Gesehen und gehört: Archive “Axiom”

Leichter Tobak ist „Axiom“, der erste Film  von Archive nicht, sanfte Gemüter sollten sich zweimal überlegen, ob sie sich den Film angucken. Danny Griffiths sagte mir nach dem Film, dass Regisseur Jesus Hernandez vom spanischen Filmkollektiv NYSU eine noch düstere Fantasie als sie hätte. Bisher hätte das junge Kollektiv nur Musikvideos gedreht und für Hernandez sei es der erste Film gewesen, wir Griffiths erklärt. Sie erschufen die Bilder zur Archives Musik, umgekehrt zu ihrer üblichen Vorgehensweise.
Eine düstere Dystopie ist das Resultat. 40 Minuten geballte Gesellschaftskritik, Bilder zum Nachdenken – da werden mehr Weltprobleme angesprochen als das Gehirn in so kurzer Zeit verarbeiten kann. So war fast jeder nach der Pressvorführung von „Axiom“ erst mal völlig platt. Wohin zuerst, was denken, Fragen sammeln und nie Antworten finden oder den Film noch öfter ansehen müssen. „Axiom“ zeigt zwar Probleme auf, aber auf eine Lösung hofft man vergeblich.
Der interessanteste Aspekt, der sich von allen Eindrücken am tiefsten eingeprägt* hat, gehört zu den „Distorted Angels“. In einer Welt, in der eine Glocke den Rhythmus bestimmt und deren Lautstärke die Menschen tötet, sind diese Engel am gefürchtetsten von den Herrschern. Sie sind taub und nicht auf die Gnade angewiesen. Was hier und heute eine Behinderung ist, wird in dieser Dystopie zum einzigen Weg zur Freiheit.
Auch musikalisch bilden Glocken den Mittelpunkt, genauer die Glocken der Greenwich Church. Ohne zu wissen wofür, nahmen Danny Griffiths und Darius Keeler diese Glocken auf – nur einem Gefühl folgend wurden sie zur Grundlage von Axiom. Das Album ist aus einem Stück, die einzelnen Kapitel gehen nahtlos ineinander über. Ansonsten ist das Album soundtechnisch sehr typisch für Archive.
Innerhalb von nur 12 Tagen nahmen Archive das Album „Axiom“ auf. Schneller seien sie noch nie gewesen, erklärt Danny. Es ist auch seit langem das erste Album bei dem die Sängerriege – immerhin vier Leute – über zwei Alben gleich geblieben ist. Bei ihrem vorletzten Album „Controlling Crowds“ kam Rapper und schon früherer Kollaborateur Rosko für ein Album dazu, war es bei letzten „With Us Until You’re Dead“ die junge Sängerin Holly Martin. Sie ist auch diesmal wieder dabei.
Der Film dazu wurde erst im Nachhinein in Auftrag gegeben und mit Hilfe einer Pledgekampagne und den Fans von Archive realisiert. Am 29. Mai gibt es im Londoner Roundhouse noch ein ganz besonderes Konzert. Archive werden den Bilder live mit Musik unterlegen. Ein einmaliges Erlebnis, wie sie in ihrer Pledgekampagne sagen.

*Neben der Szene, die der Autorin dieser Rezension Alpträume beschert hat und auch in wachen Momenten vor dem inneren Auge erscheint…

Gehört und gesehen von: Dörte Heilewelt