Welshly Arms, die Bluesrock Band aus Cleveland, bekannt geworden durch ihren Riesen-Hit „Legendary“, ist zurück! Im Gepäck haben sie ihr neues Album „No Place Is Home“, mit dem sie im Winter auch durch Deutschland touren. Mikey Gould, den Drummer des Sextetts, haben wir mit Sänger Sam Getz bereit letztes Jahr zum Interview getroffen. Dieses Mal spricht er mit uns über die deutsche Musikszene, die Faszination für 90er Jahre Playlists und den Entstehungsprozess der neuen Songs.
Seit unserem letzten Interview beim SWR3 New Pop Festival in Baden-Baden ist viel passiert: Ihr habt unzählige Gigs gespielt und seit einiger Zeit ist euer neues Album „No Place Is Home“ auf dem Markt. Wie habt ihr die letzten Monate erlebt?
Die Zeit war extrem aufregend und ist wie im Flug vergangen. Ich hatte bisher tatsächlich noch keine Möglichkeit, in Ruhe auf all das zurückzublicken. Wir sind im letzten Jahr unglaublich viel gereist. Während wir on the road waren haben wir Songs geschrieben und mit der Aufnahme unseres neuen Albums begonnen. Immer wenn wir mal einen Tag frei hatten, haben wir uns zu Hause im Studio eingeschlossen. Diese beiden Punkte, viel reisen und die Arbeit an „No Place Is Home“ – das war die letzten Monate unser berufliche Hauptfokus.
Seid ihr dieses Mal das Songwriting anders angegangen als bei euren vorherigen Alben?
Oh ja. Bei unseren letzten Alben sind wir immer alle zusammen in einem Raum zusammengesessen und haben dann einfach losgejammt. Oder ich hatte eine Drum-Idee und habe angefangen, einen bestimmten Rhythmus zu spielen. So sind unsere Songs damals entstanden. Dieses Mal ist das Songwriting ein bisschen fokussierter abgelaufen. Sam hat sich hingesetzt und eine Melodie ausgedacht und war sozusagen der Haupt-Ideengeber aller Songs. Ich finde, somit war es durch und durch ein sehr konsequentes Projekt.
Ist es euch schwergefallen zu entscheiden, welche der Songs es im Endeffekt aufs Album schaffen?
Von all unseren Alben ist es uns dieses Mal am schwersten gefallen, eine Entscheidung zu fällen. Wir haben einfach fast ein ganzes Jahr an den Songs gearbeitet und mussten am Ende aus 47 oder 30 Songs die besten 13 auswählen. Einige meiner Favoriten haben es leider nicht auf dieses Album geschafft, aber wer weiß, vielleicht veröffentlichen wir diese Songs ja zu einem späteren Zeitpunkt…
Was passiert denn generell mit den Songs, die den Cut nicht geschafft haben?
Wir finden eigentlich immer eine Verwendung für unsere Songs. Auch auf dem neuen Album finden sich ältere Elemente wieder: ein Gitarren Hook, eine Songzeile oder eine Melodie. Plötzlich fügen sich diese früheren Ideen perfekt in das Album ein.
„Legendary“ war ein riesen Hit. War es schwer für euch, nach diesem großen Erfolg neue Musik zu schreiben?
Es fällt uns eigentlich immer sehr leicht, Songs zu schreiben. Natürlich spürt man trotzdem stets den Druck, einen genauso guten, wenn nicht sogar besseren Song schreiben zu wollen. Aber ich glaube, es ist uns gelungen, diesen Gedanken während des Songwritings in eine Kiste zu verbannen. Wir haben uns gesagt: Lasst uns einfach ein Album schreiben, das uns selbst gefällt und wir uns auch selbst gerne anhören würden. Das hat uns sehr geholfen.
Wie zufrieden seid ihr denn mit dem ersten Reaktionen auf „No Place Is Home“?
Wir sind mehr als zufrieden. Die Leute scheinen das Album wirklich zu mögen und haben ihren Spaß daran. Etwas Schöneres kann es für uns gar nicht geben! Jeder hört ein Album in einer anderen Situation: Mit Kopfhören auf dem Bett, im Auto…Aber solange es den Leuten gefällt, bin ich happy.
