Gehört: Eels „Tomorrow Morning“

„Why won’t you have a greatest day?“

tomorrow-morningMark Oliver Everett, der Kopf hinter den Eels, hat sehr lange ein Geheimnis daraus gemacht, dass er eine Triologie plant. Weder bei der Veröffentlichung von „Hombre Lobo“ (2009), noch bei „End Times“ (2010, lies mehr hier) Anfang des Jahres hat Everett diesen Plan verlauten lassen. Ich erinnere mich, dass es beim letzten Album „End Times“ hieß, dass er die lange Wartezeit zwischen „Blinking Lights And Other Revelations“ (2005) und „Hombre Lobo“ wiedergutmachen wollte.

Der erste Teil dieser Triologie „Hombre Lobo“ ist, wie Everett es nennt, „das Davor. Der Hunger, der alles startet“. Der zweite Teil, „End Times“ ist demnach „das danach und wie man den Nachwirkungen umgeht“. „Tomorrow Morning“ ist „die Wiedergutmachung. Es soll den neuen Anfang zeigen und eine neue Chance. Das Aufblühen aller neuen Möglichkeiten.“ Das Cover dieses Albums unterstreicht Everetts Aussage. Es zeigt einen Baum in voller Blüte, wie er im Frühling zu finden ist, nachdem im Winter alles abgestorben ist.

In seinem Buch „Things The Grandchildren Should Know“ schreibt Everett, dass es ihm nicht wichtig ist, was die Menschen für einen Sound von ihm erwarten. Das heißt, nur weil des eine Album sehr rockig war, ist es das nächste nicht zwingend auch. Das ist etwas, das man sofort bemerkt, wenn man sich alle drei Album hintereinander anhört. Während es sich bei „Hombre Lobo“ um ein sehr rockiges Album handelt, ist „End Times“ eher reduziert und akustisch. Vor einigen Wochen gab es einen Vorboten zu „Tomorrow Morning“, der schon gezeigt hat, dass dieses Album wohl ein wenig anders sein wird als alle anderen. Es gab „Looking Up“ als gratis Download auf der Seite der Eels. Als ich den Song das erste Mal gehört habe, wollte ich laut ausrufen: „Der Prediger ist endlich da! Praise the lord!“. Dieser Song ist ein Gospel. Man möchte aufstehen, klatschen, mit einem Fächer wedeln, tanzen, dazu ausrufen „I am looking up!“ und den Prediger Everett preisen. Meine Vorstellung ist geprägt von dem Klischee einer Kirche im Süden der USA.

Das Album ist voll von positiven Gefühlen, der Sound ist warm. Es wird mit einem Orchester zusammen gearbeitet, Keyboards und Drumcomputer werden benutzt. Es ist ein elektronisch angehauchtes Album, ohne den typischen Eels Sound zu verlieren. Es gibt viel zu entdecken. Zuweilen könnte man auch denken, man hat sich in ein altes Computerspiel verirrt – das elektronische Gepiepse  erinnert einfach daran.

In „I Am A Hummingbird“ sagt Everett, dass der ganze Mist durch den er durch musste es Wert war durchzustehen, weil er jetzt da steht wo er ist – in Begleitung eines Orchesters, und man glaubt es ihm. Er scheint jetzt seinen Frieden gefunden zu haben. Beim folgenden Song „In The Morning“ fragt er am Ende „Why won’t you have a greatest day?“ Ja, warum eigentlich nicht? Jeder morgen ist ein neuer Anfang und es liegt an einem selber, was man daraus macht. Die Melodie des Songs weckt einen langsam auf, leise elektronisch und wie die Vögel, die morgens anfangen zu zwitschern, kommt das schon erwähnte Computerpiepsen. Und überhaupt, es ist ja eigentlich egal, was andere über mich denken und sagen, solange mein „Baby Loves Me“. Zumindest scheint es für Everett sehr wichtig zu sein.

„What I Have To Offer“ ist einer der schönsten Songs, die ich in letzter Zeit gehört habe. Neben einer Aufzählung seiner Vorzüge, eels_neuhebt Everett eines besonders hervor: „But you know I am all so full of love for you“ und dass es sich lohnt, sein Herz zu gewinnen, auch wenn das nicht ganz so einfach ist. Der Song wirkt wie eine Liebeserklärung, in der man nichts verschönert. Das bin ich, bitte nimm mich so, bitte probiere es. Das folgende Stück „This Is Where It Get Good“ ist ein amüsantes Stück, nicht im Sinne von lustig, sondern es ist überwiegend instrumental und faszinierend in seinem Sound. Es ist ein Zusammenspiel aus Orchester, sehr vordergründigem Bass, Schlagzeug, vermutlich einem Drumcomputer und etwas, das sich wie ein Theremin anhört. Wenn man die älteren Alben kennt, so ist der Sound doch eher unerwartet. Mit „After The Earthquake“ kommt dann wieder Ruhe ein – komplett instrumental scheint es dazu gemacht zu sein, die Sinne nach „This Is Where It Gets Good“ wieder zu beruhigen.

Der Titel „I Am The Man“ sagt schon worum es hier geht, mehr muss man da auch nicht hinzufügen. Neben „What I Have To Offer“ ist „That’s Not Her Way“ eines meiner Lieblingsstücke auf diesem Album. Es hat eine sanft, fast schon liebevolle Melodie. Everett scheint sie in Schutz nehmen zu wollen – diese Person, die immer ruhig ist, sich selten aufregt und kaum einen Hehl aus dem macht, was sie tut, bowohl er selbst auch erst einmal Zeit brauchte umd das zu verstehen. „People, that’s not her way“ ruft er aus um sie damit zu beschützen. Andere müssen auch verstehen, dass nicht alle Menschen laut sind und immer das sagen, was sie bedrückt.

„Tomorrow Morning“ ist ein wunderbares Album voll von wirklich faszinierenden Melodien und Texten, die einen an das Schöne im Leben erinnern. Und auch wenn es manchmal noch so schlecht läuft und das Herz gebrochen ist, es wird irgendwann unmerklich leichter und dann eines Tages ist alles wieder heil. „Oh So Lonely“ scheint das Album und sein Thema noch einmal komplett zusammen zu fassen.

Ich freue mich schon sehr auf die Konzerte im September und frage mich schon jetzt, wie Everett diese drei Alben in einer Show zusammenfassen wird. Die deutschen Tourdaten sind:

7. Sept., Hamburg, Grosse Freiheit

10. Sept., Berlin, Astra

11. Sept., München, Theaterfabrik

Ein Video gibt es auch schon: „Spectacular Girl“. Irgendwie bin ich froh, dass ich keinen der beiden Jobs des Spectacular Girls habe, oder was meint ihr?

https://www.eelstheband.com

Gehört von: Dörte Heilewelt