Interview mit Kid Kopphausen, Teil 2

Nachdem uns Gisbert zu Knyphausen und Nils Koppruch alias Kid Kopphausen in Teil 1 unseres Interviews bereits Rede und Antwort dazu standen, wer die beiden überhaupt sind, wie es zu all dem überhaupt kam, was euch im Album „I“ erwartet und was die beiden von dem Begriff „kauzig“ halten (hier entlang zum vollständigen Interview), könnt ihr euch nun auf Teil 2 freuen. Hier beschäftigen wir uns mit dem Ablauf des Produktionsprozesses und wie sich die gemeinsame Zusammenarbeit gestaltete.

Wie sah euer Schreibprozess aus? Wie habt ihr zusammen geschrieben, wie kann man sich das vorstellen?

Gisbert: Zum Teil haben wir in einem Raum gesessen und an Texten zusammen geschrieben, und versucht, unsere beiden Texterköpfe so zusammen zu kriegen, dass man gemeinsam so einen Text sinnvoll irgendwo hinführen kann.

Nils: Synchron quasi. Zeit ist bei sowas ausschlaggebend, weil Leute ja in einer unterschiedlichen Geschwindigkeit denken, assoziieren. Also wo man tatsächlich nebeneinander sitzt, synchron. Nicht zeitversetzt: Ich habe etwas, gebe das Gisbert, er kann sich dann damit beschäftigen und gibt mir das dann zurück. Sondern es gab Situationen, wo wir gleichzeitig nebeneinander gesessen haben und an etwas gearbeitet haben.

Gisbert: Aber auch, dass für einen Song einer von uns der Hauptschreiber gewesen ist und der andere Feedback und einzelne Sachen ergänzt hat. Also es lief jetzt nicht so ab, dass wir immer in einem Raum gesessen haben und zusammen alle Texte gleichzeitig quasi in einem Raum geschrieben haben, sondern es lief auch viel über E-Mail-Austausch, dass wir uns gegenseitig Kommentare schreiben und hinterfragen: „Wieso hat er jetzt diesen Satz geschrieben? Was willst du damit sagen?“

Wie kann man sich euren Schaffensprozess generell vorstellen? Wie lief das neben dem Schreiben bei euch sonst noch ab? Wie seid ihr an die Sache herangegangen?

Gisbert: So eine Zusammenarbeit unterscheidet sich ja riesig von dem, wie ich an meine eigenen Platten herangehen würde. Also vor allem bei den Texten lasse ich ja normalerweise keinen da ran. Da lasse ich keinem einen Einblick gewähren in meinen Textprozess. Wenn man aber als zwei verschiedene Songwriter sagt, wir wollen zusammen eine Band machen und Songs zusammen schreiben, muss man ja versuchen, sich zu öffnen. Und ihn zuzulassen und ihm zu zeigen, wie ich texte und dass er mir zeigt, wie er textet. Es läuft viel über darüber reden und Austausch.

Und Vertrauen?

Gisbert: Ja, man muss erst mal das Vertrauen aufbauen.

Nils: Irgendwann haben wir uns dazu entschieden, dass es ein Band sein soll und dass wir Musiker dazu haben wollen und auch nicht die unbedingte Hoheit darüber, was ab dem Punkt, wo die Songs geschrieben sind, weiter passiert. Sondern dass die Band Einfluss nehmen kann, dass man zusammen Musik macht und zulässt: Das hier ist der Song, was kann man daraus machen? Man kann es in 3/4 und 4/4 spielen, man kann es schnell oder langsam spielen. Da haben wir ganz viel Platz gelassen für die Band. Und dann haben wir im letzten Herbst angefangen zu proben. Genau, dann haben wir geprobt und geprobt, bis wir dann ins Studio gegangen sind. Gute Ideen verworfen, die schlechten behalten.

Gab es mal längere Diskussionen wegen der Texte?

Gisbert: Nein, das ging relativ angenehm, wir haben uns nie gestritten, oder so.

Generell nicht, also auch bei der gesamten Produktion nicht? Oder gab es irgendeine Form von Konflikten, die ihr bewältigen musstet?

Gisbert: Kaum, also nicht der Rede wert zumindest.

In welchen Punkten seid ihr euch musikalisch wie persönlich ähnlich?

Nils: Wir haben einen ähnlichen Musikgeschmack, glaube ich.

Gisbert: Ja, das stimmt!

