy“ und „When Morning Comes“. Dazu kamen Neuinterpretationen von Wouters Songs wie „See You Once Again“, „Useless Fraud“ und „Nobody’s Tune“.
Da ich selbst nicht so viel mit Jazz anfangen kann, gefällt mir die grundsätzliche Entwicklung die Wouter Hamel durchlebt hat und die neuen Songs sind Meisterklasse. Allerdings ist er nicht mehr der Wouter Hamel, dessen Musik ich schätzen und lieben gelernt habe. Der Kontrabass wurde leider vollkommen durch einen E-Bass ersetzt, das Piano wird durch Synthesizer unterstützt und die sonst schlichten Bühnenbilder sind nun einer Leinwand, mit teils eigens für den Hintergrund gemachten Clips oder Ausschnitten aus Videoclips zu Wouters früheren Songs, gewichen. Neuinterpretationen älterer Lieder können funktionieren, wie z.B. bei „Don’t Ask“, doch bei vielen anderen Songs sind die Änderungen zu weitgehend, abstrakt oder für Fans unpassend.
Wenn ich ausblende, was ich bisher von Wouter Hamel kannte und was ich erwartet hätte, war es ein sehr gelungener Abend und einen Besuch wert. Aber Fans, die Wouter wegen seinen jazzigen Songs und klassischer Instrumentenauswahl mochten, werden Probleme haben sich mit dem neuen Album anzufreunden. Auf dem Konzert selbst haben die ersten, die mit dem neuen Stil nichts anfangen konnten, bereits in der Pause versucht den Eintrittspreis zurückerstattet zu bekommen.
Auch wenn ich um den alten Wouter Hamel trauere, freue ich mich bereits auf die Veröffentlichung des neuen Albums. Wann genau im Mai „Pompadour“ in Deutschland erscheinen soll, ist derzeit noch nicht bekannt.

War dabei: Thorsten Müller

Fotos (c) Bianca Stommel