Ich habe mir beim Durchhören des Albums gedacht, dass einige der Songs wie gemacht sind für die große Bühne. Schon auf der Platte haben sie unglaublich viel Energie.
Genau an dieser Umsetzung arbeiten wir gerade. Einige der Songs haben wir noch nie live gespielt und so probieren wir herum, was gut kommt und was wir lieber lassen sollten. Wer unsere Live-Shows kennt, der weiß, dass wir versuchen, die Songs live durch neue Elemente noch ein bisschen interessanter zu machen.
Hast du denn einen persönlichen Favoriten auf dem Album?
Ja, das hab ich. Wahrscheinlich würde dir jeder aus der Band bei dieser Frage einen anderen Song nennen. Mein Lieblingstrack ist eindeutig „Down To The River“. Diesen Song spielen wir schon seit anderthalb Jahren live, aber es gab bisher keine Studioaufnahme davon. Diese nun anhörenzu können, ist toll.
Wie seid ihr eigentlich auf den Albumtitel gekommen?
Bei „No Place Is Home“ handelt es sind um eine Songzeile aus „Legendary“. Im letzten Jahr waren wir wie bereits erwähnt ständig on the road und konnten nicht so oft nach Hause zurückkehren wie wir es uns gewünscht hätten. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen kitschig, aber es hat sich für uns bewahrheitet: Home is where the heart is. Auch wenn wir jeden Abend auf einer anderen Bühne spielen, wir sind als Band stark zusammengewachsen und fühlen uns wie eine zweite Familie. Wir sind sechs Bandmitglieder – und wenn es uns Abend für Abend gelingt, die Bühne zu unserem Zuhause zu machen, dann ist das ein großartiges Gefühl.
Wenn du eure bisherigen Auftritte Revue passieren lässt, an welches eurer Konzerte denkst du am liebsten zurück?
Vor einigen Jahren haben wir in Red Rocks in Colorado in den USA gespielt. Das war für mich ein wunderbares Erlebnis. Ich bin mit einer DVD eines U2 Konzerts, das in derselben Location aufgenommen wurde, aufgewachsen. Diese Atmosphäre in den Bergen ist einfach magisch und dort einmal selbst spielen zu dürfen war schon immer ein Traum von mir. Das werde ich niemals vergessen.
Was sind für dich die Zutaten, die einen guten Song ausmachen?
Oh, das ist eine spannende Frage. Ich glaube, jeder von uns würde auch diese Frage anders beantworten. Ich bin der Drummer in der Band, daher könnte ich jetzt sagen, mir ist es besonders wichtig, dass ein Song einen guten Groove hat. Aber im Grunde ist für mich das allerwichtigste eine gute Melodie. Wenn ein Popsong eine eingängige Hook hat, dann packt mich der Song.
Und auf welchen eurer Songs bist du demnach besonders stolz?
Das ist lustig, das hat mich tatsächlich noch nie jemand gefragt. Wahrscheinlich ist das für mich „Down To The River“ wegen seiner starken Botschaft und weil es gleichzeitig wahnsinnig viel Spaß macht, den Song live zu performen. Angefangen von den unglaublichen Background Vocals bis hin zum Groove stimmt einfach alles.
Ich finde diese starken Backing Vocals machen euch als Welshly Arms aus und heben euch von anderen Bands ab, die ähnliche Musik machen.
Ja, genau. Welshly Arms haben als Quartett begonnen. Als wir dann jedoch angefangen haben an unserem ersten Album zu arbeiten wurde uns bewusst, dass wir uns alle einen mehrschichtigen Klang wünschen. Bri und Jon haben die Songs zunächst nur im Studio eingesungen und das Ergebnis war mehr als zufriedenstellend. Sehr schnell haben wir uns dann überlegt, wie wir es schaffen, dieses Klangerlebnis mit auf die Bühne zu bringen. Und seit dem ersten gemeinsamen Liveauftritt sind die beiden nicht mehr wegzudenken.
Im November geht ihr hier in Deutschland auf Tour. Seid ihr schon aufgeregt und habt ihr schon eine Idee, wie die neuen Songs live klingen werden?
