Interview mit Bernhoft

Jarle Bernhoft aus Norwegen, ist Gitarrist, Pianist, Sänger und auf der Bühne seine eigene komplette Band. Letzteres merkt man schnell, wenn man sich länger mit ihm unterhält. Wenn er nicht weiß, wie er etwas erklären soll, singt er es. Ständig klopft er einen Rhythmus oder erheitert dich zwischendrin mit einer kleinen Melodie. Ungefähr nach der Hälfte des Gespräches, nachdem er mir Essen und Trinken angeboten hat, streckt er sich auf dem Sofa aus und bestreitet den Rest des Interviews liegend. „Das ist sehr gemütlich mit dir,“ schmeichelt er mir. Kann ich nur zurück geben. Bernhoft ist entspannt, lustig und voller Inspiration. Aber lest selbst.

Beschreibe dich selber mit drei Fakten, die dir spontan in den Sinn kommen.

Ich bin farbenblind und nehme Perspektiven gestört wahr. Ich habe Klavier spielen nur auf den schwarzen Tasten gelernt, weil ich den Unterschied zwischen schwarz und weiß besser wahrnehmen kann. Und ich kann sehr schnell schwimmen.

Du spielst Klavier nur auf den schwarzen Tasten? Heute noch?

Inzwischen nutze ich hier und da auch die weißen, aber gelernt habe ich es nur auf den schwarzen. Außerdem klingt es immer gut, wenn man sich an die schwarzen hält (lacht). Eigentlich bin ich auch eher Gitarrist. Ich habe mit 12 angefangen Gitarre zu spielen.

Und wie bist du darauf gekommen, alles auf der Bühne allein zu machen?

Früher, als ich noch in Bands gespielt habe, habe ich mir immer Gedanken darüber gemacht, wie ich fand, dass der Gesang sich anhören sollte. Das kam oft gar nicht so gut an (lacht). Es hat mich aber nicht los gelassen, und so bin ich selbst Sänger geworden. Erst seit ein paar Jahren würde ich mich als Sänger bezeichnen und nicht als Gitarrist, der ab und zu auch singt. Eine Zeit lang war ich in einer Rockband, die so medium erfolgreich war. Als das vorbei war, wollte ich eigentlich etwas Vernünftiges machen, studieren und Lehrer werden. Aber es war ganz schön hart, die Finger davon zu lassen – Musik machen ist eine mächtige Droge! Es ging immer so hin und her. Ich hatte eine Band, dann hat sich das zerschlagen, ich war pleite und habe wieder von vorne angefangen. Irgendwann habe ich mir gedacht okay, ich kann mich alleine mit meiner Gitarre auf die Bühne stellen und fünfzig Minuten lang langweilig sein oder ich versuche, mich selber zu vervielfältigen. Und ich habe diese Hybrid Bass Gitarre, die ich so benutzen kann, dass sie wie Drums klingt. So kann ich quasi alles machen. Ich mag es, die Grenzen dessen auszuloten, was ich alleine auf der Bühne machen kann.

Ist es nicht seltsam, so eine energetische Live Show ganz allein zu machen? Wie ist das, wenn man völlig euphorisiert von der Bühne kommt und niemand klopft einem auf die Schulter?

Genau! (imitiert wie er sich selbst auf die Schulter klopft) Ich beziehe einfach mein Publikum sehr mit ein. Das ist das Coole daran, wenn man allein spielt ist, dass die Entfernung zum Publikum sehr schwindet. Es ist fast wie eine Konversation zwischen mir und dem Publikum. Es kommt darauf an wie müde ich bin, aber meistens gehe ich nach 15 Minuten raus und spreche mit den Leuten. Sie sind meine Band! Und der Grund warum ich hier bin.

Macht es dich nervös, dass es eine wichtige technische Seite deiner Bühnenshow gibt, auf die du dich verlassen können musst?

