Interview mit Kim Boekbinder, „The Impossible Girl“

Impossible+Girl+-+White+Trash+02Es war ein kalter Berliner Abend, als ich Kim Boekbinder zum Interview treffen durfte. Während wir noch gemeinschaftlich warteten, dass wir ins warme Drinnen kommen konnten, kam ein junger Mann zu uns. Als er hörte, dass Kim Musikerin ist, fragte er, was sie für Musik macht. Kim überlegte recht lang und versuchte, ihre Musik in Worten zu beschreiben.

„Die verschiedene Musikrichtungen passen zu den verschiedenen Themen, die ich ausdrücken will“, sagte Kim Boekbinder, als wir uns später nochmal darüber unterhielten, wie man ihre Musik kategorisieren könnte. „Es ist wirklich schwer für mich und ich weiß, dass es für die meisten Musiker schwer ist. Keiner will in dieser einen Schublade sein. Für mich ist es ein wenig frustrierend. Ich denke manchmal, dass ich gerne in einer Schublade wäre, aber ich weiß einfach nicht in welcher. […] Ich weiß nicht, wie ich meine Musik anderen Leuten beschreiben soll oder ob ich ihnen sagen soll, dass sie zu meiner Show kommen sollen, weil es Country ist oder weil es Rock ist – es ist einfach von allem etwas. Aber dann denke ich, wenn ich das sage, dann ist das auch verwirrend.“

Ich würde sagen, dass Kim eine Singer/Songwriterin ist und vom Prinzip her Rock macht – mal mit starkem Countryeinfluss („Sex, Drugs And Nuclear Science“), mal sind es kleine, süße Popstücke („More And More“). Es gibt epische Popsongs und kleine „Soundstücke“, die schon fast keine Songs mehr sind. Als ich sie live gesehen habe, war sie alleine auf der Bühne, sang in zwei Mikros  und ihre Songs klangen wie auf dem Album. Neben ihrer E-Gitarre spielt sie Perlenketten, einen quietsche Gummialligator, eine Melodica und benutzt allerlei Effekte, um ihre Songs langsam aufzubauen. Dazu singt sie mal glasklar, mal verrucht und alles dazwischen. Es ist sehr faszinierend, ihr bei den wunderbaren Shows zuzusehen.

Kim Boekbinder gehört mit zu jenen Musikerinnen, die alles selbst in die Hand nehmen – ihre Musik, ihr Management, das Buchen vonImpossible+Girl+-+White+Trash+01 Konzerten und alles was noch dazu gehört. Ihre Begründung ist ganz einfach: „Ich wollte meine Energie in meine Kunst stecken anstatt nach Leuten zu suchen, die mir helfen könnten. Ich denke, dass ich die richtigen Leute auch so finde. […] Ich denke, dass es besser ist, auf die richtige Person zu warten, als einfach irgend jemanden zu nehmen.“ Ob sie das alles manchmal in ihrer Kreativität limitiert? „Ja, sicher. Es gibt frustrierende Momente, aber ich verwende nicht zu viel Zeit darauf darüber nachzudenken, da die meisten Menschen nicht ständig kreativ sein können und ich sehr oft kreativ sein kann. Ich habe mein Leben so aufgebaut und es ist wirklich großartig.“

Das Leben, das sie sich aufgebaut hat, ist im Prinzip ein Zigeunerleben. Auf Facebook hat sie zum Beispiel fünf Städte als ihre Heimatstadt angegeben – New York, Berlin, New Orleans, Melbourne und San Francisco. „Ich ziehe viel umher und ich denke, dass wird in meiner Musik reflektiert. Und auch in meinen Videos. Da sind diese ganzen verschiedenen Stile drin und das ist gut. Das einzige Problem entsteht, wenn ich versuche es anderen zu erklären, wenn sie mich fragen, woher ich komme und welche Musik ich mache. Ich antworte dann: ‚Ich komme von mir und ich mache meine Musik.’“ Kim hat zwar einen Ort an dem sie ihre Sachen hat, aber dort ist sie das letzte Mal vor einem Jahr für ein paar Monate gewesen.

Ein Song ihres Albums „The Impossible Girl“ zeigt das besonders. „Big Easy“ ist ein sehr trauriger Song über New Orleans und spiegelt ihre Traurigkeit wider, als sie das erste Mal auf wiedersehen sagte. „Ich war sehr traurig, als ich New Orleans verließ. Ich war für einen Monat dort und dachte damals, dass ich dort leben wollte. Ich denke, es gibt eine Traurigkeit in der Stadt wegen all den Sachen, die sie durchleben musste und wie hart das Leben dort für die Menschen ist, auch ohne die Ölkatastrophe und die Hurrikans. Es gibt dort eine Menge Armut, aber es gibt dort auch diese verblüffende Kreativität und diese Vielfalt. Ich denke, ein Grund für die Schönheit New Orleans ist, dass es sehr lange Zeit arm war. Die Menschen hatten kein Geld, um alles in Ordnung zu bringen und es wie Neu aussehen zulassen und es damit gleichzeitig zu ruinieren.“

Die Musik, die Kim Boekbinder schreibt, kommt aus ihrem Herzen wie dieser Song zeigt. Auf dem ganzen Albumlässt sich das heraus hören. Produziert wurde „The Impossible Girl“ übrigens von Sean Slade, der unter anderem auch The Dresden Dolls, Radiohead und Hole produziert hat.

ImpossibleGirlDas Album hat Kim Boekbinder sozusagen geviertelt. „Weil es 18 Songs sind und das viel Musik auf einmal ist. Ich wollte nicht, dass einige Songs unter anderen begraben werden. Ich dachte, wenn ich es aufteile und man nur vier Songs anhört, dann ist man nicht von irgendeinem genervt und man kann den einzelnen Songs mehr Aufmerksamkeit entgegen bringen. Ich wollte, dass sie alle gehört werden.“ Der vierte Teil und damit das komplette Album „The Impossible Girl“ von Kim Boekbinder erscheint am 15. Dezember über ihre Webseite www.kimboekbinder.com. Es gibt schon jetzt dort die ersten drei Kapitel des Album zu hören und zu kaufen, aber die komplette CD zum Anfassen, inklusive großartigem Artwork gibt es erst mit dem vierten Kapitel.

Zum Schluss noch eines der zehn Videos, die Kim für ihre Songs aufgenommen hat. Es ist ein Video, das sie selber auch liebt – zugegeben, sie liebt alle ihre Videos und hat mit Jim Batt und Brianna Olsen zwei großartige Regisseure gefunden. Beide besitzen das Talent, selbst mit kleinem Budget wunderbare Videos zu kreieren. Viel Spaß bei „Impossible Girl #2“:

Interview: Dörte Heilewelt

Fotos (c) Jim Batt @ White Trash, Berlin

https://www.theimpossiblegirl.com

https://www.kimboekbinder.com/