Gehört: „America“ von Dan Deacon

Rausch und Druck!

Dan Deacon ist eigentlich kein Musiker. Er ist ein an elektrischen Klängen interessierter Spinner mit allen Ambitionen, die einen ordentlichen Spinner ausmachen. Reflektion, Hingabe, Irritation und ganz viel Kunst in fast sämtlichen Formen. Sein neues Werk „America“ ist ergo auch nur Teil eines Gesamtkunstwerkes, das sich mit seinem Heimatland geographisch und atmosphärisch auseinandersetzt. Geschrieben hat er die Songs des in zwei Teile zerlegten Opus beim Hören von David BowiesLow“. Möge jeder selber entscheiden, inwiefern Bowies Platte nun eklatanten Einfluss auf seine eigene Musik gehabt hat, ich konnte keinen direkten feststellen. Wenn wir von Dan Deacon reden, reden wir im Grunde von Klangkunst. Aber all zu artyfarty kommen die insgesamt 9 Songs dann doch nicht rüber. Ganz im Gegenteil. Denn so verspielt sich die Synthis auch geben, der Computer nach Geglucker und Geplucker in seinen Eingeweiden auch sucht, unter allem liegt immer auch ein nachvollziehbarer Beat, mal elektronisch mal ganz handfest, und eine angenehme Melodie. Deacon bricht diesen Zustand allerdings gerne. Das missfällt mal, mal wirkt es befreiend.

Das Album besteht quasi aus zwei Seiten. Auf der ersten popt es gewaltig und die Beats purzeln nur so durch Soundlandschaften. Gleichzeitig beschreiben auch die Texte bestimmte Landschaften Amerikas oder Teile seiner Städte, unter anderem die große Brücke seiner Heimatstadt Baltimore in „Guilford Avenue Bridge“ oder in „True Thrusch“, zudem es nun auch ein sehr außergewöhnliches Video gibt, das die Persönlichkeit, oder vielmehr eher die überbordenden Persönlichkeiten Deacons am besten vermittelt. Mit „Is a Monster“ beginnt dann der eigentlich zusammengehörige Megatrack „USA“, der sich in 4 Kapitel aufteilt. Es fällt extrem schwer die Musik zu beschreiben, so verquer und dann doch wieder anheimelnd kommt sie daher. Schwere Trommelschläge treffen auf fiepsende Synthis, Percussion auf Handysounds, Streicher auf peitschende Beats. In diesem zweiten Teil der Platte gehen die Songs auch eher in einander über, unterbrechen sich selbst allerdings innerhalb ihrer Struktur immer wieder. Gleichbleibend ist die Verbindung von schnellen Rhythmen und flächigen Melodien oder manchmal auch nur Melodieansätzen. Trompeten, Geigen, Glocken, Rauschen und immer wieder Schlagwerke aller Art sowie Computergenierte Sounds. Das alles verbindet sich über die ganze Platte in meist unbesungene kleine Juwelen. Manchmal allerdings auch in eher überfordernde Spielerein. Es empfiehlt sich auf jeden Fall das Album in Gänze zu hören. Mindestens sollte man so mit dem zweiten Teil des Albums verfahren. Das würde sich auch Dan Deacon so wünschen. Ich schwör.

Und wer diesen sympathischen Soundanarchisten gerne mal live sehen will, hat bald die Gelegenheit dazu. Die Tour ist grotesk lang und bringt ihn auch für einige Konzerte nach Deutschland. Also wer auf Elektronisches jenseits des Bekannten steht, sollte sich weder Platte noch Konzert entgehen lassen. Tanzen kann man nämlich nach einiger Übung bestens zu „America“! Ich hab`s probiert…

 

Dan Deacon, Deutschlandtermine

20.09.2012 Berlin, Festsaal Kreuzberg
21.09.2012 Hamburg, Reeperbahnfestival

 


Dan Deacon – True Thrush von domino

 

Künstler:  Dan Deacon
Titel:  America
VÖ:  24. August 2012
Label:  Domino Records

 

Gehört von Marcus Reinhardt

 

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