- Die Sesamstraße feiert 40. Geburtstag
Krank sein kann Spaß machen, zumindest, wenn man nur ein kleines bisschen krank ist. Und wenn man sich, auf Kissenberge gebettet, auf Omas Sofa verwöhnen lassen kann, Toast mit Butter und Ei oder einen Teller Milchsuppe serviert bekommt und dazu „Sesamstraße“ sehen darf. Diese Dinge gehören in meinen Kindheitserinnerungen irgendwie untrennbar zusammen.
Heute feiert die „Sesamstraße“, die bis heute Millionen Kinder in rund 140 Ländern durchs Vorschulalter begleitet hat, ihren 40. Geburtstag. Die allererste Folge wurde am 10. November in den USA ausgestrahlt.
Bei uns ging die Sendung um Ernie & Bert, Grobi, Graf Zahl, Kermit und Co. im Januar 1972 an den Start und rief bei den Eltern zunächst nicht nur positive Reaktionen hervor. Waren vielen doch die Szenerie und Figuren irgendwie „zu amerikanisch“. Um die „Sesamstraße“ an „deutsche Bedürfnisse“ anzupassen, kam Ende der siebziger Jahre eigens ein Mitarbeiter aus dem Team von Muppet-Erfinder Jim Henson nach Deutschland und entwickelte für uns einen großen brauen Zottelbär und ein kleines rosa Wesen mit Plüschbadekappe: Samson & Tiffy. Menschliche Stars wie Liselotte Pulver (Lilo) und Horst Janson komplettierten dass Team und wurden im Laufe der Jahre durch viele bekannte Fernsehgesichter ergänzt.
Vieles hat sich seit meiner Kindheit in der „Sesamstraße“ verändert. Nach einem Großbrand im Hamburger Studio 1988 wurde ein Großteil der Kulissen durch andere Motive ersetzt und auch der Vor- und Abspann geändert. Befremdlich fand ich es schon ein wenig, schließlich trennt man sich nur ungern von Liebgewonnenem. Gravierende Änderungen gab es natürlich auch in den USA. Hier wurden z. B. dem Krümelmonster die Kekse entzogen, stattdessen propagiert es vorbildgemäß in einem gemeinsamen Rap mit Wyclef Jean eine gesündere Ernährung.
In den USA haben Gaststars übrigens eine ganz andere Tradition als bei uns. Ob Musiker oder Schauspieler, alles was Rang und Namen hat, gab sich in der Sesame Street schon die Klinke in die Hand. Aktuell ist gerade die First Lady Michelle Obama zu Besuch.
Meine eigenen Kinder sind, zu meinem Bedauern, weitestgehend ohne die sympathischen Plüschmonster aufgewachsen. Daran nicht ganz unschuldig ist wohl weniger das heutige Überangebot an Kindersendungen, sondern der seit 2003 geänderte Sendetermin. Die traditionelle Ausstrahlung am Vorabend wurde gestrichen, die „Sesamstraße“ fortan nur noch zur frühen Morgenstunde gesendet. Proteste der Eltern haben daran nichts ändern können. Schade, dass meine Kinder nicht wie ich mit Graf Zahl zählen gelernt haben und Ernie & Bert beinahe nur als Merchandising-Artikel kennen. Aber zur noch nachtschlafenden Zeit bleibt die Glotze bei uns dunkel. Auch für die „Sesamstraße“.
Hier die Sesamstraßen-Version von Feists Hitsingle „1 2 3 4§ aus dem Album „The Reminder“:
Foto (c) NDR/Sesame Workshop