Tick tack tick tack. Die Lebensuhr lässt nicht davon ab, fortwährend an die eigene Sterblichkeit zu erinnern, gegen welche man trotz der Ausweglosigkeit versucht mit allen Mühen anzukämpfen. Für die nächsten 109 Minuten wird man in eine rasante Jagd rund um Zeit und Macht verwickelt. Der schweißtreibende Action-Thriller „In Time“ entstammt dem klugen Kopf des Neuseeländers Andrew Niccol, der bereits mit seinem 1997er Filmdebüt „Gattaca“ für feinste Sci-Fi Unterhaltung sorgte, mit „S1m0ne“ (2002) weitere futuristische Ideen preisgab und nun eine neue, mutige Zukunftsvision mithilfe von Justin Timberlake („The Social Network“) und Amanda Seyfried („Chloe“) in den Hauptrollen wagt.
„Zeit ist Geld.“
Dies ist ein Zitat von Benjamin Franklin. In der Tat stellt in Niccols erdachter Zukunft Zeit das höchste Gut eines jeden Menschen dar. Ab dem 25. Lebensjahr endet der Alterungsprozess und sogleich beginnt die in den Arm implantierte Uhr abzulaufen. Dies führt dazu, dass viele Menschen, die in den Ghettos leben, innerhalb eines Jahres sterben. Man arbeitet, um seine Zeit auf Erden zu erhöhen und nimmt sich lediglich einen Moment dafür, die tickende Zeitbombe am eigenen Leib ängstlich zu betrachten. Wie viele Stunden, Minuten, Sekunden stehen für den Heimweg noch zur Verfügung? Wie viel Zeit gibt man für eine warme Mahlzeit aus? Das Leben des Will Salas (Justin Timberlake) in dem Malocherstädtchen Dayton besteht aus purer Eile. Von seiner bildhübschen Mutter Rachel (Olivia Wilde, „Tron“) muss er sich gar 30 Extra-Minuten für eine ordentliche Mittagspause pumpen. Doch dies ändert sich schlagartig, als er den reichen Henry Hamilton (Matt Bomer, „White Collar“) vor der Minute Man Gang rund um Fortis (Alex Pettyfer, „Ich bin Nummer Vier“) rettet und zum Dank eine beachtliche Summe an Bonusjährchen als Geschenk erhält. Was sich als Stresskiller schlechthin präsentiert, entwickelt sich temporeich zum absoluten Gegenteil. Denn Timekeeper Raymond Leon (Cillian Murphy, „Peacock“) glaubt fest daran, dass Will die Zeit gestohlen hat und heftet sich mit schneller Fußsohle an seine Fersen. Die Verfolgungsjagden meistert Will gemeinsam mit seiner Geisel Sylvia Weis (Amanda Seyfried), die schon bald zu seiner Geliebten avanciert. Zusammen versuchen sie nun einen Weg aus dem korrupten Gefüge zu finden.
Die Mimen Timberlake und Seyfried bewarben kürzlich selbst ihren neuesten Streifen in bester Laune in der Hauptstadt. Dabei gestand der 30-jährige Timberlake, dass er zunächst einmal einfach nur ganz viel schlafen würde, wenn er wüsste, dass er nur noch ein Jahr zu leben hätte. Wie? So gar keine Hektik? Mit einem charmanten Lachen setzte er jedoch hinterher, dass man jeden Tag so leben sollte als wäre es der letzte. Eben genau so wie es sein Charakter Will Salas in „In Time“ nun mal tut. Doch Seyfried und Timberlake sind sich einig:
„Ignorance is bliss!“
Es ist besser nicht zu wissen, wann man sterben wird. Wenn die Menschheit in der Gewissheit leben würde, dass sie die Ewigkeit vor sich hätten, dann würde sie nicht produktiv und kreativ an das Tageswerk gehen und damit gar den Tod der Erfindungen herbeiführen. Dies sind ziemlich düstere Gedanken, die bestimmt auch ein kleines bisschen von den zeitintensiven Zukunftsgedanken von Regisseur und Drehbuchautor Andrew Niccol herrühren.
Teils erinnert das Styling von „In Time“ an das Sci-Fi-Drama „Equilibrium“ (2002). Im Besonderen der glänzend besetzte Cillian Murphy als erbarmungsloser Timekeeper scheint in den tiefschwarzen Mantel von Christian Bale geschlüpft zu sein und dazu noch die Haarpomade geklaut zu haben. Nur fehlt es dem Action-Thriller im Gegensatz zum eben genannten Film definitiv an Durchhaltevermögen. Die Besetzung ist durchaus erstklassig (in den Nebenrollen u.a. auch „Mad Men“-Star Vincent Kartheiser und das russische Model Sasha Pivovarova), aber doch ist die Geschichte löchrig. Die Stimmung zwischen Justin Timberlake und Amandas Seyfried wirkt so kühl wie die Umgebung, in der sie sich befinden und das, obwohl sie doch nach eigenen Angaben ein modernes „Bonnie und Clyde“ Pärchen abgeben wollten. Wirklich schade, dass die Gesellschaftskritik, welche in der Thematik steckt, nicht ausreichend ausgebaut wird und lediglich nur Details zum Alltag in einer Welt aufgereiht werden, in der Zeit die gängige Währung ist.
Doch auch wenn das ehemalige N Sync Mitglied Justin Timberlake mit diesem Film wieder nicht zum großen Blockbuster-Helden aufsteigen wird, hat dieser ja im Gegensatz zum Rest der Belegschaft noch die Musik im Blut. Denn wie er schelmisch grinsend in Berlin berichtet, hält er sich stets beide Optionen zur Unterhaltung der Willigen offen. Als Vorbilder nennt er Sinatra und Sammy Davis junior. Na wenn das nicht große Fußstapfen sind, in die er da träumt hinein zu treten. So hat sich leider auch Andrew Niccol mit „In Time“ ein wenig zu unglaubwürdig hohe Ziele gesetzt. Im ersten Augenblick mag man sich als Zuschauer ganz gut gesättigt fühlen, nur wie das das so ist mit leichter Kost: es hält nicht lange an.
VÖ: 01. Dezember 2011
Artikel und Foto: Hella Wittenberg