Merril Garbus versucht mit ihrem Projekt tUnE yArDs alle Regeln der Musikproduktion zu brechen. Es gibt kaum ein Genre, das sie nicht streift. Ihr drittes Album „Nikki Nack“ unterliegt keinerlei Zwängen und ist die perfekte Spielwiese für Innovation und Lebensfreude.
Die Laufbahn der charmanten Frau aus Oakland ist mindestens genauso interessant wie ihre Musik. Von Folk-Musikern erzogen, hat sie in an einem renommierten Frauen-College in Massachusetts studiert, ging für ein Semester nach Kenia und hat sich danach als Puppenspielerin durchgeschlagen. Ihr erstes Album „BiRd-BrAiNs“ hat sie 2009 mit einem Kassettenrekorder aufgenommen und auf recycelten Kassetten veröffentlicht. Später kaufte sie alte Schallplatten auf einem Flohmarkt, drehte die Hüllen auf links und verfeinerte die Platten mit liebevoller Handarbeit sowie mit ihrem eigenen Sound – ihre erste eigene limitierte Vinylausgabe war damit auf dem Markt. Ihren Stil hat sie bereits auf diesem Album etabliert – ein Mix bestehend aus R&B, Folk, Reggea, Afropop und Electro sowie ihre akrobatischer Stimme. Ihre Musik weist ebenso afrikanische und haitianische Musikeinflüsse auf. Ihr zweites Album „Whokill“ erschien 2011, landete auf einigen Jahresbestenlisten und verschaffte ihr den Durchbruch. Es folgten diverse Projekte mit Yoko Ono, sie teilte sich die Bühne mit Größen wie Sonic Youth und Lady Gaga und ihre Hörergemeinde steigt stetig und fand auch prominente Anhänger wie RZA vom Wu-Tang-Clan. Dabei sind es vor allem ihre Auftritte, die immer wieder für Verwunderung sorgen. Mittlerweile wird sie von live dem Bassist Nate Brenner unterstützt.
Ihre Musik zu beschreiben ist mindestens genauso kompliziert wie ihren Namen angesichts der Groß- und Kleinschreibung zu tippen. Auch beim Zuhören des neuen Albums kommt man sich vor wie auf einer bunten, komplexen und irgendwie surrealen musikalischen Spielwiese. In einem Moment klingt das Album nach Kinderlied und im nächsten Moment erreichen unsere Ohren eigensinnige Dancepop-Klänge. Obwohl tUnE yArDs ihren Sound mittlerweile im professionellen Studio aufnimmt, lässt sich sie sich nicht beirren und produziert weiterhin ihre verrückte und eigensinnige Musik. Das Album ist eine unverwechselbare Kollage 13 verschiedener unkonventioneller Songs. Die Songs „Water Fountain“ oder „Hey Life“ überzeugen mehr durch persönliche Ausdruckskraft als die schöne Stimme von Merrill Garbus, aber genau das macht diese Songs so authentisch. Als weit gereiste Frau versucht sie alle möglichen Einflüsse in ihre Songs einzubinden. So auch in “Sink-O“ oder „Manchild“, die für einige Ohren vielleicht etwas konfus wirken könnten. Ihre Verrücktheit erreicht den Höhepunkt mit dem Word-Zwischenspiel „Why Do We Dine On The Tots?“ aber letztendlich hat jeder Song das Potential sich im Ohr festzusetzen. Mit „Time Of Dark“ und „Real Thing“ findet tUnE-yArDs wieder in ihre Balance zurück und Merrill Garbus hat ihre Stimme gewissermaßen wieder unter Kontrolle.
Normalität findet man hier sicherlich nicht, aber dafür bekommt man das uneingeschränkte kreative Potential der Sängerin auf die Ohren. Sie wirkt experimentierfreudig wie eh und je. Dieses Album mag vielleicht nicht beim ersten Mal hören den Kern des Sounds wiedergeben und auch in mancher Hinsicht sehr anstrengend sein, aber Marrill Garbus Fans können sicher eine Menge Freude damit haben.
VÖ: 02.05.2014
Gehört von: Anne Schubert