Vor gut drei Jahren waren Delphic das nächste große Ding: den Plattendeal in der Tasche nach dem ersten Live-Gig versprachen sich Fans und Kritiker einiges von ihnen; sie waren buchstäblich in aller Munde. Jools Holland hatte die Indie-Dancer mit ihren Tanzflurfüllern „Doubt“ und „Halcyon“ in seiner Show, in 90210 wurde zu „Red Lights“ geknutscht und in London bei den Olympischen Spielen zu „Good Life“ um die Wette geturnt. Alle Zeichen standen also auf Sturm – nicht nur in der britischen Musikszene – für die vier Jungs im einheitlichen Streberlook aus Manchester. Dass sich dieser letztendlich bereits ein Jahr darauf wieder legte, lag nicht am abebbenden Interesse an der Band, sondern viel mehr an Rick’s, Matt’s, James‘ und Dan’s eigenem Unmut, den Weg nach oben weiterzugehen. „Wir sind zwei Jahre lang getourt, wir waren einfach erschöpft“, gibt Sänger Rick Boardman zu. So ist es auch nur logisch, dass unter den Umständen nicht gerade übermäßig viele neue Songs zustande kamen. Die Band legte einen längeren Urlaub – vor allem voneinander – ein und fand die Lust am gemeinsamen Musizieren erst mit einem Anruf von Rick wieder. Dieser hatte seine Schreibblockade überwunden und „Good Life“, Delphics Comeback-Song, wenn man so will, verfasst. Ein viertel Jahr später lässt die Band verlauten, dass mit „Collections“ ihr zweites Album Anfang 2013 erscheinen wird.
Und das ist so ganz anders als das Debüt „Acolyte“. Die erste Single-Auskopplung „Baiya“ fasst dabei ganz gut zusammen, was „Collections“ auszeichnet: opulente Produktion optimistischer Melodien in einer völlig undurchsichtigen Zusammenstellung zahlreicher Genres. Der Opener „Of The Young“ erinnert sofort an Muse‘ Stadionhymnen, „Changes“ an die guten alten Zeiten des Drum’N’Bass, „Atlas“ an den R’n’B der 90er und „Don’t Let The Dreamers Take You Away“ klingt irgendwie nach Destiny’s Child im Clock Opera Remix. Was dabei besonders auffällt ist der enorme HipHop-Einfluss auf der Platte, was wohl auch auf die beiden Produzenten Tim Goldsworthy und Ben Allen zurückzuführen ist. Zweiterer zeichnete sich unter anderem durch die Zusammenarbeit mit sowohl HipHop-Größen wie The Notorious BIG und Cee-Lo Green als auch mit Indie-Bands wie Animal Collective und Matt & Kimaus. Und das hört man besonders im letzten Song „Exotic“, in der Boardman Zeilen wie aus The Game’s „Hate It Or Love It“ über ein verdächtig nach Busta Rhymes‘ „Break Ya Neck“ klingendes Sample rappt. Delphic selbst beschreiben ihre Platte als einen Aufruf zum Hören fernab vom üblichen Schubladendenken: „Sie ist wie der Shufflemodus auf deinem mp3-Player; die Leute wollen Songs verschiedener Genres in ihren Playlists haben.“ Und wie divers ein einziges Album mit nur zehn Songs klingen kann, haben sie mit „Collections“ eindrucksvoll bewiesen.
Gehört von: Julia Köhn
VÖ: 01.02.2013