Interview mit The Joy Formidable

Die walisische Band The Joy Formidable hat im Januar ihr zweites Studioalbum „The Wolf’s Law“ auf den Markt gebracht und waren so nett, sich vor ihrem Konzert im Hamburger Knust mit mir zu einem kleinen Gespräch zu treffen. Die ganze Band, die aus Sängerin Ritzy Bryan, Bassist Rhydian Dafydd und Drummer Matt Thomas besteht, hatte sich netterweise für mich Zeit genommen, wobei letzterer, scheinbar noch etwas müde, seinen beiden Kollegen gänzlich das Wort überließ.

Seid ihr gut angekommen und hattet ein wenig Zeit euch die Stadt anzuschauen?

Ritzy: Leider nicht, wir sind gerade eben erst angekommen, aber vielleicht haben wir nach der Show noch etwas Zeit. Normalerweise versuchen wir immer die Stadt in der wir gerade spielen ein wenig kennenzulernen und etwas herumzulaufen.

Wie gefällt es euch denn in Deutschland?

Ritzy: Wir waren vor 2 Jahren schon einmal auf Tour hier. In Hamburg haben wir glaube ich im Molotow gespielt. Grundsätzlich finden wir es wirklich toll hier. Ein tolles, wirklich warmes Publikum; München war zum Beispiel ganz toll gestern. Die wussten dort wirklich ‚how to rock out‘.

Ach wirklich? Normalerweise wird uns Deutschen eher nachgesagt, wir würden nicht so richtig aus uns rauskommen.

Rhydian:  Das haben wir gar nicht so empfunden. Es variiert natürlich, sogar von einem Besuch in einer Stadt zum nächsten. In München haben wir gerade im Atomic Cafe gespielt und die Leute sind wirklich total mitgegangen, was beim letzten Mal als wir dort gespielt haben noch nicht so war. Damals haben die Leute noch etwas länger gebraucht, um aus sich herauszukommen.

Lasst uns über Euer neues Album  „The Wolf‘s Law“ reden. Was hat der Titel zu bedeuten?

Rhydian: Da geht es um viele verschiedene Dinge. Eigentlich ist das Wolffsche Gesetz  ein wissenschaftlicher Begriff dafür, wie Knochen sich an Stress gewöhnen. Das wurde schnell zu einem Thema, um das es auch in den Lyrics auf dem Album geht. Eine Verbindung zu sich selbst finden, eine Verbindung mit der Natur, spirituell gesehen, Beziehungen, ganz viele Dinge. Aber nicht nur das, da stecken auch einige unterbewusste Sachen mit drin. Wir haben eine Menge über Mythen und Folklore gelesen, wir kommen ja aus Nord Wales und das war immer ein wichtiger Teil von uns, ganz normal wenn man dort aufwächst. Alles in allem sind Tiere ja auch ein Symbol dafür, was so im persönlichen Leben passiert.  Den Wolf haben wir dann irgendwie übernommen und er wurde ein Symbol für all das, was wir auf dem Album erzählen.

Wo Du gerade von Tieren sprichst, auch in euren Booklet und im Artwork der Platte sind Tiere abgebildet, wirklich schöne Zeichnungen. Kennt ihr den Künstler persönlich und habt ihr einen besonderen Bezug zu ihm?

Ritzy: Ja absolut. Wir haben Martin Wittfooth in Brooklyn getroffen, wo er gerade dabei war eine neue Ausstellung mit dem Titel Empire zu eröffnen. Wir waren gerade im Entstehungsprozess des Albums und seine Arbeit hat uns wirklich gut gefallen, wir waren schon länger Fans seiner Kunst. Wir haben uns gegenseitig kreativ beflügelt, und so haben wir ihn gefragt, ob er nicht mit uns kooperieren und ein paar Bilder für das Album malen möchte. Er fand unsere Musik sehr inspirierend und interessant und so passte das wirklich gut zusammen. Das Visuelle war schon immer ein großer, wichtiger Part der Band, da muss beides zusammen passen.