Nein, eigentlich nicht. Ich bin mit einem sehr versierten Techniker unterwegs. Wenn etwas schief geht, was ab und zu passiert, kann er das innerhalb von zwei Songs reparieren. Und im Notfall könnte ich wahrscheinlich immer noch ein komplettes Konzert nur mit Akustikgitarre spielen. Die Leute kommen doch, um diese Zirkus Freak Show zu sehen, da ist auch mal Platz für Fehler. Neulich ist bei einem Konzert die Gitarre gestorben. Wir haben sie ganz stilvoll beerdigt. Mit der Bass Guitar Hybrid, das ist eher eine sehr fragile Sache. Ich kenne nur zwei Bassgitarren, die so funktionieren, die eine ist immer bei mir, die andere Zuhause in New York. Ganz ehrlich, wenn da etwas schief geht, da wüsste ich nicht so recht was ich tun soll…

Richtig spannend finde ich wird es ja erst, wenn jemand wie du so gut mit den Loop Pedalen umgeht, dass man als Zuseher gar nicht wirklich merkt, was er da genau machst und wo diese vielen verschiedenen Sounds plötzlich her kommen.

Es ist quasi wie Auto fahren. Wenn du jedes mal auf deine Füße guckst wenn du auf die Bremse trittst, kannst du nicht auf den Verkehr achten. Es ist ja auch normal, dass du mit jemandem sprichst, während du Auto fährst. Man muss einfach genau beherrschen, was man tut. Niemand will sehen, wie jemand den ganzen Abend lang auf seine Füße guckt.

Wie ist es, wenn du im Studio bist? Dort machst du ja nicht alles allein, oder?

Im Studio möchte man so viele verschieden Soundqualitäten wie möglich ausprobieren und die Möglichkeit nutzen, mit möglichst vielen Menschen Musik zu machen. Dieses ganze Solo Live Ding ist nur eine Übersetzung dessen, was ich eigentlich mache. Das ganze Set-Up basiert ja auch auf dem visuellen Askept, aufgenommen würde das relativ langweilig klingen. Es ist gut, wenn man sich selber Limitierungen setzt, aber ab und zu muss man auch frei sein. Im Studio kann ich das sein.

Dann ist es sozusagen ein Kreislauf, in dem deine Songs sich bewegen? Du schreibst sie, nimmst sie mit allen dir zur Verfügung stehenden Mitteln im Studio auf und reduzierst sie dann wieder für die Bühne?

Ja, das könnte man so sagen. Wobei… ich schreibe nicht so gerne Songs, indem ich ein paar Akkorde nehme und darüber dann einen Text mit ganz oft „love“ drin (stimmt spontan ein Beispiel an). Meine Songs entstehen meistens aus kleinen, rhythmischen Mustern. In meinem Kopf sind sie aber schon voll orchestriert. Also starten sie eigentlich doch nicht wie kleine Fragmente. Das Schreiben und die Umsetzung im Studio ist also eher der gleiche Prozess. Dann muss ich sehen, wie viel ich allein aus den Songs raus holen kann. Auf meinem neuen Album sind Songs, von denen ich immer noch nicht weiß, wie ich sie auf der Bühne umsetzen soll.

Du bist kürzlich von Norwegen in die USA gezogen, lebst jetzt in New York. Was hat dich zu diesem Schritt veranlasst?

Ich glaube, dass meine Musik eigentlich sehr kompatibel für den amerikanischen Markt ist. Also dachte ich, wenn sie dort funktioniert, ist das ein Zeichen, dass sie gut ist. Ich war dort auf Tour und es war wirklich großartig. Dann kam ich zurück nach Norwegen, habe hier eine Show gespielt und die Reaktionen waren… hm… na ja. Als die Überlegung im Raum stand, musste man mich also nicht groß überreden. Wenn sich einem so eine Chance bietet, darf man nicht lange drüber nach denken. Man macht es am besten sofort – oder in zwanzig Jahren, wenn die Kinder aus dem Haus sind (lacht).

Interview: Gabi Rudolph

Im Herbst kann man Bernhoft an folgenden Terminen wieder live erleben:

17. November 2014 Frankfurt, Batschkapp,
18. November 2014 München, Muffathalle
19. November 2014 Stuttgart, Mozartsaal

Und hier erfahrt ihr, wie ihr ein Exemplar der Deluxe Edition des aktuellen Albums „Islander“ gewinnen könnt!

www.bernhoft.org