In „Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin“ geht die Liebe verquere Wege. Zwischen Zwang, Romantik und Wahnsinn wird aber eine Sache ganz deutlich: zu lieben, bedeutet das Chaos seines Gegenüber zu akzeptieren und damit leben zu lernen.
Bereits in jungen Jahren veröffentlichte Calvin (Paul Dano, „Looper“) einen Bestseller-Roman, der ihn in der Öffentlichkeit zu einem Genie avancieren ließ, zu dem man aufschaut. Doch seitdem sind viele Jahre vergangen. Calvin meidet nun tunlichst den Kontakt zu anderen Menschen, die nicht gerade sein Bruder Harry (Chris Messina, „Julie & Julia“) sind. Er geht außerdem regelmäßig zu therapeutischen Sitzungen, wo er mit einem Teddy im Arm von seinen Problemen erzählt. Eine seiner größten Schwierigkeiten ist, dass er nicht mehr schreiben kann. Erst als sein Therapeut die richtige Aufgabenstellung für ihn parat hat, nimmt Calvin wieder seine Schreibmaschine in Benutzung. Er beginnt über die Frau seiner Träume, Ruby Sparks (Zoe Kazan, „The Exploding Girl“), zu schreiben und je mehr er ins Detail geht, desto verliebter wird er in das Fantasie-Mädchen. Doch mit einem Mal steht Ruby Sparks aus Fleisch und Blut in seiner Wohnung und geht nicht weg. Nicht nach einem ungläubigen Augenaufschlag, nicht nach dem panischen Wegrennen, nicht nachdem er getestet hat, dass sie auch für andere Menschen sichtbar ist. Sein Kunstwerk ist zur Wirklichkeit geworden und will nun sogar seine Familie kennenlernen (die Mutter wird von Annette Bening, „The Kids Are All Right“, gemimt und ihren Lebenspartner stellt Antonio Banderas, „Haywire“, dar). Kann es noch bizarrer werden?
Die Tragikomödie „Little Miss Sunshine“ hat mittlerweile schon sechs Jahre auf dem Buckel und erst jetzt gibt es ein Lebenszeichen von den Regisseuren Valerie Faris und Jonathan Dayton. Und was für eines! Lange musste man das Duo nicht bitten, die Adaption von Zoe Kazans Drehbuch zu übernehmen. Denn die moderne Erzählung des Pygmalion-Mythos (die auch an das 2006er Werk „Schräger als Fiktion“ mit Will Ferrell und Emma Thompson erinnert) sprüht vor dialogischem Witz und frischen Geistesblitzen. Hinzu kommen zwei starke Hauptdarsteller, die auch abseits der Kamera ein Paar sind. Diese Mischung ergibt einen 104-minütigen Film voller Leichtigkeit, dem Gefühl endlich die Liebe und das Leben genießen zu wollen und eine ordentliche Prise Indie-Charme zum Mitnehmen.
Es könnte einfach perfekt sein, wären da nicht die Schwachstellen, die während der zweiten Hälfte beim Eruieren der Beziehungsprobleme auftreten. Mit der Zeit werden die Höhen und Tiefen von Ruby zu einer echten Zumutung. Sie lacht, sie kreischt, sie weint, sie fühlt sich leer. Calvin will einfach nur noch ein bisschen an ihr verändern, schreibt hier noch etwas dazu und nimmt da noch etwas weg. Und so fühlt es sich auch mit dem Film an. Die Grundidee ist wunderbar, nur sind die Übertreibungen, die klassischen Liebesgeschichten-Elemente, die sich nicht weiterentwickeln, zu viel und beispielsweise Calvins Familienhintergrund zu kurz erzählt. Alles im allem wurde nicht das Potential genutzt, was in dieser voller Magie steckenden Geschichte enthalten ist. Aber eine romantische Komödie mit Köpfchen und Herz (mit welcher das Regie-Gespann Faris und Dayton gebührend ihr Comeback feiern kann) ist mit „Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin“ nichtdestotrotz gewährleistet.
Kinostart: 29. November 2012
Gesehen von: Hella Wittenberg