Rhydian: Ja genau, das muss schon beides zusammen passen, harmonieren und eine Geschichte erzählen. Bilder, die überhaupt nichts aussagen und nicht zu unserer Musik passen, sind einfach nichts für uns.

Ritzy: Wir haben das Bild, das  auf dem Cover zu sehen ist, sogar gekauft. Es steht bei uns zu Hause in Nord Wales, da es riesengroß ist haben wir allerdings noch keinen passenden Platz gefunden wo wir es aufhängen können.

Rhydian: Wir sind auch zu einer Ausstellung von Martin nach LA gefahren und es ist wirklich was Besonderes, die Bilder in echt und im Licht erstrahlen zu sehen. Gar nicht so einfach dafür einen passenden Platz zu finden.

Ihr habt in Maine aufgenommen. Ich habe gelesen, dass euch die Umgebung und die Natur dort besonders gefallen haben, da sie euch an eure Heimat erinnern würde. Warum habt ihr dann nicht einfach in Wales aufgenommen?

Ritzy: Das passierte eher zufällig. Wir waren in Amerika auf Tour und hatten eine Woche frei. Wir haben die Songs geschrieben, als wir auf Tour waren und hatten so nur sehr wenig Zeit, diese auch zu proben. In der Nähe von Maine haben wir dann diese Hütte gefunden, das war nichts lang geplantes, wir haben uns einfach in diese Hütte verliebt. Das hat auch das Beste in uns  zu Tage gebracht. Wir waren nur eine Woche da und wussten, dass wir bald wieder weiter müssten. Es lag eine Menge Schnee, so konnten wir uns gut fokussieren, waren mal raus aus dem ganzen Trubel. Wir brauchten mal einen richtigen Kontrast zum Tourleben.  Das Schreiben neuer Songs fällt uns auf Tour wirklich leicht, aber wir brauchten mal ein bisschen Zeit uns zu konzentrieren, in der Einöde geht das wirklich gut.

Ihr seid ja momentan wirklich viel unterwegs. Letztes Jahr habt ihr als Supportact für Muse auf deren UK Tour gespielt. Wie war das, habt ihr etwas mitnehmen oder lernen können?

Rhydian: Naja, also wenn wir etwas von dieser Tour mitgenommen haben, dann wie man Leute richtig behandelt. Ich möchte nicht schlecht von Muse reden, da wir sie eigentlich nicht kennen gelernt haben. Wir waren zwei Wochen mir ihnen auf Tour und haben nicht einmal jeden aus der Band getroffen, was schon wirklich komisch ist. Eine Show war eben eine Show, wir haben ja auch vorher schon in großen Stadien gespielt, wie zum Beispiel mit den Foo Fighters und Paul McCartney. Egal ob es ein Stadion oder ein kleiner Club ist, wir geben auf jeder Bühne alles, wir haben weder vor großen noch vor kleinen Bühnen Angst.

Ritzy: Ich glaube es ist egal, wie groß und erfolgreich man als Band wird, es gibt da ein paar Dinge, die man nicht aus den Augen verlieren sollte. Immerhin macht man das ganze ja aus Liebe zur Musik. Wir haben Paul McCartney auf die Bühne gehen sehen und er ist da total in seinem Element, er macht wozu er berufen ist. Bei all dem ist es der Kontrast, wir haben viele große Bands gesehen und wie für einige die Musik immer noch das Wichtigste ist, wie für Paul, und immer noch dieses Wohlwollen anderen, kleineren Band gegenüber. Wir alle haben in dieser Industrie die Verantwortung und die Pflicht, junge Bands zu unterstützen. Wir suchen uns unsere Vorbands auch danach aus, wie sehr sie sich der Musik verschrieben haben.

Rhydian: Da haben wir auch das passende Beispiel. Als wir mit Paul McCartney gespielt haben, nur den einen Tag, kam er zu uns und reichte jedem von uns persönlich die Hand und sagte er würde sich freuen, uns kennen zu lernen. Und nachdem wir zwei Wochen mit Muse getourt sind, haben wir nicht einmal jeden aus der Band getroffen. Ich meine was sagt einem das?!