Und wie sieht es bei eurer eigenen Musikalität aus? Wo seht ihr da Ähnlichkeiten?

Nils: Ich glaube, das Ähnlichste ist erst mal das Instrument, für das man sich entschieden hat. Das sagt ja auch was aus. Er spielt Gitarre, ich spiele Gitarre.

Gisbert: Ich glaube, wir haben ja beide auch schon ein bisschen eine Vorliebe für Folkpicking-Gitarren. Das kommt ja in meinen Liedern vor, (zu Nils) das kommt auf deinen Platten vor. So ein bisschen diese von amerikanischen Songwritern beeinflusste Musik.

Nils: Ich glaube, wir sind beide neugierig. Im Sinne von Sachen ausprobieren, nach etwas zu suchen, nicht stehenbleiben zu wollen, auch als Künstler. Also zu sagen, ok, ich habe jetzt hier die Formel gefunden, ich weiß ja, das verkauft sich ganz gut. Oder ich habe einen ausschließlichen Geschmack für Bebop-Musik, jetzt möchte ich nur Bebop-Musik spielen. Sondern es geht eher darum, auch immer eigene Grenzen zu erweitern und eine Herausforderung zu suchen in dem, was man tut.

Gisbert: Und natürlich eine Vorliebe für Musik, bei der Fehler passieren dürfen. Wir haben ja die Platte zum Beispiel möglichst viel live aufgenommen. Wir waren uns schnell einig, dass wir keine radiotaugliche Pop-Platte machen wollen, sondern, dass da schon was Raues drauf sein darf. Fehler, ein bisschen Dreck. Diese Vorliebe teilen wir.

Nils: Dass man die Vorstellung haben kann, wenn man sich das anhört, dass da Leute wirklich zusammen in einem Raum gestanden haben und Musik gemacht haben und dass das bis auf Kleinigkeiten Momentaufnahmen sind, die du da hörst. Ich habe auch schon Platten aufgenommen, wo sehr viel geschichtet wird und du nimmst zuerst den Musiker auf, dann den nächsten. Also dass es was organisches hat und dass man hört, dass da Leute zusammen Musik machen mit all ihren Schwächen und mit ihren …

… Ecken und Kanten.

Gisbert: Ja, genau!

Was habt ihr aus dieser Zusammenarbeit für euch herausgezogen?

Gisbert: Das ist immer so schwierig, zu benennen.
Nils: Eine schöne Zeit habe ich da herausgezogen bisher.

Gisbert: Ja, genau! Es hat sehr viel Spaß gemacht, mit all den Menschen zusammenzuarbeiten. Und ich finde einfach den ganzen Prozess sau interessant. Mit einem Typen wie Nils zusammenzuarbeiten, der im Prinzip ja in seinen eigenen Songs einen recht anderen Ansatz hat, beim Texten zumindest. Ich glaube, beim Texten unterscheiden wir uns am meisten. Da mal so reinzukriechen in den Kopf. Sich auszutauschen mit jemandem über so einen langen Zeitraum. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man das als Singer-Songwriter macht. Also man lernt natürlich viel Leute kennen, die auch Musik schreiben und tauscht sich aus, aber dann zu sagen, man macht eine gemeinsame Platte, da gibt es ja sau viel zu lernen. Seine Art, die Welt anzugucken und die Musik anzugucken.

 

Was glaubt ihr, wie sich eure Fans entwickeln werden? Ob es vielleicht eine spezifische Kid-Kopphausen-Fanbase geben könnte, die sich aus euren eigenen Fans zusammensetzt?

Gisbert: Ich bin gespannt, also ich kann die Frage noch nicht beantworten.

Nils: Eigentlich spielt das keine große Rolle, also ich mache mir da gar keine Gedanken drüber. Ich glaube, das werden Menschen sein.

Ihr habt aber schon die Hoffnung, dass es auch Leute hören?

Nils: Natürlich, die Hoffnung hast du als Künstler immer, dass sie am besten noch klatschen nebenbei, das wäre das schönste ehrlich gesagt. (lacht)

Was und wen wolltet ihr denn mit dem Album erreichen?