Oh ja, wir sind sehr aufgeregt. Wir spielen den ganzen Sommer über zahlreiche Auftritte, sodass sich unsere Setlist bis zur Tour im November wahrscheinlich noch ein paar Mal ändern wird. Wir haben gestern Abend zum ersten Mal darüber gesprochen, wie wir uns diese Tour vorstellen. Wir haben da schon ein paar Ideen und ich kann euch sagen, dass alle eine extrem gute Zeit haben werden.
Hast du irgendwelche heißen Musiktipps für uns?
Hmmm…Lass mich mal nachdenken. Um ehrlich zu sein hab ich in letzter Zeit mal dies, mal das gehört: Pusha T und Ariel Pink sind bei mir zum Beispiel hoch und runter gelaufen. Zudem habe ich vor kurzem den Film „Baby Driver“ geschaut und der Soundtrack ist klasse mit lauter Songs aus den 60er und 70er Jahren!
Also habt ihr keine Band Playlist, die ihr hört, wenn ihr gemeinsam im Bus oder Auto unterwegs seid?
Meistens ruhen wir uns auf der Fahrt alle aus, aber ich habe diese wirklich lange 90er RnB Playlist, die wir manchmal auflegen. Dann kann man gar nicht anders als sich zu bewegen und zu tanzen. Eigentlich hören wir immer 90er Songs, wenn wir zusammen Musik hören und da sind dann ziemlich schlimme Sachen dabei… (lacht)
Ihr habt in den letzten Monaten bereits sehr viel erreicht. Habt ihr noch immer musikalische Träume?
Ja, die haben wir. Es ist doch so: Man versucht sein ganzes Leben lang, einen bestimmten Punkt zu erreichen. Und wenn man dies dann geschafft hat, dann setzt man sich ein neues Ziel. Unsere Träume ändern sich. Wenn wir heute einen Venue ausverkaufen, dann wäre es doch schön, das nächste Mal eine noch größere Halle auszuverkaufen. Wir wollen unsere Musik einfach immer mehr Menschen zugänglich machen.
Habt ihr denn schon konkrete Pläne, bald an für euch neuen Orten Konzerte zu spielen?
Hmmm, also ich weiß, dass wir im November wieder in Deutschland sind und es könnte sein, dass wir davor noch an ein paar anderen Orten auftreten, angekündigt worden ist diesbezüglich noch nichts. Aber ich würde wahnsinnig gerne nach Schweden reisen. Auch Amsterdam steht bei mir hoch im Kurs; beim letzten Mal hatten wir leider nicht so viel Zeit, die Stadt zu erkunden… Wir sind glücklicherweise sehr häufig hier in Deutschland. Beim ersten Mal haben wir tatsächlich nicht viel gesehen, denn wir hatten viele Pressetermine und kaum Zeit für Sightseeing. Aber dieses Mal konnten wir die Städte, die wir besucht haben, ausgiebig erkunden und erleben, was sehr schön war.
Was hat euch denn am besten gefallen?
Ich liebe die Architektur hier, es gibt so viele alte Gebäude mit einer Geschichte. Das gibt es nicht in den USA. Dort ist alles neu, überall sind Hochhäuser. Das hat einfach nicht dasselbe Flair wie in Europa.
Du hast es schon erwähnt, ihr seid sehr viel in Deutschland unterwegs. Was für Eindrücke habt ihr von der deutschen Musikbranche bekommen?
Was wir davon mitbekommen haben, war sehr positiv. Wir waren vor einigen Monaten bei einer Award Show hier in Deutschland (Anm.: Radio Regenbogen Award) und haben auf der Aftershow Party viele deutsche Künstler kennengelernt und zusammen gefeiert: Nico Santos, Michael Patrick Kelly, Wincent Weiss… Alles supernette Typen, die auch noch coole Musik machen. Bisher haben wir also einen durch und durch positiven Eindruck von der deutschen Musikszene.
Vielen Dank für das Interview und bis November!
Welshly Arms live:
17.–19.08.2018 MS Dockville, Hamburg
20.08.2018 Zeltfestival Ruhr, Bochum
02.11.2018 Frankfurt, Zoom
03.11.2018 Zürich, Mascotte
04.11.2018 München, Strom
05.11.2018 Berlin, Bi Nuu
Foto: Peter Larson
www.welshlyarms.com/
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