Gehört: MF/MB/ „Colossus“

MF/MB/, das ist Provinz und Großstadt, Holz und Beton, Zigaretten und Alk, Hoffnung und Verzweiflung. Oha, einiges also! Behauptet jedenfalls ihre Homepage. Man könnte auch sagen MF/MB/ sind Macclesfield und Malmö, Monotonie und Staccato, Enola Gay und Shadowplay. Doch so einfach wie auf ihrem Debütalbum „Folded“, machen es uns die fünf Schweden mit ihrer zweiten LP nicht mehr. „Casualties“, fünftes Lied auf dem Album und erste Single daraus, wird den üblichen Vergleichen längst nicht mehr gerecht und seit Wochen auch im Independent Radio hierzulande gespielt.
Victor Nilsson reizt seine Stimme darauf nun endlich aus, der teilweise etwas knödelige Gesang, der den Vorgänger so sehr geprägt hat, wird auf „Colossus“ in die Ecke des Klassenzimmers verbannt. Joakim, Sebastian und Erik kümmern sich wahlweise um effektreiche Gitarrenbegleitung, fette Bass-Teppiche oder hauen das Schlagzeug kurz und klein („I Am An Entity“). Und Christine Björk (was gäbe ich für diesen Nachnamen), zuständig für Synthieklänge und die Erfüllung der Frauenquote in der Band, singt mit; ihren Haustürschlüssel sicher um die Hosenschlaufe gehakt. Das ist schon irgendwie cool, obwohl sie’s eigentlich gar nicht sein wollen: ihr Debütalbum „Folded“ sollte eigentlich „Not Cool“ heißen.
Forsch packen sie’s im Opener „Unto Death“ an, der sich langsam aufbaut, um dann nach vorne zu preschen und so einen wunderbar direkten Einstieg in eine Platte liefert, deren Sound ebenso komplex ist wie ihre Entstehungsgeschichte. Krankheiten und ein Todesfall überschatteten das Jahr 2011, in dem ein Großteil der Songs geschrieben wurde. Vor diesem Hintergrund sollte „Colossus“ eigentlich viel düsterer klingen, stattdessen wird zurückgegiftet: „Let’s get injured, let’s take a ride“ heißt es in „The Worst Dreams“. Ein Song, der gekonnt zwischen Überheblichkeit in bester Interpol’scher Manier und dem Pathos der letzten drei Killers-Alben schwebt. Es könnte also alles perfekt sein, würden die großen Melodien nicht fehlen. Die, die im Kopf hängen bleiben, Fans gewinnen und musikalisch vorantreiben. Das Manko bügelt die Malmöer Kapelle aber wieder mit ihrer recht ausgedehnten Tour durch Deutschland im März aus; dann kann man auch direkt fragen, wofür MF/MB/ eigentlich steht. Den Satz auf ihrer Homepage kann sich ja keiner merken.

Gehört von: Julia Köhn

VÖ: 01. März 2013