
Traue keinem alleinstehenden Mann, der dich in seine einsame Waldhütte einlädt – die Prämisse ist fast so alt wie das Medium Film an sich. Wenn sich ihrer jemand wie Osgood Perkins annimmt, der spätestens seit seinem Überraschungshit „Longlegs“ zu den Lieblings-Regie-Kindern des Indie-Horrors zählt, dann erwartet man doch, dass etwas Überraschendes, Neues dabei herauskommt. Aber leider ist „Keeper„, der neue Film von Osgood Perkins, eher eine zähe Enttäuschung.
Als Malcolm (Rossif Sutherland), ein wohlsituierter Arzt, seine Partnerin, die Malerin Liz (Tatiana Maslany) zum einjährigen Jubiläum in sein Wochenendhaus einlädt, ist deren Freundin Maggie (siehe oben stehende Prämisse) besorgt. Aber weniger, weil sie wie der erprobte Horror-Fan sinistere Machenschaften fürchtet. Sie hält Malcolm eher für „too good to be true“ und kann sich nicht vorstellen, dass ein erfolgreicher Mann in seinem Alter nicht bereits Frau und Kinder Zuhause hat. Sie fürchtet, Liz sei sein „Side Chick“ und beobachtet außerdem mit Argwohn, wie willig ihre sonst so eigenständige Freundin sich in ein spießiges Beziehungskonstrukt begibt. Schließlich hat er ihr eine Strickjacke geschenkt, und die ist zu allem Übel auch noch beige.
Natürlich wären wir nicht in einem Film von Osgood Perkins, wenn die mysteriösen Ereignisse nicht bereits kurz nach der Ankunft des Liebespaares ihren Lauf nehmen würden. Zuerst drängt sich Malcolms unangenehmer Cousin und Besitzer der Nachbarhütte, Darren, zum Abendessen auf und bringt ein Date mit, die Model-artige Schönheit Minka, die kein Wort Englisch spricht. Der seltsame Abend gipfelt darin, dass Malcolm Liz vehement dazu drängt, von einem bereit gestellten Kuchen zu kosten, obwohl sie darauf besteht, dass sie keine Schokolade mag. Und obwohl dem so ist und der Kuchen sich insgesamt als wenig appetitlich herausstellt, steht Liz in der Nacht noch einmal auf, um ihn komplett aufzuessen.
Von da an wird Liz von finsteren Visionen heimgesucht. In einem Müllsack vor der Nachbarhütte glaubt sie ein Frauengesicht zu erkennen. Im Haus erscheint ihr eine Frauengestalt mit einer Plastiktüte über dem Kopf. Immer wieder erblickt sie eine schwangere Frau, die ihr erschreckend ähnlich sieht. Währenddessen geht es Minka, die aus der Nachbarhütte in den Wald geflohen ist, dort von einer mysteriösen Macht an den Kragen.
Es ist also eindeutig etwas faul, und Liz ist all dem schutzlos ausgeliefert. Die Hütte ist ein einziger Raum mit bodentiefen Fenstern, es gibt nur das Badezimmer als Rückzugsort. Malcolm muss, angeblich aus beruflichen Gründen, plötzlich in die Stadt und lässt Liz alleine zurück. Darren taucht wieder auf, nervt gewaltig, greift zum Fleischermesser und verschwindet dann plötzlich. Spätestens als Malcolm zurückkommt dürfte auch dem Naivsten im Kinosaal klar sein, dass er nichts Gutes mit ihr im Sinn hat und Liz aus der Hütte (und der Situation) nicht lebend rauskommt – zumindest ist so der Plan.
Das Positive zuerst: die Auflösung ist wild aber gut durchdacht. Logiklöcher sind hier weniger das Problem. Aber warum funktioniert „Keeper“ trotzdem nicht? Die düstere, zehrende Spannung, die das Setting eigentlich hergeben würde und die man in „Longlegs“ sehr deutlich spüren konnte, will sich hier einfach nicht einstellen. Vielleicht liegt es an der quasi nicht vorhandenen Chemie zwischen den zwei Hauptcharakteren. Vor allem Rossif Sutherland bleibt als Malcolm erschreckend blass. Man versteht weder, was Liz an ihm findet, noch hat man wirklich das Gefühl, dass er etwas Düsteres im Schilde führen könnte. Die größte Gefahr die von ihm auszugehen scheint ist die, dass Liz sich mit ihm zu Tode langweilen könnte.
Das ist alles schrecklich schade, denn die stimmungsvolle Einstiegsmontage und die ersten Jumpscares (auch wenn sie reichlich spät kommen), wecken Erwartungen auf ein stylisches und kluges Horror-Erlebnis. Aber leider verliert sich“Keeper“ spätestens zum Finale in wenig gruseligen, fast schon eher lächerlichen Ekeleffekten, die eher unfreiwillig komisch daher kommen. Bis dahin hat man sich hauptsächlich gelangweilt und wahrscheinlich sogar ein bisschen geärgert, dass keine der Figuren hier so viel Tiefe hat, dass man sich wirklich für sie interessiert. Da macht einen auch der pseudofeministische Revenge-Twist zum Ende nicht mehr glücklich.
Osgood, das war eher Osbad. Aber ich möchte so gerne Fan bleiben, von daher gehe ich davon aus, dass du das beim nächsten Mal wieder gut machst.
„Keeper“ startet am 20. November 2025 in den deutschen Kinos.