Ihr werdet ja diesen Sommer wieder einige Festivals spielen. Gibt es eins, auf das ihr euch schon besonders freut?

Ritzy: Wir sind eigentlich gerade noch dabei die Festivals zu bestätigen, bisher haben wir  glaube ich noch keins offiziell bestätigt. Wir versuchen gerade möglichst viele unter einen Hut zu bekommen, denn wir möchten dieses Jahr gerne mehr in Europa und vor allem in Deutschland spielen. Letztes Jahr waren wir beim Area 4 und eigentlich haben wir erst an der Oberfläche der europäischen Festivals gekratzt. Wir hatten auch eine gute Zeit bei Pukkelpop letztes Jahr, aber da gibt es noch so viele weitere  Festivals  auf denen wir gerne spielen würden. Wir mögen die Festivalsaison sehr, es ist zwar immer etwas chaotisch, dafür herrscht dort aber immer eine ganz besondere Atmosphäre.

Rhydian: Das ist wie beim Touren, wir würden gern so viele Festivals wie möglich spielen.

Ihr seid vor ein paar Wochen bei Letterman aufgetreten. Wie war das für euch, so TV Auftritte sind ja nochmal was ganz anderes als Konzerte, oder?

Ritzy: Ja das war schon ziemlich surreal. Aber wie gesagt, wenn wir auf die Bühne gehen, geben wir immer alles und man vergisst dabei sogar wo man gerade ist. Wir interagieren gerne mit dem Publikum und das ist da natürlich etwas schwerer. Aber ich glaube die besten Shows sind wirklich die, bei denen man sein Umfeld völlig vergisst und das ist auch dort passiert. Bei Letterman und Fallon, manchmal ist da nicht mal ein Publikum vor Ort und obwohl man es vermutet, wird das auch nicht alles live aufgezeichnet oder ist sogar schon super früh am Morgen. Ich erinnere mich nicht mal mehr genau an die Situation und das ist dann wohl wirklich ein gutes Zeichen (lacht).

Rhydian: Das ist schon wirklich eine coole Sache, aber wie ein Konzert ist es auf jeden Fall nicht.

Wie viele Songs habt ihr da gespielt?

Ritzy: Ein, zwei Songs, und die wollen die Songs immer sehr kurz haben, so um die drei Minuten und so kurze Lieder schreiben wir ja gar nicht. (lacht)

In einem Interview, das Ihr in Chicago gegeben habt habt ihr gesagt, dass ihr eine EP in walisischer Sprache aufnehmen wollt. Wie ist da denn der aktuelle Stand?

Ritzy: Das geht langsam voran, wir sind ja noch sehr beschäftigt mit der Tour. Aber wir werden die wohl diesen Sommer fertig stellen. Das ist ein faszinierendes Projekt für uns, denn Walisisch ist Rhydians erste und meine zweite Sprache. Die Herausforderung seine lyrische Stimme in der zweiten Sprache zu finden ist gar nicht mal so einfach. Es ist auch nicht das Erste was wir in Walisisch machen, wir haben schon mal ein paar Songs gespielt. Wir wollen vor allem, dass es etwas Echtes, etwas Natürliches wird. Es soll nicht nur ein Gimmick auf dem nächsten Album werden oder so, wir lieben Wales, wir kommen daher, sind da zur Schule gegangen, daher liegt uns dieses Projekt sehr am Herzen. Die Phonetik zum Deutschen ist auch sehr ähnlich, viele „krchh“ Laute, eine harte Sprache.

Man darf also gespannt sein, was in diesem Jahr noch so von The Joy Formidable  kommen wird. Ich freue mich schon, euch auf dem einen oder anderen Festival zu sehen und wünsche euch erst mal eine tolle Show. Vielen lieben Dank für das nette Gespräch!

Interview: Samira Szago