Gehört: „Spectral Dust“ von Evening Hymns

Vom Abschiednehmen…

Das neue Album „Spectral Dust“ der Evening Hymns liegt hier nun schon eine Woche und ich weiß schon, warum ich es erst jetzt höre, war ich doch bei einer Art Toninstallation in Kreuzberg zugegen, wo dieses Album mit einigen Dias an der Wand, ein paar Gläsern Wein und einem Zelt zum Probehören bereitgestellt war. Ein netter Weg seine Musik den Menschen anzukündigen (Hier entlang zur Veranstaltung!). Und eben dort hörte und las ich auch, wie dieses Album zustande kam.

Evenning Hymns ist Jonas Bonnetta, und eigentlich nur er. Einige Freunde spielten das Album zwar mit ihm ein und eine befreundete Sängerin sang mitunter mit, aber letztlich ist es Jonas Bonnetta und sein Vater, die man auf diesem Album hört. Seinen Vater nur indirekt und aus anderen Sphären. Denn sein Tod und die Auseinandersetzung mit diesem Ereignis sind das Thema dieses fast an Tagebucheintragungen erinnernden Vermächtnis. Sehr intim und sehr direkt schildert Jonas seine Gefühle und Erinnerungen, die an den Vater geknüpft sind. Teilweise in solch brachialer Privatheit, dass aus Mitgefühl eher Zurückhaltung beim Hörer entsteht. Den kennen werden die Wenigsten, diesen Vater und die Familie Bonnettas, dort in den Wäldern Kanadas. Mitunter ist es ein bisschen zu viel des Guten oder eben Traurigen. Doch fernab der intimen Texte und fast therapeutisch anmutenden Veräußerungen Bonettas haben wir eine Platte mit wunderschöner zarter Herbstmusik bekommen, die sich irgendwo zwischen Indiefolk, melancholischem Country und Sigur Ros ansiedelt.

Schon das Intro lädt auf eine Reise in Soundlandschaften ein, die man vielleicht eher bei skandinavischen Soundkünstlern suchen würde. In stetem Wechsel reihen sich danach eher schlichte, an der Akustikgitarre oder dem Klavier vorgetragene Songs mit weitaus breiter ausfallenden Hymnen voller Streicher und Orgeln ein. Wie in „Irving Lake Access Road“, einem 9 Minütigem Opus, der ganze Landschaften zu erzeugen vermag. Episch. Sehr angenehm fällt die weibliche Zweitstimme auf. Wie im „Song to Sleep to“ oder „Arrows“. Sie zieht den manchmal doch arg larmoyant erscheinenden Gesang Bonnettas in die Höhe und gibt dem Album etwas Leichtigkeit zurück. Auch die Verzweiflung kommt nicht zu kurz. Vor allem in dem Titelgebenden Song „Spectral Dust“ und „Moon River“, oder auch im fast schon archaisch forderndem „Cabin in the Burn“. Bei aller Traurigkeit scheint jedoch auch auf diesem Album manchmal ein Hoffnungsstrahl durch die eher verschütteten Moll Kompositionen. Während „You and Jake“ mehr beschreibt als trauert, kommt „Asleep in the Pews“ fast schon versöhnlich daher.

Machen wir uns nichts vor, dieses Album ist Trauerarbeit und das hört man ihm auch an. Aber es ist dabei eben auch Kunstwerk und verdichtete Erlösung. Wer Traurigkeit in seinem Leben gerne aussperrt, der mag mit „Spectral Dust“ wenig anfangen können. Es ist schön so wie es ist, so bleiern wie es daher kommt, denn all die Gefühle, die Jonas Bonnetta uns mit diesem Album in die Hände gibt, gehören zum Leben schlicht dazu. Und spätestens wenn sich der halbgare Berliner Sommer endlich vollends verabschiedet hat wird diese Platte uns so manchen Abend vergolden. Versprochen.

Auch live kann man Evening Hymns beim Abschiednehmen vom eigenen Vater zuhören. Und auf diesen Konzerten wird mit Sicherheit eine ganz besondere Stimmung entstehen. Also sichert euch die Karten und lasst euch drauf ein. Jonas Bonnetta tut es auch.



Künstler:  Evening Hymns
Titel:  Spectral Dust
VÖ:  17. August 2012
Label:  Strangeways / Indigo


Gehört von Marcus Reinhardt


EVENING HYMNS & THE WOODEN SKY – Autumn Tour 2012

Musik zu machen ist für mich eine stetige Suche nach Aufrichtigkeit. Ich habe keine Geduld mit Musik, bei der ich den Eindruck habe, dass sie nicht aus einem absolut glaubhaften Ursprung entstanden ist. Pure Ehrlichkeit ist mir das Wichtigste.“ (Jonas Bonnetta)

04.09. Scheune (Dresden)
05.09. Lido (Berlin)
07.09. Franz Mehlhose (Erfurt)
09.09. Underground (Köln)
15.09. Parterre (Basel SWI)
16.09. Treibhaus (SWI – Luzern )
17.09. El Lokal (CH-Zürich)
18.09. Swamp (Freiburg)
19.09. Hafen 2 (Offenbach)
21.09. Reeperbahnfestival (Hamburg)
25.09. Steinbruch (Duisburg)
26.09. Apex (Göttingen)
27.09. Moritzbastei (Leipzig)
28.09. B-72 (A-Wien)


Mehr Infos gibt es hier!
Im Web: www.eveninghymns.com
Auf Facebook: www.facebook.com/eveninghymns