Das Folk-Duo First Aid Kit ist mit seinem neuem Album bereit für die Festivalsaison. Voll von Liebes- und Lebenskummer, jedoch nicht ohne hoffnungsvolle Aussichten und guten Absichten bringen die schwedischen Schwestern Johanna und Klara Söderström uns auch auf ihrem dritten Album zum Träumen. Sehnsucht und Melancholie ziehen sich kraftvoll durch die harmonisch einheitlichen Stimmen und erinnern an eine vergangene amerikanische Folkwelt.
2008 ging die Reise der beiden damaligen Teenager los, als ihr Fleet Foxes Cover „Tiger Mountain Peasant Song“ auf Youtube landete und die Aufmerksamkeit der Fleet Foxes persönlich weckte. Das brachte den Stein ins Rollen und ebnete den Weg der Schwestern für Zusammenarbeiten mit Conor Oberst, Bright Eyes und Jack White. Die beiden Schwedinnen schaffen es, sämtliche Folk- und Country-Werte und Gegensätze in ihren Liedern unterzubringen: die Sehnsucht nach Freiheit und Weite, Unbeständigkeit und Beständigkeit, der Protest gegen all die Ungerechtigkeiten in dieser Welt. Fließende Gitarrenklänge und harmonische Geigen vermitteln diesen vintage Countrysound auch auf dem mitterweile dritten Album.
Mit einem unter der Regie von Neil Krug geführten Trailer wurde die Neugier auf das neue Album, das diesmal bei Columbia Records erscheint, geweckt. Als engelhafte Hippies mit Cowboyhüten geistern die beiden durch amerikanische Landschaften, der Mittelpunkt ist eine endlos scheinende Straße. Die On-The-Road-Referenzen nehmen in „Stay Gold“ seinen Lauf, denn entschlossen startet der Roadtrip mit dem schon am 31.März erschienenen „My Silver Lining“. Wie der Name sagt, es gibt immer einen Lichtblick, damit man nicht vom Weg abkommt: „Something good comes with the bad, the songs weren’t just sad, there’s hope“ singen sie selbst in dem ersten Lied.
Die Schwestern sind mittlerweile Anfang Zwanzig und besingen ihre Zukunftsängste, Zweifel und Wünsche wie zum Beispiel in „Waitress Song“, in dem sie lieber vor Problemen weglaufen und unterm Sternenhimmel schlafen wollen. Gedanken über gescheiterte Beziehungen häufen sich: „I am in love and I am lost but I’d rather be broken than empty, I’d rather be shattered than hollow“. Klingt zwar eher simpel, aber in „Shattered & Hollow“ wird über das verlorene Gefühl von Gemeinsamkeit mit so viel Herzblut gesungen, dass die Gefahr besteht, dass beim Hörer eigene gescheiterte Liebesgeschichten und die damit verbundenen Gefühle hochkommen und kein Auge trocken bleibt. So eine Beziehungsendzeitstimmung wird auch in „The Bell“ verbreitet.
„Heaven Knows“ unterbricht dann aber die vorangegangene Melancholie und beschleunigt den Rhythmus kurz vorm Abschluss des Albums. Lügner werden energisch in die Hölle geschickt, aber anstatt damit das Album so intensiv zu beenden wie es angefangen hat, kommt mit „A Long Time Ago“ noch ein weiteres Herzschmerzlied über verlorene Liebe mit Bob Dylan Referenzen rein. „I was a rolling stone, rolling my way along, until you came and made sense out of everything.“ Trotzdem ging die Liebesgeschichte nicht gut aus, das Album aber schon.
„Stay Gold“ hat die von First Aid Kit gewohnten melancholischen Melodien, aber mit dem Alter der beiden ist auch die Musik reifer geworden. Verwurzelt im Folkpop machen die zehn neuen Lieder Lust auf Live-Musik à la Woodstock-Festival.
VÖ: 06.06.2014
Gehört von: Christina Heckmann