Nils: Die Frage habe ich quasi auch damit beantwortet. Es gibt keine Idee. Ich bin da echt sehr egozentrisch, ich will eigentlich immer nur mich erreichen. (lacht)

Gisbert: Man macht sich ja meistens nicht so Gedanken darum, wen man erreichen will, sondern man hofft darauf, dass Leute das toll finden, dass sie den Enthusiasmus teilen, den man selbst hatte im Schaffensprozess und beim Live spielen. Und was wir damit erreichen wollten? Eigentlich tatsächlich nur eine gelungene Zusammenarbeit und etwas, das sich unterscheidet von dem, was ich normalerweise mache und was er normalerweise macht. Also zumindest, dass in der Zusammenarbeit etwas Neues entsteht. Das war unser Ziel.

Nils: Ich weiß, es ist total üblich, dass so gedacht wird. Also jetzt nicht von dir, aber dass die Idee da ist, dass man sich hinsetzt und man überlegt sich, ok, was möchte ich gern für ein Publikum damit erreichen? Aber das ist ja so eine Idee aus so einem Industrie- und Kapitalismuskonzept. So funktioniert das leider nicht. In den Fällen, die man an der Oberfläche sehen kann, egal ob in der Musik oder in den Medien, wird so viel „Kunst“ gemacht, die zur Bedürfnisbefriedigung da ist. Ok, da ist die Zielgruppe, dafür erarbeite ich das und das. Oder da sind die Leute, denen ich was sagen möchte, denen sage ich was. Und ich glaube, auch wenn ich mir die Landschaft so angucke, hier sind wir zwei Leute, was sicherlich auch der Grund ist, warum wir was zusammen machen, die eher sagen: Ok, ich mach hier was, vielleicht findet sich jemand, der das gut findet, vielleicht aber auch nicht. Und wenn jemand da ist, der das gut findet, oder vielleicht sogar noch viele Leute, dann ist das toll, aber es ist nicht die Idee davon, ok, ich mache die Frisur, die bestellt worden ist, oder wo ich weiß, da ist eine Nachfrage da. Am besten schaffen wir die Nachfrage jetzt erst. (lacht)

 Wie soll es mit euch weitergehen?

Nils: Das Übliche: 3 Jahre, Scheidung, Sorgerechtsstreitigkeiten. (beide lachen)

Gisbert: Wir spielen erst mal viele Konzerte zusammen, mit den Jungs, die da auch mitgespielt haben. Und danach irgendwann werde ich erst mal wieder eine eigene Gisbert-Knyphausen-Platte mit meiner Band machen und Nils wird sein Projekt machen. Und dann kommen wir irgendwann hoffentlich wieder darauf zurück.

Noch zwei abschließende Fragen: Mit welchem berühmten Duo könnte man euch am ehesten vergleichen?

Gisbert: Mit Ernie und Bert … nein. Also musikalische Duos weiß ich nicht, da gibt es ja leider auch nicht so viele, die irgendwie vergleichbar sind. Weil wir so unnachahmlich sind. (beide lachen)

Nils: Wie hießen die noch? Diese Kid-Kopphausen-Typen? (beide lachen)

Gisbert: Wir haben auch mal darüber nachgedacht, während der Arbeit, was es eigentlich so gibt an Beispielen von zwei Songwritern, die sich zusammen getan haben, um eine Band zu formen.

Nils: Auf so viele sind wir nicht gekommen.
Gisbert: Ja, es gibt natürlich die berühmtesten, aber mit denen will man sich ja nicht vergleichen, Lennon und McCartney, oder Johnny Cash und Bob Dylan.

Mit wem, ob Musiker oder nicht, würdet Ihr gern mal zusammenarbeiten?

Nils: Da muss ich überlegen, meine Bedürfnisse an Zusammenarbeit sind gerade befriedigt.

Gisbert: Weil ich ein riesengroßer Bright Eyes Fan bin, hätte ich Bock, mal mit dem Mike Mogis zusammenzuarbeiten. Der Kopf hinter den, also nicht hinter den Songs, aber hinter den Aufnahmen des Ganzen, der musikalischen Ausarbeitung. Den finde ich toll. Der kann glaube ich alles mögliche spielen. Ich glaube, ich hätte einfach Lust, mit dem mal eine Platte zu machen. Fällt mir gerade so spontan ein.

Nils: Ich habe eigentlich gerade keine Träume in der Richtung.

Gisbert: Ich werde mit dem Olli Schulz mal eine HipHop-Platte machen. (lacht)

Das wars dann auch. Vielen Dank für das nette Gespräch!

Nils: Gleichfalls!

Gisbert: Sehr gerne! Danke für das Interesse!

 Interview: Anja Gebhardt