Am 22. April erscheint Yael Naims neues Album „She Was A Boy“.
Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. TV-Sender und Label pushen ihre Künstler in kürzester Zeit an die Spitze und schlachten den höchstens ein Album andauernden Trend exzessiv aus. Persönliche Schicksale bleiben nicht selten auf der Strecke und fallen diesem menschlichen Mahlwerk zum Opfer. Subsistenzielle Arbeit und der vorsichtige Aufbau eines Künstler, sind auf diesem Markt oft nicht mehr als ein Fremdwort. Yael Naim ist eines dieser Opfer (gewesen). Aufgewachsen in Israel, zieht die klassisch ausgebildete Musikerin nach Paris und wird bereits bei ihrem ersten Konzert gesichtet und unter Vertrag genommen. Die Plattenfirma will um jeden Preis einen Star aus ihr machen. Das Konzept geht nicht auf. 2003 folgt eine vierjährige Durststrecke, in der sie neben ihrem Freund auch den Glauben an sich und die Authentizität ihrer Musik verliert.
Das Glück findet in Gestalt des Percussionisten David Donatien den Weg zurück zu ihr. Ein inspirierender Wendepunkt. Er befreit sie von Druck und innerer Befangenheit und motiviert Yael Naim zu neuen Höhenflügen. Gemeinsam arbeiten sie an neuem Material. Das französische independent Label Tot ou Tard nimmt sich ihrer an und veröffentlicht das englisch-hebräische Balladen-Potpourri „Yael Naim“. Lebensfreude, Wiedergeburt und der natürliche Reifeprozess der Arrangements sind förmlich greifbar. Yael Naim streckt den Mittelfinger raus. Dem Spirit dieses Albums wiederstehen nur Wenige. Selbst Apple CEO Steve Jobs ist beeindruckt und verwendet den Song „New Soul“ für die Kampagne des MacBook Air. Ritterschlag und Popularitätsschub. 35 Länder veröffentlichen das Album. Yael ist angekommen und zwar in ihrem eigenen Tempo.
„She Was a Boy“ ist nun ihr drittes Album bzw. nach der neuen glücklichen Zeitrechnung das zweite und ein verarbeitendes Augenzwinkern in Richtung Vergangenheit. Yael Naim und ihr Kompagnon geben sich experimentierfreudig, obwohl der introvertierte Folk-Jazz Charme, ähnlich einer Norah Jones, ständig im Vordergrund steht. Unschuldig und ehrlich. Klar, entsprechende Trompetenuntermalung darf auch hier nicht fehlen. Neben neuen leichtfüßig-beschwingten potentiellen Werbehymnen („Come Home“ und „Go To The River“), die ihren Ursprung in der Adaption des französischen „Way of Life“ haben dürften, liegen Stärke und Schwäche des Albums in der Geradlinigkeit manchmal sehr dicht beieinander. Kreative Ausbrüche, wie die arabische Nahost-Tango Symbiose „Man Of Another Woman“ sind eher die Ausnahme. Exotische Anmut, die zu begeistern weiß und Naims Stimme vollkommen zur Geltung bringt. 2011 ist sie selbstbewusster denn je, weiß genau was sie will und was nicht. Eingängiger Pop trifft auf formvollendete Melodien („Stupid Goals“ und „Mystical Love“). Auch wenn die musikalischen Helden ihrer Jugend (Chopin, Tschaikowsky) nur in kaum hörbaren Nuancen vertreten sind, ist die Verbindung zu ihrer Heimat ein großes Thema. „Come Home“ handelt beispielsweise von dem Druck ihrer Familie, die sie am liebsten wieder in der Heimat wissen würde und auch „Game is Over“ und „Today“ zählen mit melancholischer Note zur Rubrik Vergangenheitsbewältigung.
Auch wenn „She Was A Boy“ nur selten Luftsprünge zulässt, behauptet sich Nael Yaim konsequent und leidenschaftlich ein weiteres Mal gegen jegliche Form marktorientierten Drucks. Ein Star ist sie heute trotzdem… und glücklich noch dazu.
Gehört von: Ben Grosse-Siestrup
Live:
6. Juni – Berlin, Postbahnhof
7. Juni – München, Freiheizhalle
8. Juni – Köln, Kulturkirche
www.facebook.com/yael.naim (mit Free Download!)