Hip Hop mit Abitur

Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft abgesagt…

over-and-out-live-aus-dem-konzerthaus-dortmund-kinderzimmer-productions[1]Ich habe ja Abitur. Das erfreut natürlich bei der Überlegung, was man aus seinem Leben noch so alles machen könnte. Schließlich eröffnet diese Qualifikation noch ein paar Möglichkeiten mehr, wenn es darum geht, einen nicht wirklich vorhandenen Job zu bekommen. Es hat aber eben auch Schattenseiten. Besonders wenn es um amtliches Entertainment geht. Das ist ein langes Kapitel und soll hier auch nicht erörtert werden.

Wichtig ist die Erkenntnis, dass Hip Hop mir etwas sagen muss was über „Bla is in the house! Blub is in the house! Wo sind eure Hääände!“ hinausgeht. Da war lange nicht viel zu finden. Damals in den Neunzigern.

Ok. „Fremd im eigenen Land“ oder der ganze Kram aus dem Schoß der Kolchose waren schon fett, aber mal im Ernst: Musikalisch war das nicht wirklich gut,  es war politisch und wichtig und richtig und alles. Aber Style musste man da schon suchen. Und dann gab es eben doch die Lichtblicke.

KINDERZIMMER PRODUKTIONS! Yeah!

Erinnert ihr euch? Die Samples, die Reime, der Race? Wie kann man so punktgenau den Jazz und Funk und Pop in die Tracks bringen und dabei noch Texte abliefern, die für mindestens 100 T- Shirt Motive herhalten könnten? Wie kann man so souverän mitten im Hip Hop wohnen und seine Miete damit bezahlen zu erzählen, wie oft das Wohnzimmer stinkt? Track für Track.

„BACK“ war groß! Und auch gleich wieder verboten. Die Stranglers („Golden Brown“) durfte man eben nicht einfach upgraden damals, fand die Plattenfirma. Die Stranglers selbst fanden es eher angemessen, aber die hatten damals eben nix zu sagen im Hause Industrie. Tja…

Aber der Ruhm war da. Und so wechselten die Kinderzimmer Productions fleißig die Labels um, nun etwas vorsichtiger, das Erbe der Musik mit Hip Hop und ihrer so eigenen Art von Slam Poetry zu verbinden. Hip Hop mit Abitur.

Doch irgendwann ist eben Schluss. Begonnen in Ulm. Beendet in Dortmund. In einem allerletzten Konzert mit reichhaltiger Liveband, fast ohne Steckdose und erstaunlich gelassen feierten MC Textor (Henrik von Hultom), DJ Quasi Modo (Sascha Klammt) und Drummer „Das Tier“ (Jürgen Schlachter) noch einmal ab, was sie der Welt hinterlassen werden. Das letzte Konzert. Das letzte Mal.

Und da jemand die brillante Idee hatte, das Ganze mit optimaler Technik mitzuschneiden, presenten wir nun proudly: „OVER AND OUT“. Live aus dem Konzerthaus Dortmund. Auf Vinyl natürlich aber mit CD-Beigabe für alle digitalen Haushalte.
13 Tracks aus einem Leben zwischen Mic und Turntables.
Macht`s gut…

 

„Kapitalismus ist wenn man nur kriegt was man sich nimmt,

Die Charts sind ein Spiel das Dieter Bohlen gewinnt,

Das Showbizz ist etwas das sich schlecht benimmt,

wenn man glaubt das das was Rapper sagen wirklich stimmt.

Ich liebe deinen kleinen Brüste heißt sie könnten größer sein,

bist du froh das es nicht dich trifft sagst du du musst jetzt tapfer sein,

Is nich so wichtig heißt es wäre schön gewesen

 und die am besten wissen was drin steht haben den Scheiß nicht gelesen.“

 aus „Wir sind da wo oben ist“

 

„Over and Out“ erscheint heute als auf 1000 Stück limitiertes Doppel-Vinylalbum mit CD-Beigabe sowie zum Download. Label: Kinderzimmer Recordings. Vertrieb: Roughtrade Records.