Indigo De Souza ist zum ersten Mal in Berlin und findet es, wie sie selbst sagt, ein bisschen seltsam, eine Stadt auf diese Weise kennenzulernen: in einem Raum mit Menschen, die sie nicht kennt, die im Gegenzug aber so viel über sie wissen. Denn die Amerikanerin gibt in ihrem Songs, die sich irgendwo zwischen quirky Pop und Gitarren getriebenem Indie-Rock ihren eigenen Raum schaffen, viel von sich preis. Sie singt über die nicht immer leichte Liebe zu ihrer Mutter („I Love My Mom“ heißt ihr 2018 erschienenes Debütalbum), über abwesende Väter, romantische Beziehungen und die Wunden, die sie hinterlassen können und vor allem über die größte Liebe und gleichzeitig oftmals den ärgsten Feind, das eigene Ich. Sie seziert Momente ihres Lebens mit Scharfsinn, Selbstkritik und zum Glück auch genauso oft mit Liebe und Dankbarkeit.
Damit, das ist an diesem Abend, an dem Indigo De Souza im gut gefüllten Privatclub ihr erstes Berlin-Konzert spielt, deutlich spürbar, gehört sie zu den Künstler*innen, die sich nicht nur eine Zuhörerschaft aufbauen, sondern eine Art eigener Community. Irgendwie einträchtig wirken die zum Großteil jungen, bunt zusammengewürfelten Menschen, wie sie den Geschichten De Souzas lauschen, zu hitverdächtigen Songs wie „Smog“ tanzen und die Mähnen zu den rockigeren Nummern wie „Wasting Your Time“ schütteln. De Souzas Set liefert viele Identifikationsmöglichkeiten, sie vermittelt das Gefühl gehört zu werden, und ihr Publikum dankt es ihr unter anderem damit, dass so gut wie überhaupt keine Handys in der Luft zu sehen sind.
Besonders stark sind aber die Momente, in denen die Emotion ungefiltert im Vordergrund steht. „Younger & Dumber“, die Single, mit der Indigo De Souza Anfang des Jahres ihr drittes Album „All Of This Will End“ ankündigte, ist so eine wunderschöne, ehrliche Ballade, man kann nur vor Liebe vergehen, wenn sie die singt und ganz nebenbei über ihre gesanglichen Fähigkeiten staunen. Und außerdem ist da noch ihre tolle, dreiköpfige Band, die sie mit großer Spielfreude begleitet und deren Mitglieder alle ihren eigenen Charakter zur Show beitragen.
Es war Indigo De Souzas erstes Konzert in Berlin, aber hoffentlich (und bestimmt) nicht ihr letztes. Ob es dann wieder so etwas wie der kuschelig schwitzige Privatclub wird. bleibt abzuwarten.
Fotos © Tessa Camilla Schlese