Gehört: Mando Diao „Infruset“

Da brauchte es fünf Studioalben, bis sich Mando Diao endlich trauen, in ihrer Heimatsprache zu singen. „Infruset“ ist der nunmehr sechste Tonträger der Schweden und kommt genau passend zum Befeiern des 10-jährigen Jubiläums von „Bring ’em In“ heraus. Doch wieso erst jetzt? Sonst stellt sich die Band doch auch nicht so schüchtern der Öffentlichkeit gegenüber dar.
Die insgesamt zehn Stücke gestalten sich eher als ruhige Schmuser anstelle von Randale und Rabaukentum in Songform. Ist etwa schon die Altersmilde zu spüren oder sind sie sich selbst langsam überdrüssig? Nicht ganz. Etwas Neues sollte nach den unzähligen Jahren im Musikbusiness definitiv her. Während der Suche nach einem geeigneten Weg für den Neuanfang kam plötzlich eine enge Freundin der Band mit einer Bitte auf sie zu. Es ging um die Vertonung eines Gedichts der bekannten schwedischen Poeten Gustaf Fröding (1860-1911) anlässlich des 100. Todestages. Aber aus einer einzelnen Verneigung vor dem psychisch labilen Dichter wurden – aus Spaß an der Freude – immer mehr folkige Balladen. Die frische Herangehensweise stellte sich als wahre Goldgrube für Björn Dixgård, Gustaf Norén und co. dar. Nur zwei Wochen brauchte man für das Album, was sich für die Band so überraschend leicht wie noch nie anfühlte.
Fazit: es kann ja für die Fans lieb gemeint sein, aber trotzdem reicht das intellektuelle Gehabe oder das Verwenden der Muttersprache von Mando Diao nicht aus, um „Infruset“ mehrmals abspielen zu wollen. Bedenken zu den musikalischen Irrungen und Wirrungen häuften sich bereits beim dancigen Projekt Caligola und nun geht es sogar noch haarsträubender zur Sache. Das Album ist nichts für schwache Nerven, sondern vielmehr etwas für Hardcore-Fans mit offenen Wünschen. Denn was die Herren da auf Albumlänge anbieten, ist Musikantenstadl in veredelt. Das ist Pop kurz vor dem Übersättigungstod. Oder eben Mando Diao im Jahr 2012, die dem kommerziellen Erfolg den Mittelfinger entgegenstrecken wollen. Für dieses grenzenlose Selbstbewusstsein und ihren großen Mut verdienen sie letzten Endes irgendwie auch wieder eine Menge Respekt. Und ein Augenzwinkern.

VÖ: 02. November 2012

Gehört von: Hella Wittenberg